Rohstoffe nachhaltiger nutzen
Erkenntnisse zur Katalyse an Vanadiumpentoxid geben Hinweise für ein neues Katalysatordesign
Die experimentelle Aufklärung der Strukturen an der Grenzfläche zwischen einem funktionierenden Katalysator und den reagierenden Molekülen ist der Schlüssel zu einem grundlegenden Verständnis der heterogenen Katalyse. Forschende des Fritz-Haber-Instituts der Max-Planck-Geselsschaft haben das Schwingungsspektrum von Vanadiumpentoxid, einem wichtigen Katalysator für die Synthese wertvoller Produkte durch die Reaktion organischer Moleküle mit Sauerstoff in der Gasphase, neu zugeordnet und konnten so aufklären, welche Zentren an der Aktivierung des Sauerstoffmoleküls und der Oxidation von Kohlenwasserstoffen beteiligt sind.
In der Kristallstruktur des Vanadiumpentoxids lassen sich drei verschiedene Arten von Sauerstoffatomen anhand der Art und Weise unterscheiden, wie sie benachbarte Vanadiumatome verbinden. Die mittels Raman-Spektroskopie gemessenen Schwingungsspektren des Oxids unterscheiden sich, wenn die Sauerstoffatome mit der regulären Atommasse 16 gegen das schwerere Sauerstoffisotop mit Masse 18 ausgetauscht werden. Das Team des Fritz-Haber-Instituts hat nun die Raman-Spektren für die Fälle simuliert, in denen entweder nur eine der drei Positionen im Festkörper oder alle drei durch ein schwereres Sauerstoffatom besetzt sind. Durch den Vergleich der berechneten Spektren mit den in Gegenwart von isotopisch markiertem Sauerstoff gemessenen Spektren konnte gezeigt werden, welches der drei verschiedenen Sauerstoffatome im Gitter des Katalysators mit der Gasphase reagiert.
Aufgrund der gut definierten Struktur des Festkörpers und der Tatsache, dass die Untersuchungen unter realistischen Katalysebedingungen durchgeführt wurden, waren experimentell abgesicherte Rückschlüsse auf den Einfluss der Reaktionsbedingungen bei der Oxidation von Propan auf die Struktur des Arbeitskatalysators möglich. Die Art des Sauerstoffatoms und ob nur die Oberfläche oder auch Zentren in tieferen Schichten des Festkörpers an der Reaktion beteiligt sind, hängt von der Temperatur und der chemischen Zusammensetzung der Gasphase ab.
Diese Information ist wichtig, da verschiedene Sauerstoffarten die Oberflächenreaktion entweder auf wertvolle Oxidationsprodukte oder auf eine vollständige Verbrennung des Kohlenwasserstoffs zu Kohlendioxid lenken. Es wurde festgestellt, dass nur bei sehr hohen Temperaturen und unter stark reduzierenden Bedingungen Sauerstoffatome im Gitter des Katalysators gegen Sauerstoffatome aus der Gasphase ausgetauscht werden. Unter Bedingungen, bei denen der Katalysator hochwertige Reaktionsprodukte wie Propylen oder Oxygenate erzeugt, ist dies kaum der Fall und erst nach langen Betriebszeiten messbar. Dies bedeutet, dass etablierte Mechanismus- und Designkonzepte in der Oxidationskatalyse überdacht werden müssen, um eine nachhaltige Nutzung von Rohstoffen zu erreichen, indem ihre vollständige Verbrennung zu Kohlendioxid vermieden wird.