Termiten-Symbiose im Wandel

Genetische Untersuchungen zeigen, wie sich die Stoffwechselleistungen symbiotischer Bakterien im Darm von Termiten im Laufe der Evolution verändern

Forscherinnen und Forscher des Max-Planck-Instituts für terrestrische Mikrobiologie in Marburg haben die Stoffwechsel-Fähigkeiten von Bakterien untersucht, die als Symbionten im Darm von Termiten leben, und wie sie sich im Laufe der Evolution entwickelten. Ihre Ergebnisse deuten darauf hin, dass einige Bakterienstämme den Weg vom Nützling zum Parasiten eingeschlagen haben.

Nicht nur beim Menschen oder bei wiederkäuenden Rindern leben unzählige Mikroben im Darm. Der Darm vieler Termitenarten, die sich von der Zersetzung schwer verdaulicher Holzbestandteile ernähren, ist vollgepackt mit zahlreichen einzelligen Helfern, sogenannten Geißeltieren. Diese wiederum werden von Bakterien besiedelt. Die bakteriellen Endosymbionten leben in oder auf den eukaryotischen Geißeltierchen und versorgen diese im Termitendarm mit Nährstoffen.

Ein Team um den Marburger Max-Planck-Wissenschaftler Andreas Brune möchte die Details des Zusammenlebens und vor allem die global wichtigen Stoffwechselleistungen der Bakterien genauer verstehen. Denn der Beitrag der Termitenmikroben zum globalen Methanhaushalt ist nicht unerheblich. Auch die Fähigkeit der mikrobiellen Symbionten, Holzbestandteile in potenziell wertvolle Bausteine umzuwandeln, hat schon vor Jahren das Interesse der Forschung geweckt.

Endomicrobia - Bakterien: ein Glücksfall für evolutionäre Studien

In ihrer jüngsten Studie untersuchte das Team, wie die Partnerschaft zwischen Flagellaten und Bakterien entstanden ist und wie die Stoffwechselleistungen der Bakterien mit dieser evolutionären Entwicklung zusammenhängen. Dieser Ansatz ist normalerweise dadurch eingeschränkt, dass es keine nahen Verwandten mehr gibt, die unabhängig außerhalb der Wirtszellen leben.  In diesem Fall hatten die Forscher Glück: In einer Bakteriengruppe namens Endomicrobia gibt es sowohl freilebende Formen als auch Endosymbionten der Geißeltierchen.

Die Forschenden analysierten die genetische Information von Bakterienstämmen, die mit verschiedenen Termiten assoziiert sind, mit Hilfe der Metagenom-Sequenzierung. „Als wir uns die Ergebnisse ansahen, stellten wir fest, dass die Endomikrobia-Bakterien, die die Flagellaten bewohnen, im Laufe der Zeit viele Gene verloren hatten“, erklärt Undine Mies, Doktorandin der Gruppe. Dieser Verlust wurde jedoch durch den Erwerb neuer Funktionen ausgeglichen, und zwar durch den Transfer von Genen anderer Darmbakterien.

Neue Stoffwechselfähigkeiten durch horizontalen Gentransfer

„Indem sie Gene von anderen Bakterien in ihrer Umgebung erhielten, konnten die Bakterien ihren Stoffwechsel auf die Nutzung anderer Energielieferanten wie Zuckerphosphate umstellen“, sagt Undine Mies. „Dieses Ergebnis unterstreicht, wie wichtig dieser horizontale Gentransfer für die Koevolution von Organismen ist.“ Die Daten zeigen auch, wie es im Laufe dieser Evolution zu einer Verschiebung des Energiestoffwechsels von Glukose zu Zuckerphosphaten und schließlich zu einem vollständigen Verlust der Fähigkeit zum Zuckerabbau kam.

Stattdessen erhielten manche der Bakterien einen Transportmechanismus zur Aufnahme energiereicher Verbindungen (ATP/ADP-Antiporter) aus ihrer Umgebung, wie er für parasitäre Bakterien typisch ist. „Der Verlust fast aller biosynthetischen Fähigkeiten in einigen Endomicrobiellum-Linien und der Erwerb des Transporters deuten darauf hin, dass die ursprünglich für beide Seiten vorteilhafte Beziehung zwischen den Bakterien und den im Darm lebenden Flagellaten im Niedergang begriffen sein könnte“, erklärt Andreas Brune. „In einem nächsten Schritt wollen wir nun untersuchen, in welchem Ausmaß die ursprünglichen Aufgaben der Endomikrobia-Symbionten durch andere, sekundäre Symbionten ersetzt werden. Das würde uns helfen zu verstehen, wie die Natur bei der Entwicklung von Symbiosen evolutionäre Sackgassen vermeidet.“

 

Weitere interessante Beiträge

Zur Redakteursansicht