Arbeitsgedächtnis von Schimpansen ähnelt unserem

Anders als Menschen verwendeten die Schimpansen keine Suchstrategie, um die Aufgabe zu vereinfachen

24. Juli 2019

Das Arbeitsgedächtnis ist eine grundlegende mentale Fähigkeit, die Menschen andauernd verwenden, etwa um die Kosten eines Einkaufs zusammenzurechnen oder, um sich am Ende dieses Satzes noch an dessen Anfang zu erinnern. Aber wie schlagen sich Schimpansen, die zu den engsten lebenden Verwandten des Menschen zählen, im Vergleich? Ein internationales Team von Wissenschaftlern der Universität von St Andrews, des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie und der Veterinärmedizinischen Universität Wien hat sich dieser Frage angenommen.

Frühere Studien zeigten bereits, dass Schimpansen ein exzellentes Langzeitgedächtnis besitzen. Bisher war allerdings wenig über ihr Arbeitsgedächtnis bekannt. Um dieses näher zu erforschen, präsentierten die Forscher Schimpansen eine Aufgabe: Die Schimpansen konnten zunächst beobachten, wie Futter in verschiedenen undurchsichtigen Boxen versteckt wurde. Dann konnten die Menschenaffen eine Box auswählen, indem sie auf sie zeigten. War Futter in der Box enthalten, erhielten sie diese als Belohnung. Nach jeder Wahl wurden die Boxen für 15 Sekunden abgedeckt, dann durften die Schimpanse erneut wählen.

Um an alle Futterstücke zu gelangen müssen sich die Schimpansen fortlaufend merken, welche Boxen sie bereits ausgewählt haben und daher kein Futter mehr enthalten. Die Wissenschaftler erhöhten die Schwierigkeit der Aufgabe je nach Fähigkeit des einzelnen Schimpansen, indem sie entweder weitere Boxen hinzufügten oder die Reihenfolge der Boxen nach jeder Wahl änderten. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass sich das Arbeitsgedächtnis von Schimpansen und Menschen ähnlicher ist, als bislang angenommen: Die Schimpansen erinnerten sich mindestens an vier zuvor ausgewählte Boxen, ein junger Schimpanse sogar an mehr als sieben Boxen. Dabei spielt sowohl das Aussehen der Boxen als auch deren Position eine Rolle, berichten die Forscher.

Menschen schneiden normalerweise schlechter ab in Arbeitsgedächtnisaufgaben, wenn sie zwischendurch abgelenkt werden. Auch die Schimpansen haben in dieser Aufgabe schlechter abgeschnitten, wenn sie gleichzeitig eine zweite, ähnliche Aufgabe durchführen sollten. Die individuellen Unterschiede in dieser Arbeitsgedächtnisaufgabe waren über mehrere Monate stabil. Anders als Menschen verwendeten die Schimpansen allerdings keine Suchstrategie, um die Aufgabe zu vereinfachen. Keiner der Schimpansen kam auf die Idee, die Boxen der Reihe nach zu durchsuchen.

Die Studie zeigt, dass Schimpansen ähnlich wie Menschen ein Arbeitsgedächtnis besitzen, das es ihnen erlaubt, sich fortlaufend an eine Reihe von vorangegangen Ereignissen und Handlungen zu erinnern. Ihre Arbeitsgedächtniskapazität scheint sich dabei nicht grundlegend von der des Menschen zu unterschieden. "Unsere Studie zeigt, dass Schimpansen ähnlich abschneiden wie siebenjährige Kinder in einer für sie leicht verständlichen Arbeitsgedächtnisaufgabe, die ohne langwieriges Training auskommt", sagt Christoph Völter.

[CV/SJ]

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