Forschungsbericht 2014 - Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts
Interaktion von maßgeschneidertem Licht mit einzelnen Atomen und Nanostrukturen
Einleitung
Einzelne Atome, Ionen und Moleküle bilden die Grundbausteine unserer Welt und des gesamten Universums. Die aus diesen Bausteinen geformten Materialien nehmen wir unter anderem durch deren Interaktion mit Licht wahr. Auch komplexere Gebilde, wie z. B. Nanostrukturen, sind durch ihre jeweilige spezifische Wechselwirkung mit dem Lichtfeld charakterisierbar und auch manipulierbar. Letzteres ist die Grundlage für eine Vielzahl von potenziellen Anwendungen, z. B. in der Biophysik oder der Quanteninformationsverarbeitung. Des Weiteren können einzelne Nanostrukturen wiederum Grundbausteine sogenannter Metamaterialien darstellen.
Die Effizienz der Wechselwirkung des Lichts mit einzelnen Atomen oder Nanostrukturen skaliert mit der Anpassung des Lichtfelds an das jeweilige Objekt. Diese Maßschneiderung geht weit über die Auswahl der richtigen Wellenlänge des Lichts hinaus. So ist für alle hier behandelten Beispiele die präzise Formung der zeitlichen und räumlichen Verteilung der Intensität des Lichts und des Polarisationsvektors, also der Schwingungsrichtung des elektrischen Felds, maßgeblich [1, 2]. Diese Modenanpassung führt dazu, dass das auf das Zielobjekt fokussierte Lichtfeld auf Dimensionen kleiner der Wellenlänge des Lichts konzentriert wird.
Als Beispiel für die Verwendung maßgeschneiderter Lichtfelder sei die Erzeugung longitudinaler elektrischer Felder genannt, die effizient an einen entsprechend orientierten linearen elektrischen Dipol koppeln, der z. B. durch ein einzelnes Atom oder eine geeignete Nanostruktur realisiert sein kann. Dazu wird die von einem derartigen Dipol emittierte Feldmode betrachtet und ihre Transformation durch die im Experiment verwendete Fokussierungsoptik berechnet. Für das hier vorgestellte Beispiel ergibt sich eine Mode mit ringförmiger Intensitätsverteilung und radial ausgerichtetem Polarisationsvektor (Abb. 1).
Erzeugung einer Dipolmode zur Kopplung an ein Atom
Fokussiert man eine radial polarisierte Ringmode mit einem Parabolspiegel, der weit tiefer als seine Brennweite ist, kann man eine nahezu perfekte Dipolwelle erzeugen, die aus nahezu dem vollen Raumwinkel auf den Fokus des Spiegels zuläuft. Diese Konfiguration maximiert die Effizienz der Wechselwirkung des Lichtfelds mit einem Atom im freien Raum, das im Brennpunkt des Spiegels lokalisiert ist [1]. Im Experiment konnte eine maßgeschneiderte, radial polarisierte Mode generiert werden, die zu 98% der idealen Feldverteilung entspricht [3] (siehe Abb. 2(a)).
Einzelne Ionen in einem Parabolspiegel
Ein wesentlicher Teil der Aufgabenstellung, eine Lichtmode mit höchster Effizienz an ein einzelnes Atom zu koppeln, ist es, das Atom kontrolliert im Intensitätsmaximum der fokussierten Mode zu platzieren. Dies wird im vorliegenden Fall dadurch realisiert, dass als Atom ein einfach geladenes Ytterbium-Ion verwendet wird. Ionen lassen sich durch eine geeignete Elektrodenanordnung, an die eine Wechselspannung angelegt wird, über lange Zeiten fangen und präzise platzieren. Dazu wurde eine Ionenfalle entwickelt, die speziell an die Parabolspiegel-Geometrie angepasst ist und möglichst wenig des fokussierten Lichts verdeckt [5].
Ein wie eingangs beschriebener tiefer Parabolspiegel eignet sich nicht nur besonders zum Fokussieren von Licht auf ein Atom. Wie Symmetrieargumente nahelegen, kann mit einem solchen Spiegel auch effizient das vom Atom abgestrahlte Licht eingesammelt werden. Dies ist für das Ytterbium-Ion mit einer Ausbeute von 54% der emittierten Lichtteilchen demonstriert worden [5]. Man kann sozusagen von einem Scheinwerfer reden, dessen Glühwendel durch ein einzelnes Ion gegeben ist.
Effiziente Kopplung einzelner Ionen an das Lichtfeld
Um die Kopplung des Ions an das elektromagnetische Feld zu charakterisieren, sind sogenannte Sättigungsmessungen besonders geeignet. Dies sind Messungen, bei denen unter Variation der Leistung des auf das Atom fokussierten Lichts der Grad der Anregung des Atoms bestimmt wird. Aus einem Vergleich mit der Leistung, die unter Idealbedingungen für 100% Kopplungseffizienz benötigt würde, lässt sich direkt die Güte der Kopplung bestimmen [4]. Die mit dem Parabolspiegel-Aufbau erzielten Effizienzen gehören zu den höchsten, die bislang für einzelne Quantenobjekte im freien Raum demonstriert wurden (Abb. 2(b)).
Maßgeschneidertes Licht als Werkzeug zur Untersuchung einzelner Nanostrukturen
Wie oben bereits erwähnt, ist auch bei der Interaktion von sub-Wellenlängen Strukturen mit Licht die räumliche Verteilung der Intensität, Polarisation und Phase des elektromagnetischen Feldes von äußerster Relevanz. Diese Tatsache kann man sich geschickt zu Nutze machen, indem man das Licht, welches zur Untersuchung der optischen Eigenschaften einzelner Nanostrukturen verwendet werden soll, in der räumlichen Verteilung seiner Parameter maßschneidert. Durch Fokussierung entsteht so z. B. eine dreidimensionale elektrische Feldverteilung in der Größenordnung der Wellenlänge (Abb. 1). Die zu untersuchende, sub-Wellenlängen dimensionierte Nanostruktur (Abb. 3 (a)) besitzt somit einen großen Überlapp mit dem einfallenden Lichtfeld, ist dabei aber immer noch deutlich kleiner als der Brennfleck (Abb. 1). Die Interaktion der Nanostruktur mit der fokalen Feldverteilung hängt nun also stark davon ab, wo die Nanostruktur relativ zur optischen Achse in der Fokusebene positioniert wird. Auf diese Weise lassen sich Resonanzen selektiv anregen und zahlreiche Kopplungsszenarien ermöglichen, zwischen denen durch ein einfaches Verschieben der Probe in der Fokusebene gewechselt werden kann. Bei genauer Kenntnis der Fokusfeldverteilung können so durch Messung des Streulichts die optischen Eigenschaften der Nanostruktur untersucht und genau bestimmt werden.
Diese Methodik wurde bereits sehr erfolgreich zur Untersuchung zahlreicher Nanostrukturen und nanoskopisch dimensionierter Objekte angewandt (Abb. 3(a)) [6, 7]. Nanostrukturen, die auf diese Art untersucht und charakterisiert wurden, können ihrerseits als Bausteine für neuartige Materialien, sogenannte Metamaterialien, mit außergewöhnlichen Eigenschaften fungieren, wenn diese in zwei- oder dreidimensionalen Feldern angeordnet werden, wobei der Abstand nächster Nachbarn ebenfalls kleiner als die Lichtwellenlänge ist. Das Material erscheint homogen, wie auch natürlich vorkommende Materialien. Mithilfe solcher außergewöhnlicher, künstlicher Materialien lässt sich z. B. Licht um Objekte herumlenken und Reflexionen unterdrücken, wie bei einer Tarnkappe, die Transmission durch ultradünne Schichten stark reduzieren [8] oder weitere interessante Anwendungen realisieren.
Experimentelle Feldvermessung stark fokussierten Lichts
Eine weitere Anwendung der Interaktion von maßgeschneidertem Licht mit einzelnen Nanostrukturen ist z. B. auch die hochgenaue Vermessung der Verteilung des Lichts selbst und dessen Eigenschaften mit räumlichen Auflösungen weit unterhalb der optischen Wellenlänge. Hierzu ist eine detailliert charakterisierte Nanostruktur erforderlich, die in diesem Schema als Sonde fungiert, welche zeilenweise durch die zu untersuchende Feldverteilung geschoben wird (Abb. 3(b)). In Kombination mit einer ausgeklügelten Mess- und Auswertemethodik erlaubt dies die Vermessung von z. B. kleinsten Brennflecken. Auf diese Weise kann sogar die Verteilung des gesamten dreidimensionalen elektrischen Feldes inklusive der Stärke (Amplitude) bzw. der relativen Phasenbeziehung der einzelnen Feldkomponenten rekonstruiert werden [9]. Um Phaseninformationen zu erhalten, wird wie in einem Interferometer die Interferenz des gestreuten Lichts mit einem Referenzstrahl, der hier durch das eingestrahlte Licht selbst dargestellt wird, ausgenutzt. Kleinste räumliche Variationen des Feldes können so sichtbar gemacht werden. Die Methodik kann z. B. zur Untersuchung der Qualität optischer Fokussiersysteme wie Mikroskopobjektive und deren Aberrationen verwendet werden.
Polarisationsgesteuerte, gerichtete Streuung und Wellenleiterkopplung
Durch die gezielte Manipulation der räumlichen Freiheitsgrade des Lichts eröffnet sich auch die Möglichkeit, die Streuung an einem Nanopartikel zu steuern. Je nach lokalem Feld, mit dem das Teilchen interagiert, kann so z. B. die Richtung und Gerichtetheit der Streuung in einem geeigneten System gesteuert werden. Der Streukörper muss hierzu lediglich auf einem Substrat oder Wellenleiter platziert werden, dessen Grenzfläche die Symmetrie des Systems in Vorwärtsrichtung bricht. Für eine geeignete anregende Feldverteilung, z. B. für stark fokussiertes, radial polarisiertes Licht jenseits der optischen Achse, kann so ein zeitlich rotierender Dipol im Teilchen induziert werden (Abb. 4(a)) [10]. Die Rotationsachse des induzierten Dipols ist hierbei parallel zur Substratoberfläche ausgerichtet, während deren Orientierung von der Teilchenposition im Strahl abhängt. Ein solcher Nanoleuchtturm erlaubt es z. B., Licht gezielt und kontrollierbar in bestimmte Richtungen in optische Wellenleiter oder komplexe Wellenleitersysteme einzukoppeln (Abb. 4(b)). Dies ermöglicht beispielsweise die hochgenaue Steuerung der Lichtpropagation in optischen Netzwerken.