Die Geschwindigkeit magnetischer Prozesse steuern
Die Drehimpulsübertragung in 4f-Antiferromagneten hängt von der Stärke der RKKY-Kopplung ab
In einer internationalen Zusammenarbeit, geleitet von Wissenschaftlern des Fritz-Haber-Instituts Berlin wurde ein neuartiger Ansatz zur Steuerung der Geschwindigkeit magnetischer Prozesse entwickelt.
Eine fundamentale Begrenzung für die Geschwindigkeit, mit der magnetische Materialien beispielsweise zur Datenspeicherung manipuliert werden können, ist durch die Umverteilung des Drehimpulses geordneter Elektronenspins gegeben. In Ferromagneten, wo alle Spins gleich ausgerichtet sind, muss der Drehimpuls zum Beispiel an Schwingungen des Kristallgitters abgegeben werden muss. Antiferromagnete, mit zwei kompensierenden magnetischen Untergittern, hingegen ermöglichen einen direkten Drehimpulstransfer zwischen entgegengesetzten Spins, und erlauben somit prinzipiell schnellere magnetische Prozesse.
Der Prozess des Drehimpulstransfers ist eng mit der Art der magnetischen Kopplung in einem System verbunden. In Lanthaniden, die zur Familie der Seltenen Erden gehören, wird der magnetische 4f-Austausch indirekt über die Leitungselektronen vermittelt (RKKY-Wechselwirkung, nach Malvin Avram Ruderman, Charles Kittel, Tadao Kasuya und Kei Yosida). Die RKKY-Wechselwirkung beschreibt den indirekten Austausch zwischen den lokalisierten magnetischen Momenten der Atome eines Metalls. Kommt ein Elektron in die Nähe eines magnetischen Atoms, richtet es seinen Spin nach diesem aus. Bewegt sich das Elektron nun weiter durch den Festkörper, kann die Spinpolarisation des Elektrons wiederum eine Ausrichtung des magnetischen Momentes eines der benachbarten Atome beeinflussen. Bislang sind die Auswirkungen solcher Bedingungen auf den antiferromagnetischen direkten Spintransfer weitgehend unerforscht.
In ihrer Studie haben die Forscher zeitaufgelöste resonante Röntgenbeugung genutzt, um die ultraschnelle Dynamik der magnetischen Ordnung auf einer Femtosekundenskala (10-15 s) in einer Reihe von 4f-Antiferromagneten zu untersuchen. Hierdurch haben sie zusätzlich die Besetzung der 4f Orbitale - und damit die Stärke der RKKY-Kopplung - systematisch verändert. In Verbindung mit ab-initio-Rechnungen der magnetischen Wechselwirkungsparameter konnten sie nachweisen, dass die Drehimpulsübertragungsrate zwischen entgegengesetzten Momenten direkt durch die Stärke der RKKY-Wechselwirkung bestimmt wird. Angesichts der direkten Beziehung zwischen RKKY und den Leitungselektronen bieten die Ergebnisse einen neuartigen Ansatz zur Steuerung der Geschwindigkeit magnetischer Prozesse.