Ein Sensor für Wasserstoff

Nimmt Lanthannickeloxid Wasserstoff auf, ändert sich sich seine elektrische Leitfähigkeit

27. Januar 2025

Wasserstoff ist das häufigste Element in unserem Universum. Das macht seinen Einsatz in nachhaltigen Technologien interessant, zum Beispiel in Energiespeichern und Brennstoffzellen, aber auch in neuartigen elektronischen Bauteilen. In Kontakt mit Übergangsmetall-Sauerstoff-Verbindungen kann sich der elektrische Widerstand oder der Magnetismus reversibel ändern und damit Funktionalität erzeugen. Dabei stellen sich jedoch immer drei grundlegende Fragen: Wie viel Wasserstoff ist im Material, in welcher Form ist er eingebaut und wie stabil ist die Verbindung? Dieser Frage ist ein Team des Max-Planck-Instituts für Festkörperforschung in Stuttgart nachgegangen.

Diesen Fragen sind Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Festkörperforschung für die Übergangsmetalloxid-Verbindung LaNiO3 nachgegangen und haben ihre Ergebnisse kürzlich unter dem Titel „Understanding the Role of Hydrogen and Oxygen in the Electronic Phase Changes of Nickelates“ in Advanced Functional Materials veröffentlicht. Durch eine Kombination verschiedener Messmethoden konnten die Wissenschaftler die genaue Zusammensetzung von Sauerstoff und Wasserstoff im Material mit dessen Veränderungen des elektrischen Widerstands in Verbindung bringen - ein Verhalten, das für viele Verbindungen relevant sein könnte.

Die Verbindung LaNiO3 leitet gut elektrischen Strom, aber wenn man ihr Wasserstoff hinzufügt, steigt der Widerstand deutlich an. Stellt man einen dünnen Film aus LaNiO3 mit einer noch dünneren Katalysatorschicht darauf her und kann genügend Wasserstoff gleichmäßig einlagern, wird die elektrische Leitfähigkeit wieder ähnlich gut wie in der Anfangsphase. Prinzipiell könnte ein solches Materialsystem als Wasserstoffsensor, Schalter oder für exotischere Bauelemente, wie z.B. eine dem menschlichen Gehirn nachempfundene Elektronik, eingesetzt werden, da die in dieser Studie verwendete dünne Katalysatorschicht die Reaktion bereits bei Raumtemperatur und Atmosphären mit geringen Mengen Wasserstoffgas ermöglicht. Vor allem aber zeigt die Studie, dass der Einbau von Wasserstoff in LaNiO3 nicht unabhängig von Änderungen des Sauerstoffgehalts erfolgt. Während der Wasserstoff eingebaut wird, verlässt ein Teil des Sauerstoffs das Material und das Zusammenspiel dieser Prozesse führt zu der beobachteten zeitlichen Änderung des elektrischen Widerstandes.

Eine gegenseitige Beeinflussung des Wasserstoff- und Sauerstoffgehalts findet wahrscheinlich auch in anderen funktionellen Übergangsmetalloxiden statt, und der methodische Ansatz dieser Arbeit kann auf eine Vielzahl von Proben angewendet werden.

Wie genau funktioniert nun die Bestimmung von Wasserstoff- und Sauerstoff- Gehalt in LaNiO3? Die gängigste Methode zur Strukturbestimmung von Verbindungen ist Röntgenstreuung, aber leichte Elemente mit geringer Elektronendichte wie Wasserstoff und Sauerstoff sind für Röntgenstrahlung nahezu unsichtbar. Daher ist es schwierig Wasserstoff zu quantifizieren und viele Methoden erfordern große Probenmengen oder führen zur Zerstörung des Materials, so dass sie nicht während der Reaktion durchgeführt werden können. Eine Ausnahme bildet die Neutronenstreuung, da Neutronen besonders stark an Wasserstoff und weniger stark an seinem Isotop Deuterium streuen, obwohl sich beide in der chemischen Reaktion gleich verhalten. Die Unterschiede sind in Neutronenreflexionskurven des LaNiO3-Films, zu vrschiedenen Zeitpunkten unter Wasserstoff- und Deuteriumatmosphäre aufgenommen wurden, deutlich zu erkennen, und da am Ende gleich viel Wasserstoff wie Deuterium eingebaut wird, kann der Wasserstoffgehalt quantifiziert werden. Mit etwas mehr Rechenaufwand ist dies auch für die Zwischenstadien der Reaktion möglich. Gleichzeitig erlauben die Daten eine Quantifizierung des Sauerstoffgehalts und zeigen, dass der Wasserstoffeinbau mit einem Sauerstoffverlust einhergeht. Dies ist eine interessante Beobachtung, da der Sauerstoffverlust allein auch den Widerstand von LaNiO3 verändert. Entfernt man nämlich die Wasserstoffatmosphäre, so verlässt der Wasserstoff das Material wieder und hinterlässt eine sauerstoffreduzierte Verbindung mit halbleitenden Eigenschaften. Wird diese Verbindung an der Luft erwärmt, kann durch die Zufuhr von Sauerstoff der ursprüngliche Zustand des Materials wiederhergestellt werden. Der Kreis schließt sich, die Probe wird wieder gut leitend und der Prozess kann von neuem beginnen.

Viele Funktionsmaterialien enthalten Wasserstoff und Sauerstoff mit hoher Mobilität unter Umgebungsbedingungen. Aus diesem Grund sind in-situ Untersuchungen wie die hier vorgestellten wichtig, um die ablaufenden Reaktionen besser zu verstehen und schließlich kontrolliert nutzen zu können.

 

 

 

Illustration eines neuartigen Wasserstoffsensors, der aus Schichten verschiedener Übergangsmetallverbindungen, darunter Lanthannickelhydridoxid, besteht. Dieses kann Wasserstoff aufnehmen, wodurch sich der elektrische Widerstand des Materials ändert.
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