Ist „Häh“ ein universelles Wort?
Max-Planck-Sprachwissenschaftler aus Nijmegen erhalten in diesem Jahr den Ig-Nobelpreis für Literatur
Er ehrt wissenschaftliche Leistungen, die „Menschen zuerst zum Lachen, dann zum Nachdenken bringen“. Vergeben wird der satirische Preis von der US-Zeitschrift Annals of Improbable Research, die die Auszeichnung jedes Jahr – zwei Wochen vor der Bekanntgabe der Nobelpreise - im Sanders Theater der Harvard University überreicht.
Es ist eine Erkenntnis, die uns erst schmunzeln lässt, aber dennoch viel über Sprache verrät: Kleine Wörtchen wie „Häh?“ oder „Ha?“, mit denen wir signalisieren, dass wir ein Gegenüber nicht verstanden haben, sind der Kitt der zwischenmenschlichen Kommunikation. Rund um den Globus kommt es in verschiedenen Sprachen in ähnlicher Form und Funktion vor. „Das Überraschende dabei ist, dass dies erst jetzt entdeckt wurde“, sagt Mark Dingemanse, einer der Autoren der Studie. Denn universelle Prinzipien der Sprache sind ein zentrales Thema in der Linguistik.
Die Veröffentlichung „Is ‘Huh?’ a universal word?“, die im November 2013 im Open-Access-Journal “PLOS ONE” erschien, zählt zu den meistgelesenen wissenschaftlichen Arbeiten innerhalb der Fachpublikation. Die Ergebnisse waren eigentlich nur ein Nebenprodukt innerhalb eines größeren Forschungsprojektes, in dem die Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Psycholinguistik untersuchen, wie Menschen im Gespräch mit anderen Kommunikationsprobleme ‚reparieren‘. Erst kürzlich publizierten Mark Dingemanse, Francisco Torreira und Nick Enfield weitere, grundlegende Erkenntnisse (siehe: „Alle 90 Sekunden eine Klarstellung“).
Da keiner der Wissenschaftler nach Harvard reisen konnte, um am 17. September den Preis entgegen zu nehmen und eine 60-sekündige-Dankesrede zu halten, haben sie ein Video geschickt. „Das Ig-Nobel-Team hat uns schon bestätigt, dass es sich dabei um die kürzeste Danksagung handelt, die sie je hatten“, berichtet Dingemanse. „Jetzt dürfen Sie raten, was wir gesagt haben!"
Wissenschaft mit Augenzwinkern
In den angelsächsischen Ländern, in denen Selbstironie zum gepflegten Umgangston gehört, genießt die satirische Auszeichnung Kultstatus. Zumal viele junge Preisträger Karriere in der Wissenschaft machten. Ihr prominentester Vertreter ist der Physik-Nobelpreisträger von 2010, Andre Geim, der im Jahr 2000 zusammen mit Michael Berry den Ig-Nobelpreis erhielt.
Den Physik-Ig-Nobelpreis erhielten in diesem Jahr die US-Forscherin Patricia Yang und ihre Kollegen für ihre Studie, ob und wie die Körpergröße bei Säugetieren die Dauer des Urinierens beeinflusst. Ihr Ergebnis: Egal ob Elefant oder Chiwawa, alle benötigen ungefähr 21 Sekunden plus minus 13 Sekunden. Der Biologie-Ig-Nobelpreis geht an Bruno Grossi aus Chile und seine Kollegen für einen eher ungewöhnlichen Tierversuch: Sie stellten fest, dass Hühner, denen man vom Schlüpfen einen beschwerten Stab an den Schwanz gebunden hat, ähnlich wie Dinosaurier laufen.
Der Mathematik-Preis ging an die deutschen Forscher Elisabeth Oberzaucher und Karl Grammer. Sie hatten überprüft, ob der Ende des 17. Jahrhunderts regierende Herrscher von Marokko, Moulay Ismael Ibn Sharif, tatsächlich 1171 Kinder und darunter 600 Söhne gezeugt haben kann, wie es die Legende besagt. Ihr Ergebnis: Ja, es kann funktioniert haben. Der Herrscher müsste dafür im Schnitt eineinhalb Mal pro Tag Sex mit einer von mindestens 65 Haremsdamen gehabt haben.
Vor drei Jahren wurden bereits Tulio Guadalupe vom Max-Planck-Institut für Psycholinguistik in Nijmegen zusammen mit Anita Eerland und Rolf Zwaan vom der Erasmus University Rotterdam ebenfalls mit dem Ig-Nobelpreis ausgezeichnet. Sie wiesen nach, dass der Eiffelturm kleiner wirkt, wenn man sich nach links lehnt.
BA