Planck-Satellit ist bereit, den Urknall zu vermessen
Forscher am Max-Planck-Institut für Astrophysik bereiten wissenschaftliche Projekte rund um die Mission vor
Nachdem letzte Tests an der Ariane 5 Trägerrakete abgeschlossen wurden, die Planck ins All bringen soll, befindet sich der ESA-Satellit startbereit im Europäischen Weltraumbahnhof in Kourou (Französisch Guayana). Zusammen mit der Herschel-Raumsonde der ESA wird er am 14. Mai in den Weltraum starten und dort die kosmische Mikrowellenstrahlung untersuchen, die Aufschluss über den Urknall, die Frühphase des Universums sowie dessen Struktur und Zusammensetzung gibt. Das Max-Planck-Institut für Astrophysik (MPA) in Garching hat wichtige Software-Komponenten für Planck entwickelt und wird sich intensiv an der wissenschaftlichen Auswertung der Missionsdaten beteiligen.
Nach dem Standardmodell der Kosmologie stellt der Urknall vor 13,7 Milliarden Jahren den Beginn unseres Universums sowie von Raum und Zeit dar. Beim kosmischen Mikrowellenhintergrund (Cosmic Microwave Background, CMB) handelt es sich um Licht aus der Anfangszeit unseres Universums, das 380 000 Jahre nach dem Urknall frei wurde und noch heute im Kosmos unterwegs ist. Zu dieser Zeit gab es geringfügige Fluktuationen der Materiedichte, die heute als Temperaturvariationen im CMB gemessen werden können. Daraus können die Kosmologen erschließen, wie sich die heutigen Strukturen im Universum - Galaxien, Galaxienhaufen und -filamente - gebildet haben.
Der Satellit Planck wird am 2. Lagrangepunkt (L2) im Erde-Sonne-System stationiert. Er rotiert um seine eigene Achse, die längs zur Sonne steht, nimmt mit jeder Rotation einen weiteren Streifen des Himmels auf und kartographiert die Temperaturen dort bis auf etwa ein Millionstel Grad genau. Die Daten werden zur Erde gesandt und in den Datenverarbeitungszentren in Frankreich und Italien zu Temperaturkarten des Himmels verarbeitet. Wie die Fluktuationen im Einzelnen aussehen, hängt von bestimmten Eigenschaften des Universums ab, beispielsweise davon, ob der Raum gekrümmt ist. Für hypothetische Universen, die bestimmte Eigenschaften haben, werden mit am MPA entwickelter Simulationssoftware virtuelle Karten erstellt und diese mithilfe von statistischen Methoden mit den Bildern des echten Himmels verglichen. "Aus dem Vergleich können wir Rückschlüsse ziehen, wie unser eigenes Universum aussieht, etwa wie viel gewöhnliche Materie und dunkle Energie es darin gibt", erklärt Torsten Enßlin, Leiter der Planck-Gruppe am MPA.
Die Physik der Strukturbildung und letztlich die Herausbildung von Galaxien im Universum kann mittels des Sunyaev-Zeldovich-Effekts untersucht werden - der Verschiebung der Energie der CMB-Photonen aufgrund der Streuung an heißen Elektronen in der Atmosphäre von Galaxienhaufen. Aufgrund dieses Effekts werden ferne Galaxienhaufen als "Schatten" vor dem kosmischen Hintergrund sichtbar.
Die Galaxienhaufen markieren aber nur grob den Verlauf der filigranen Struktur der kosmischen Materieverteilung. Zu 85 Prozent besteht das Universum aus unsichtbarer dunkler Materie, deren genaue Zusammensetzung bisher nicht ergründet werden konnte. Aus Computersimulationen wissen die MPA Wissenschaftler, wie Veränderungen im Gravitationsfeld der dunklen Materie sich auf den CMB auswirken. Die Struktur der dunklen Materie lässt sich daher über Temperaturveränderungen im CMB erschließen. Die Kosmologen werten hierzu die von Planck gelieferten Daten mit statistischen Methoden aus und schließen daraus auf die Struktur und zukünftige Entwicklung des Universums.
Darüber hinaus wird erwartet, dass die Mission Tausende entfernte Objekte in einem bisher wenig untersuchten Frequenzbereich entdeckt und dadurch neue Erkenntnisse über die Spektren von Galaxien, aktiven galaktischen Kernen und Quasaren im Submillimeterbereich ermöglicht. Aus den Ergebnissen erwarten sich die Wissenschaftler auch Rückschlüsse über hochenergetische Prozesse in der unmittelbaren Umgebung von massereichen schwarzen Löchern. Weitere Themen, die mit Planck am MPA untersucht werden sollen, sind die Geburt der ersten Sterne im Universum und die Struktur unserer eigenen Galaxie, der Milchstraße.
"Mit dem Start des Planck-Satelliten wird für uns ein Traum wahr", erklärt Rashid Sunyaev, Direktor am MPA und Pionier der CMB-Forschung. "Planck wird die genauesten Daten über das frühe Universum liefern, die es je gab. So nahe waren wir dem Urknall noch nie." "Wir werden die Vergangenheit unseres Universums begreifen und einen Blick in seine Zukunft werfen", ergänzt Sunyaevs Kollege Simon White. "Wird es sich immer weiter ausdehnen oder irgendwann in sich zusammenfallen? Woraus besteht die geheimnisvolle dunkle Energie, die schuld an dieser Expansion ist? Auf diese und viele weitere drängende Fragen der Kosmologie wird Planck eine Antwort geben. Der Satellit ist das mächtigste Instrument für die Untersuchung des kosmischen Mikrowellenhintergrunds, das bis heute entwickelt wurde."