NOEMA blickt in einen fernen Kreißsaal der Sterne
Das neue Millimeter-Radioteleskop liefert erste Aufnahme

NOEMA gehört zu einer neuen Generation von Radioteleskopen und ist schon jetzt – vier Jahre vor seiner endgültigen Fertigstellung – das leistungsfähigste und empfindlichste Radioteleskop im Millimeterbereich der nördlichen Hemisphäre. Aktuell besteht NOEMA aus sieben 15-Meter Antennen, von denen jede mit einem hoch empfindlichen Empfängersystem ausgestattet ist.
In den nächsten vier Jahren wird NOEMA seine Beobachtungskapazitäten hinsichtlich Detailauflösung und Empfindlichkeit vervielfachen. Mit insgesamt zwölf Antennen wird NOEMA dann den Forschern einen außergewöhnlich detaillierten Blick ins Weltall ermöglichen.
Auf dem ersten Bild entdeckten die Wissenschaftler eine unbekannte Region massiver Sternentstehung, die sich innerhalb eines Medusa Merger genannten kollidierenden Galaxienpaars befindet. Tatsächlich haben die Beobachtungen eine über 500 Lichtjahre ausgedehnte riesige Region an den Tag gebracht, die dicht besiedelt ist mit jungen, gerade erst geborenen Sternen. Eingehüllt von den kosmischen Gas- und Staubwolken, in deren Innern sie entstanden, bleiben diese Sterne für optische Teleskope unsichtbar.
Mehr noch: Keine der bisherigen Beobachtungen bei anderen Wellenlängen konnte erhellen, was hinter den undurchdringlichen Wolkenschleier des Medusa Mergers tatsächlich vor sich geht. Trotz vieler Bemühungen blieb diese spektakuläre Region mit Namen „Auge der Medusa“ im Dunklen. Dank der NOEMA-Antennen, welche die Moleküle Blausäure (HCN) und Formylkation (HCO+) aufzuspüren vermögen, warfen die Astronomen einen ersten Blick auf die versteckte Region des „Auges der Medusa“.

Antennen fürs All: Das NOEMA-Observatorium auf dem 2550 Meter hohen Plateau de Bure in den französischen Alpen mit seinen aktuell sieben 15-Meter Antennen.
„Ich kann unser Erstaunen gar nicht beschreiben, als wir sahen, wie sich dieser Bereich auf einmal erhellte und plötzlich im Licht von Tausenden von Sternen erstrahlte“, sagt Projektleiterin Sabine König. „Es stellte sich sogar heraus“, ergänzt die IRAM-Forscherin, „dass dies die aktivste Region der Sternenentstehung in dem gesamten Gebilde ist, welches durch die Interaktion der beiden Galaxien entstanden ist – quasi eine gigantische stellare Babystube!“
Die wissenschaftliche Analyse der Wechselwirkungen zwischen Galaxien und ihre konkreten Auswirkungen auf die Sternentstehung ist essenziell für das Verständnis der Entwicklung von Galaxien und des gesamten Universums.
Roberto Neri, wissenschaftlicher Leiter des NOEMA-Observatoriums, zeigt sich sehr zufrieden: „Diese Beobachtungen beweisen, dass wir die Kapazitäten unseres neuen Instruments voll ausschöpfen können.“ Die große Leistungsfähigkeit von NOEMA werde in den nächsten Jahren einen zentralen Beitrag dazu leisten, Prozesse der Sternenentstehung selbst in weit entfernten Regionen des Alls zu erforschen.
HOR / ZA
Informationen zum Projekt
Das Institut für Radioastronomie im Millimeterwellenlängenbereich (IRAM) wurde im Jahr 1979 von der Max-Planck-Gesellschaft und dem französischen Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS) gegründet und 1990 durch das spanische Instituto Geografico Nacional (IGN) erweitert. Das Institut mit Sitz in Grenoble betreibt zwei Observatorien: Das 30-Meter-Teleskop auf dem Pico Veleta nahe Granada in Spanien und das NOEMA-Interferometer auf dem Plateau de Bure in den französischen Hochalpen.
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NOEMA (Northern Extended Millimeter Array) ist das derzeit größte bodengestützte astronomische Projekt in Europa mit einem Gesamtbudget von 48 Millionen Euro. Finanziert wird es von den IRAM-Partnerorganisationen: Max-Planck-Gesellschaft in Deutschland, Centre National de la Recherche Scientifique in Frankreich und Instituto Geographico Nacional in Spanien. Der Bau des Observatoriums hat im Jahr 2013 begonnen, die Fertigstellung von NOEMA mit dann zwölf Antennen ist für 2019 vorgesehen.
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Die Radioastronomie der Millimeterwellen spielt eine zentrale Rolle in der Astrophysik. Während optische Teleskope überwiegend auf die Beobachtung von heißen Himmelskörpern wie Sternen ausgerichtet sind, ermöglichen Radioteleskope die Erforschung des kalten Universums bei Temperaturen von nur einigen Grad über dem absoluten Nullpunkt (- 273,15 Grad Celsius).
Dabei spüren die Wissenschaftler Objekte auf, die sich – weil von kosmischem Staub und interstellaren Wolken umgeben – mit optischen Instrumenten nicht beobachten lassen. Gleichzeitig erlaubt die Radioastronomie die Analyse von interstellaren Molekülen und kosmischem Staub – Schlüsselelemente für die Entstehung von Sternen und Galaxien und damit für die Entwicklung des Universums.