Forschungsbericht 2020 - Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts
Hohlkern-Kristallfasern erzeugen ultrakurze Laserpulse
Die Verfügbarkeit immer kürzerer Laserpulse hat zu vielen Entdeckungen und technologischen Fortschritten geführt und sowohl der Grundlagenforschung als auch der industriellen Anwendung neue Möglichkeiten eröffnet. Doch die Systeme, die ultrakurze Laserpulse liefern, sind hochkomplex, und insbesondere die Erweiterung der Pulswiederholrate in den MHz-Bereich ist aufgrund thermischer und anderer Einschränkungen nach wie vor eine Herausforderung. Mit Gas gefüllten, photonischen Hohlkern-Kristallfasern (HC-PCFs) lassen sich diese Einschränkungen überwinden (Abbildung 1a). Sie ermöglichen eine hohe Verstärkung und einen extrem niedrigen optischen Verlust, wodurch hocheffiziente und stabile Pulskompressionssysteme realisiert werden können.
In unseren Experimenten haben wir HC-PCF passend entworfen und wahlweise mit Krypton und Neon gefüllt. Anschließend haben wir diese mit Laserpulsen von einigen 100 Femtosekunden Länge aus einem kommerziellen Faserlaser gepumpt (eine Femtosekunde (fs) entspricht 10–15 Sekunden). Damit erzeugten wir nur 3,8 fs kurze Pulse mit einer Wellenlänge von 1030 nm, wie sie in der kommerziellen Datenübertragung angewendet werden. Ein Puls ist so kurz, dass er einer einzelnen Oszillation des elektrischen Feldes entspricht – dies mit 50 W Durchschnittsleistung bei einer Rekordwiederholrate von 10 MHz [1] (Abbildung 1b). Diese ultrakurzen, intensiven Pulse eignen sich für die Hochleistungsforschung, während die hohe Wiederholrate reduzierte Aufnahmezeiten und ein verbessertes Signal-Rausch-Verhältnis ermöglicht. Das sind entscheidende Größen beispielsweise für die Untersuchung von physikalischen Prozessen mit kleinen Wechselwirkungsquerschnitten.
Diese neue Möglichkeit, effizient ultrakurze Pulse im Infrarotbereich (IR) zu erzeugen, kommt zur richtigen Zeit. Es besteht großes Interesses an ultraschnellen Lasern im mittleren IR für die zeitaufgelöste Spektroskopie von Molekülen und der Verschiebung des Cut-Offs bei der Erzeugung von höheren Harmonischen zu höheren Frequenzen. In diesem Zusammenhang sind Faserlaser auf der Basis von mit Seltenen Erden dotierten Gläsern ein sehr aktives Forschungsgebiet, da sie robust und kompakt sind und mit hohen Wiederholraten arbeiten können.
Allerdings sind sie noch nicht so ausgereift wie konventionelle Nicht-Faserlaser. Außerdem sind sie sehr komplex und können keine Pulse von weniger als 100 fs liefern. Mit einer wasserstoffgefüllten HC-PCF, die von einem 300-fs-Faserlaser gepumpt wurde, haben wir 39 fs kurze Pulse bei 1800 nm Wellenlänge und Wiederholraten im MHz-Bereich erzeugt. Dies gelang uns mit einer Quanteneffizienz von 50 % und ohne die Notwendigkeit einer Nachkompression [2]. Dies wurde durch stimulierte Raman-Streuung erreicht, die komfortabel durch die Anpassung des Chirps und des modalen Inhalts der in die Faser eingekoppelten Pumppulse angepasst werden kann. Das Ergebnis ist ein leistungsskalierbares System, dessen Pulsform sich zeitlich anpassen lässt und potenziell den Zugang zu viel größeren Wellenlängen ermöglicht.
Ultrakurze Infrarotpulse sind auch von großem Interesse für die Erzeugung breitbandiger Spektren, die sich über viele Oktaven erstrecken. Sie sind für die ultrasensitive Spektroskopie und Bildgebung von Gasen, Plasmen, Flüssigkeiten und Festkörpern nützlich. Obwohl Synchrotrons einige der Anforderungen erfüllen, fehlt ihnen die zeitliche Kohärenz von Lasern, und sie sind nur in Großanlagen verfügbar. Es gibt derzeit keine kompakten Quellen für breitbandiges Licht mit ausreichender Helligkeit und zeitlicher Kohärenz.
In Zusammenarbeit mit Jens Biegert vom Institut de Ciencies Fotoniques in Barcelona haben wir ein Ultrabreitbandspektrum vom THz-Bereich (Wellenlänge 40 µm) bis Ultraviolett (340 nm) erzeugt. Dies gelang uns, indem wir eine mit Gas gefüllte HC-PCF mit einer hochmodernen Mittelinfrarotquelle gepumpt und einen neuartigen nichtlinearen Kristall verwendet haben [3]. Diese einzigartige Table-Top-Quelle liefert ultrakurze Pulse mit einer spektralen Helligkeit, die um zwei bis fünf Größenordnungen höher ist als die der meisten Synchrotronanlagen. Ihr sieben Oktaven breites kohärentes Spektrum erfüllt den Bedarf an durchstimmbaren Quellen ohne spektrale Lücken und wird neue multimodale Messmethoden ermöglichen, zum Beispiel in der Molekülspektroskopie, der physikalischen Chemie und der Festkörperphysik. Darüber hinaus bietet es Spitzenintensitäten im Bereich von TW pro cm2 im UV- und THz-Spektralbereich. Damit eignet es sich für die Erforschung neuer Phänomene wie lichtinduzierte Phasenübergänge, Supraleitung und topologische Physik.
Es besteht auch ein erhebliches Interesse an der Entwicklung von Quellen für vakuum-ultraviolettes Licht (VUV, Wellenlänge 100 bis 200 nm) mit schmalen Linienbreiten und abstimmbar über einen weiten Frequenzbereich. Sie gelten als Schlüssel zu vielen Gebieten wie Biospektroskopie und Photochemie.
Die meisten aktuellen Quellen für kohärentes VUV-Licht erfüllen diese beiden Anforderungen jedoch nicht, und nur wenige, wenn überhaupt, sind wirklich kompakt, kostengünstig und von Nicht-Spezialisten leicht zu bedienen. Infolgedessen werden die meisten Experimente mit schmalbandigem VUV-Licht an Synchrotronanlagen im Gebäudemaßstab durchgeführt, was den Fortschritt in vielen Bereichen stark behindert. Eine Table-Top-Quelle für das VUV, die in jedem Labor installiert werden kann, würde einen großen Durchbruch bedeuten. Eine mit Wasserstoff gefüllte HC-PCF, die gleichzeitig mit zwei spektral getrennten Pulsen gepumpt wird, trägt dazu bei, diese Herausforderung zu bewältigen (Abbildung 2a) [4].
Pumppulse regen im Gas eine Kollektivbewegung der Moleküle an (Raman-Kohärenzwellen). Mit einer geschickten Kontrolle weiterer Parameter gelang es uns, dass die beiden separaten Raman-Kämme interaktiv zusammenarbeiten. Das Ergebnis ist ein Emissionsspektrum, das bis zu einer Wellenlänge von 141 nm reicht (Abbildung 2b). Bemerkenswert ist, dass dies mit einer Eingangsleistung von nur 100 mW erreicht wird, die ein kleiner, kommerzieller, luftgekühlter Festkörperlaser liefert. Dieser Ansatz könnte jedem Anwender den Zugang zu abstimmbarem VUV-Licht ermöglichen und den Fortschritt in verschiedenen Disziplinen fördern.
Literaturhinweise