Geschenke fördern die Beziehung
Männliche Schimpansen, die regelmäßig ihre Beute mit Weibchen teilen, paaren sich deutlich häufiger als "geizige" Artgenossen
Primatenforscher des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie aus Leipzig haben herausgefunden, dass Schimpansenweibchen häufiger mit den Männchen kopulieren, die sie über längere Zeit mit erbeutetem Fleisch versorgen. (PLoS ONE, 8. April 2009)
Nach welchen Kriterien suchen sich Schimpansen-Weibchen ihre Fortpflanzungspartner aus? Warum jagen die Männchen und teilen dann ihre Beute mit den Weibchen? Dies hat Forscher bislang vor ein Rätsel gestellt. Studien zu menschlichen Jäger- und Sammlergesellschaften deuteten darauf hin, dass erfolgreiche Jäger mehr Frauen und somit auch mehr Nachwuchs haben. Bei freilebenden Schimpansen - den engsten lebenden Verwandten des Menschen - scheint dies ähnlich zu sein: Wenn die Weibchen nicht an der Jagd teilnehmen, weil sie beispielsweise Nachwuchs haben, teilen die Männchen mit ihnen ihre Jagdbeute. Aufgrund dieser Beobachtungen entwickelten Forscher die "Fleisch-gegen-Sex-Hypothese", der zufolge Männchen und Weibchen eine Art Tauschgeschäft eingehen. Bisher wurden jedoch sowohl bei Menschen als auch bei Schimpansen nur wenige Hinweise gefunden, die diese Annahme unterstützen.
Cristina M. Gomes und Christophe Boesch vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie ist dies nun im Taï Nationalpark an der Elfenbeinküste gelungen. Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass Weibchen häufiger mit den Männchen kopulierten, die wenigstens einmal ihre Jagdbeute mit ihnen geteilt hatten. Männchen, die nie von ihrer Beute abgaben, gingen hingegen leer aus. Ein Tausch von "Fleisch gegen Sex" scheint sich also auf den Paarungserfolg der Männchen günstig auszuwirken.
Nicht in die Datenauswertung gingen Paarungen mit Weibchen ein, die sich im Östrus, der Zeit des Eisprungs, befanden. Mit diesen Weibchen teilen die Männchen generell gerne ihre Jagdbeute. Dennoch zeigte sich ein Zusammenhang zwischen dem männlichem Paarungserfolg und dem Teilen der Beute. Das bedeutet, dass kurzfristige "Tauschgeschäfte" allein (z. B. während der Östrusphase des Weibchens) den Zusammenhang zwischen dem Teilen von Fleisch und Kopulationserfolg nicht erklären können. Denn der Austausch muss über einen längeren Zeitraum verlaufen. Darüber hinaus erhalten Weibchen selbst dann Fleisch, wenn die letzte Kopulation mit dem erfolgreichen Jäger schon längere Zeit zurücklag.
"Unsere Ergebnisse zeigen, dass freilebende Schimpansen Fleisch gegen Sex tauschen, auch über einen längeren Zeitraum hinweg", sagt Cristina Gomes. "Männchen, die mit Weibchen ihre Jagdbeute teilen, verdoppeln ihren Paarungserfolg. Weibchen, denen es schwer fällt selbst zu jagen, können ihre Kalorienaufnahme erhöhen, ohne sich dem hohen Energieverbrauch und Verletzungsrisiko einer Jagd aussetzen zu müssen."
Möglicherweise haben frühere Studien keinen Zusammenhang zwischen dem Paarungserfolg und dem Teilen der Jagdbeute finden können, "weil sexuelle Begegnungen zwischen Männchen und Weibchen nur über einen kurzen Zeitraum hinweg beobachtet und dokumentiert wurden", fügt sie hinzu. "Ein anderer Grund wäre, dass in den beobachteten Schimpansengruppen nur wenige Weibchen vorhanden waren und die Männchen sich daher mittels Nötigung Zugang zu ihnen verschafften."
"Es gibt mehr und mehr Hinweise darauf, dass Schimpansen auch Vergangenheit und Zukunft in ihr Denken einschließen und dass dies ihr Verhalten in der Gegenwart bestimmt", sagt Christophe Boesch.
"Die Ergebnisse unserer Studie werden einen Einfluss auf das haben, was wir heute über die Beziehungen zwischen Männern und Frauen wissen", meint Gomes. "Man wird zukünftig versuchen herauszufinden, ob es auch bei menschlichen Jäger- und Sammlergesellschaften einen Zusammenhang zwischen dem Ernährungsvorteil, den Frauen von männlichen Jägern erhalten, und dem Fortpflanzungserfolg besonders guter Jäger gibt."