Forschungsbericht 2012 - Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie
Struktur und Funktion der [Fe]-Hydrogenase
Wasserstoff im biologischen System
Wasserstoff (H2) ist das häufigste und leichteste Element auf der Erde. Seit kurzem wird große Hoffnung in H2 als Sekundärenergieträger in Brennstoffzellen und Verbrennungsmotoren gelegt [1, 2]. H2 wird kommerziell durch Dampfreformierung von Erdgas, Vergasung von Kohle, Elektrolyse von Wasser und anderen Verfahren hergestellt und in der chemischen Industrie hauptsächlich für Hydrierreaktionen eingesetzt, wobei H2 sowohl biologisch produziert als auch konsumiert werden kann. Durch mikrobielle Fermentation in anoxischen Umgebungen werden riesige Mengen an H2 (rund 108 Tonnen pro Jahr) hergestellt. Allerdings wird der größte Teil des erzeugten H2 sofort von anderen anaeroben Mikroorganismen, die H2 entweder für die Reduktion von CO2 zu Methan oder Acetat oder von Sulfat zu Schwefelwasserstoff benötigen, verbraucht. Die stationäre Konzentration von H2 in anoxischen Umgebungen ist sehr niedrig, im Allgemeinen weniger als 0,1 pM (< 10 Pa). H2 kann aber auch in geringen Konzentrationen in aeroben Umgebungen vorhanden sein, wo er hauptsächlich als Nebenprodukt der Stickstofffixierung auftritt und anschließend durch aerobe Bakterien zu H2O oxidiert wird. Außerdem wird H2 als Elektronen-Überlauf-Produkt in einigen photosynthetischen Mikroorganismen erzeugt.
Hydrogenasen
Hydrogenasen sind Enzyme, die die Nutzung und Produktion von H2 katalysieren [1, 2]. Die bekanntesten Hydrogenasen sind die [NiFe]-Hydrogenase (in Bakterien und Archaea) und die [FeFe]-Hydrogenase (in Bakterien und Eukaryonten). Die Strukturen der zweikernigen metal active sites sind in Abbildung 1 dargestellt.
Zusätzlich zum zweikernigen Metallzentrum besitzen beide Hydrogenasen mindestens ein [4Fe4S]-Cluster. Unabhängig von der [NiFe]-Hydrogenase oder der [FeFe]-Hydrogenase gibt es eine dritte Art der Hydrogenase, die [Fe]-Hydrogenase mit einem einkernigen Eisenzentrum (Abb. 1). Dieses Enzym wurde in vielen hydrogenotroph-methanogenen Archaea gefunden. Es katalysiert die reversible Dehydrierung von Methylentetrahydromethanopterin (Methylen-H4MPT) zu Methenyl-H4MPT+, das eine wichtige Rolle bei der CO2-Reduktion zu Methan spielt [1, 2]. Dieses homodimere Enzym enthält pro Untereinheit ein nicht redoxaktives Eisen, das mit einem Guanylylpyridinol-Kofaktor verbunden ist (kurz: FeGP-Kofaktor).
Struktur der [Fe]-Hydrogenase
Die Kristallstrukturen sowohl der [Fe]-Hydrogenase als auch eines Komplexes mit ihrem Reaktionsprodukt, Methylen-H4MPT, konnten gelöst werden (Abb. 2) [3-5]. Der Komplex liegt in einer offenen Konformation vor; die Größe der Öffnung zwischen den zentralen und peripheren Einheiten beziehungsweise zwischen dem Eisen und dem Substrat beträgt 0,9 nm. Dieser Wert ist aber offensichtlich zu hoch für die Übertragung eines Hydrid-Ions. Zur Modellierung einer katalytisch aktiven Konformation verwendeten wir daher das Apoenzym der [Fe]-Hydrogenase, das in einer geschlossenen Form kristallisiert wurde [4]. In der modellierten, geschlossenen Form des Komplexes befindet sich das aktive Zentrum in einem Hohlraum, was die Bildung von neuen Schnittstellen zwischen den peripheren und zentralen Einheiten impliziert. Der Hohlraum ist über einen schmalen hydrophoben Kanal mit dem Medium verbunden, der höchstwahrscheinlich die H2 Moleküle leitet. Der Abstand zwischen dem Eisen-Zentrum des FeGP-Kofaktors und dem Methylen-H4MPT in der geschlossenen Form beträgt 0,3 nm. Basierend auf der offenen beziehungsweise geschlossenen Konformation der [Fe]-Hydrogenase wurde ein katalytischer Mechanismus vorgeschlagen [4].
In der geschlossenen Form des Enzym-Substrat-Komplexes nähert sich das Methenyl-H4MPT+ -Molekül dem Eisen-Zentrum des FeGP-Kofaktors, wodurch ein zweikerniges katalytisches Zentrum, bestehend aus einem Methenyl-Kohlenstoff und einem Eisen-Ion entsteht (Abb. 2). Die zweikernige Kohlenstoff-Fe-Anordnung der [Fe]-Hydrogenase ähnelt der des zweikernigen Metallzentrums der [NiFe]- und [FeFe]-Hydrogenasen. Die Existenz des zweikernigen Zentrums in allen drei Arten von Hydrogenasen deutet auf eine konvergente Evolution der enzymatischen H2-Aktivierungsmaschinen hin [4].
Der FeGP-Kofaktor
Im FeGP-Kofaktor der [Fe]-Hydrogenase ist ein Eisenion zwischen einem Acyl-Kohlenstoff- und einem Stickstoffatom der Pyridinol-Einheit sowie zwischen zwei cis-CO-Liganden und einem Cystein-Schwefelatom angeordnet (Abb. 3) [6-9]. Die Bindung der CO-Liganden an das Eisen ähnelt dem Aufbau der [FeFe]- und [NiFe]-Hydrogenasen. Das Eisen unterscheidet sich jedoch dahingehend von dem Eisen der [FeFe]- und [NiFe]-Hydrogenasen, dass es sich in einem einkernigen Metallzentrum befindet. In der Biochemie ist diese Acyl-Kohlenstoff-Eisen Bindung in dieser Form bisher einzigartig. Der Kofaktor kann reversibel mithilfe von Säuren extrahiert werden, sodass dessen genaue Masse durch Elektrosprayionisation-Massenspektrometrie ermittelt werden konnte [8].
Biosynthese des FeGP-Kofaktors
Die Biosynthese des FeGP-Kofaktors wurde durch Verwendung und Einbau 13C- und 2H-markierter Substanzen und durch eine anschließende Analyse des nachfolgend isolierten Kofaktors untersucht (Abb. 3) [10]. Die Ergebnisse lassen auf 2,3-Dihydroxy-4-oxo-Pentanoat und Aspartat als Zwischenprodukte schließen. Eine der Methylgruppen am Pyridinolring wird mit Sicherheit aus der Methylgruppe des Methionin abgeleitet und höchstwahrscheinlich über eine durch S-Adenosylmethionin abhängige Methyltransferase-Reaktion herangeführt. Die CO-Liganden werden zwar aus CO2 synthetisiert, aber sie scheinen nicht das Pyruvat C-1 passiert zu haben. Daher weicht die Synthese der CO-Liganden des FeGP-Kofaktors von den CO-Liganden in den [FeFe]-Hydrogenasen ab. Um die Biosynthese-Maschinerie des FeGP-Kofaktors aufzuklären, wurde die Struktur und Funktion von hmd-co-occurring (hcg)-Genen, die in der Nähe des [Fe]-Hydrogenase kodierenden Gens liegen, analysiert. Die hcg-Gene scheinen an der Biosynthese des FeGP-Kofaktors beteiligt zu sein.
Kollaborationen
Die hier vorgestellten Erkenntnisse sind in Zusammenarbeit mit Rolf Thauer an unserem Institut, Ulrich Ermler (Röntgenkristallographie) vom Max-Planck-Institut für Biophysik in Frankfurt, Christian Griesinger vom Max-Planck-Institut für Biophysikalische Chemie (NMR) in Göttingen, Wolfram Meyer-Klaucke (EMBL, Hamburg), Uwe Linne (Massenspektrometrie) und Xiulan Xie (NMR) von der Philipps-Universität Marburg, Eckhard Bill (Mößbauer- und Circulardichroismus-Spektroskopie) vom Max-Planck-Institut für Bioanorganische Chemie in Mülheim, Kenichi Ataka (Infrarot-Spektroskopie) von der Freien Universität Berlin und Michael Rother von der Technischen Universität Dresden (Genetik) entstanden.