Forschungsbericht 2022 - Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts
Multifokal-konfokale Mikroskopie
Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts, Erlangen
Die Aufgabe der Darstellung biologischer Gewebe in nativem Zustand bei höchstmöglicher Auflösung und ohne zusätzliche Kontrastmittel ist noch immer nicht gelöst. Bei der dreidimensionalen Untersuchung zytologischer Merkmale bieten aktuelle Tomografietechniken den zusätzlichen Vorteil, dass sie eine Visualisierung unterhalb der Oberfläche zulassen. Ultraschall-, Magnetresonanz- und Röntgencomputertomografien gehören zu den häufig eingesetzten diagnostischen Techniken in der biomedizinischen Bildgebung, haben aber das Problem einer schlechten Auflösung, weshalb sie bisher nicht für Untersuchungen auf zellulärer bis subzellulärer Ebene infrage kamen. Multiphotonen- und Konfokalmikroskopie haben sich als Techniken der Wahl zur zellulären und subzellulären Tomografie in der Biologie herauskristallisiert, da sie eine laterale Auflösung von unter 1 µm erreichen. Da es sich aber um Punktscantechniken handelt, muss allerdings entlang der X-, Y- und Z-Achse abgetastet werden, um sämtliche tomografischen Informationen zu erfassen. Zur In-vivo-Bildgebung mit zellulärer Auflösung werden oft Endoskope benötigt, und das Abtasten entlang der X-, Y- und Z-Achse mit einem kleinkalibrigen Endoskop ist eine anspruchsvolle Aufgabe.
Zur Untersuchung der inneren Hohlorgane sind flexible Endoskope mit einem Durchmesser von wenigen Millimetern erforderlich. Es wurden verschiedene flexible endoskopische konfokale Bildgebungssysteme mit Mehrkernfaser vorgestellt, bei denen Laserlicht auf der Eingangsseite der Faser abgetastet wird, so dass Licht jeweils nur in eine einzelne Faser gebündelt wird. Dies wird dann auf die Ausgangsseite der Faser im Bereich des zu untersuchenden Gewebes geworfen. Leider sind diese Aufnahmen auf eine einzige Gewebeebene beschränkt und liefern somit keine dreidimensionalen Informationen. Zur Erstellung dreidimensionaler Gewebeaufnahmen wird ein Mechanismus zur Tiefenabtastung (Z-Abtastung) benötigt. Bei Integration eines Systems zur Z-Abtastung wird das Endoskop größer und komplexer. Techniken wie die chromatische konfokale Mikroskopie wurden mit dem Ziel entwickelt, die Einschränkungen bei der Tiefenabtastung zu überwinden.
Ein herkömmliches Konfokalmikroskop liefert Bilder in nur einer Ebene. Durch Ausnutzung der Lichteigenschaft der chromatischen Dispersion lässt sich der Abbildungsbereich eines konfokalen Mikroskopiesystems auf mehrere Ebenen ausdehnen. Unter Ausnutzung der chromatischen Aberration mehrerer achromatischer und diffraktiver Linsen ist ein maximaler Abbildungsbereich von 250 µm möglich. Allerdings kann das Gewebe im Inneren des Körpers sehr unregelmäßig sein und damit einen Abbildungsbereich von deutlich mehr als 250 µm erforderlich machen.
Linsen aus Materialien wie Kieselglas und Quarz werden üblicherweise im sichtbaren bis nahen Infrarotbereich eingesetzt, da sie über eine hervorragende optische Qualität und hohe Durchlässigkeit von ca. 90 % verfügen. Bei diesen Materialien ist die chromatische Dispersion nur schwach ausgeprägt, so dass sie für chromatische konfokale Tomografiesysteme nicht gut geeignet sind. Zinkselenid (ZnSe) hat eine sehr starke chromatische Dispersion; dennoch werden ZnSe-Linsen nur selten im sichtbaren Wellenlängenbereich eingesetzt, da sie eine geringe Lichtdurchlässigkeit haben. Doch obwohl ZnSe eine geringe Lichtdurchlässigkeit im sichtbaren bis nahen Infrarotbereich hat, ist es aufgrund seiner starken chromatischen Dispersion ein hervorragender Kandidat für die chromatische konfokale Tomografie. Die geringe Durchlässigkeit einer ZnSe-Linse kann durch Einsatz moderner Hochleistungslaser und empfindlicher Sensoren ausgeglichen werden.
Wir haben ein multifokales chromatisches Konfokalsystem auf Grundlage einer einzelnen Linse aus ZnSe-Material entwickelt, das über einen Abbildungsbereich von ca. 19 mm bei einer durchschnittlichen lateralen Auflösung von 2,48 µm verfügt. Der mit der vorgeschlagenen Technik mögliche Abbildungsbereich ist um zwei Größenordnungen größer als bei herkömmlichen chromatischen konfokalen Mikroskopiesystemen.
Wir verwendeten Breitbandlicht aus einer Superkontinuumlichtquelle, deren Wellenlängen durch die ZnSe-Linse in verschiedenen Tiefen gebündelt wurden. Mit dem neu entwickelten System ist es uns gelungen, einen vollständigen volumetrischen Datensatz (512 × 512 × 2048 Pixel) in ca. 5,12 Sekunden zu erfassen.
Um die Fähigkeiten des Geräts zur hochauflösenden Tiefenabbildung zu demonstrieren, haben wir ein Eisenoxid-Nanopartikelphantom mit einer Partikelgröße von unter 1 µm volumetrisch abgebildet. Abbildung 1 zeigt die volumetrische Darstellung des Phantoms.
Zusammenfassend haben wir ein chromatisches Konfokalsystem mit breitem Abbildungsbereich entwickelt, das mit nur einer Linse mit einem Abbildungsbereich von 1,8 cm und einer durchschnittlichen lateralen räumlichen Auflösung von 2,4 µm auskommt. Bei hochauflösenden biologischen Anwendungen lässt sich die durchschnittliche laterale räumliche Auflösung durch Einsatz einer Linse mit kürzerer Brennweite auf 0,87 µm bei einem Abbildungsbereich von 1,55 mm weiter verbessern. Unser Gerät kann biologische Proben in zellulärer Auflösung in 3D abbilden und das Oberflächenprofil biologischer sowie industrieller Proben mit einer beispiellosen Kombination aus seitlicher räumlicher Auflösung und Abbildungsbereich erfassen. Wir sind der Ansicht, dass dieser Fortschritt in verschiedene biomedizinische und industrielle Gebiete Einzug halten wird, wie beispielsweise die Darstellung von Kalkablagerungen, Verdauungstrakt und Epithelgewebe oder auch von Feldeffekttransistoren usw.