Stickstoff-Dünger spielt beim Klimawandel eine Doppelrolle
Verstärkte Lachgas-Emissionen aus gedüngtem Boden heben die klimaschonende Wirkung des gespeicherten Kohlendioxids auf
Gelangt Stickstoff etwa als mineralischer Dünger in den Boden, wird der Treibhauseffekt möglicherweise verstärkt: Zwar kurbelt er das Wachstum von Pflanzen an, so dass terrestrische Ökosysteme neueren Untersuchungen zufolge mehr Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre aufnehmen. Gleichzeitig setzt der gedüngte Boden aber mehr Lachgas frei – ein viel stärkeres Treibhausgas als Kohlendioxid. Diese klimaschädliche Wirkung des Stickstoff-Eintrags entspricht in etwa dem klimaschonenden Effekt, wie ein Forscherteam um Sönke Zaehle vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie nun berechnet hat. Ihrer Studie zufolge überwiegen die negativen Folgen sogar ein wenig.
Kohlenstoff- und Stickstoffkreislauf sind stark gekoppelt
Sönke Zaehle und seine Kollegen haben nun die Auswirkungen vergangener und aktueller anthropogenen Stickstoffeinträge auf das Klimasystem in einem globalen Computermodell betrachtet. Ihre Ergebnisse belegen eine tiefgreifende Auswirkung menschlicher Stickstoffeinträge auf die Kohlenstoffdioxid- und Lachgasflüsse. Der menschliche Stickstoffeintrag ist demnach die Hauptursache für den Anstieg der terrestrischen Lachgas-Emissionen seit 1960 und trägt ungefähr zu einem Fünftel zur aktuellen Netto-Aufnahme an Kohlenstoff in Landökosystemen bei (1996-2005).
Die Wissenschaftler bestimmten den Effekt des anthropogenen Stickstoffs auf die atmosphärischen Konzentrationen der Treibhausgase CO2 und N2O, um die Konsequenzen für das heutige Klima abschätzen zu können. Ihre Kernaussage ist, dass der klimawirksame Effekt durch die Störung im Stickstoffhaushalt auf beide Gase beträchtlich ist, allerdings mit umgekehrten Vorzeichen: die abkühlende Wirkung aufgrund der erhöhten Kohlenstoffspeicherung wird mehr als kompensiert von dem erwärmenden Effekt der terrestrischen Lachgas-Emissionen.
Jedoch: „Die Tatsache, dass in unserer Studie der N2O-Effekt stärker ist als der CO2-Effekt, sollte nicht überinterpretiert werden.” warnt Zaehle. Vielmehr sollte die vorliegende Studie die Bedeutung des anthropogenen Stickstoffs im Klimasystem erhellen und die Notwendigkeit einer gekoppelten Betrachtung von Kohlenstoff- und Stickstoffkreislauf verdeutlichen. „Ich hoffe, unsere Untersuchungen ermutigen zu weiteren Forschungen auf diesem Gebiet, um letztendlich mit Hilfe von Beobachtungsdaten und Simulationsmodellen die Wirkungen von anthropogenen Stickstoff auf die Dynamik von Ökosystemen besser zu verstehen“, fügt der Max-Planck-Wissenschaftler hinzu.
SH/PH