Forschungsbericht 2004 - Max-Planck-Institut für Quantenoptik
Laserchemie, Chemie bei ultrakurzen Zeiten
Laserchemie (Prof. Dr. Karl-Ludwig Kompa)
MPI für Quantenoptik, Garching
(1) Elektronische Zeitskalen der Chemie
Dies sind die kürzesten Zeiten der Chemie und Biochemie, oft im sub-Femtosekundenbereich. Elektronen machen chemische Bindungen aus. Ihre Veränderungen, die Bewegungen von elektronischen Wellenpaketen sind der Schlüssel zu einem Verständnis chemischer Dynamik. Charakteristische Zeiten liegen meist im sub-Femtosekundenbereich (fs = 10-15 Sekunden). Bis jetzt hat allerdings noch niemand dieses Ziel durch experimentelle Beobachtungen erreicht.
(2) Schwingungszeitskalen der Chemie
Schwingungen der Atome treiben chemische Reaktionen. Chemische Strukturveränderungen oder Reaktionen bestehen in der Bewegung von Atomkernen in den reagierenden Molekülen. Erst wenn die Atome sich bewegt haben, wenn die Molekülarchitektur geändert ist, ist eine Reaktion komplett, auch wenn die Kernbewegung vielleicht der Elektronenbewegung nachläuft. Typische Zeitskalen für Elementarschritte chemischer Reaktionen liegen im Femtosekundenbereich. Dies beschreibt den Bereich der Femtochemie und ist der Zeitbereich der hier geschilderten Ergebnisse.
Oft jedoch wird die erwünschte Kernbewegung gestört. Chemische Systeme sind stark gekoppelte Systeme, die schwer zu kontrollieren sind.
Das prinzipielle Ziel einer Laserchemie liegt somit in der Kontrolle der Elektronenbewegungen. Elektronen bilden die chemischen Bindungen und ihre Veränderung kontrolliert Struktur und Funktion. Der vorliegende Bericht beschränkt sich jedoch auf reine Schwingungschemie und beschreibt den Rahmen dessen, was zurzeit mit Femtochemie im elektronischen Grundzustand möglich ist.
(3) Chemische Dynamik mit fs-Lasern im Infraroten Spektralbereich
Seit ca. 20 Jahren gibt es Femtosekundenlaser. Damit eröffnet sich die Möglichkeit zu einem direkten Zugriff auf chemische und molekulare Veränderungen, zu ihrer spektroskopischen Beobachtung und Kontrolle, weit über die traditionellen Methoden der Steuerung chemischer Reaktionsmechanismen hinaus. Chemische Reaktionen bestehen darin, dass Atome in Molekülen ihre Positionen ändern. Dies erfolgt in Einzelschritten auf einer Pico- bis Femtosekundenzeitskala. Eine solche Veränderung erfordert gleichzeitig Veränderungen in den Elektronen, die die chemischen Bindungen ausmachen. Dies erfolgt auf einer noch weit kürzeren Zeitskala und ist Thema einer zukünftigen Attochemie. Wir stehen gegenwärtig an der Schwelle zu einer solchen „neuen“ Chemie mit Attosekundenlaserbeobachtung (Attosekunden, as = 10-18 Sekunden) der Elektronendynamik in Molekülen und Supermolekülen. Der folgende Bericht beschränkt sich jedoch darauf, einige direkte Beobachtungen molekularer Veränderungen in Echtzeit durch gezielte Anregung von Molekülschwingungen mit fs-Laseranregung im infraroten Spektralbereich zu diskutieren.
Was also muss man tun, um chemische Reaktionen durch gezielte Anregung von Schwingungen in den betreffenden Molekülen anzutreiben, und was lernt man dabei?
Vibrations drive chemical reactions. Dies ist korrekt, denn Chemie ist Kernbewegung in Molekülen. Ergänzend muss man allerdings zwei Punkte hinzufügen. Es sind immer mehrere Schwingungsmoden, die gemeinsam eine Reaktion antreiben, um zum Produkt zu kommen. Und weiterhin: Die Energie eines einzelnen Infrarot-Quantums ist als Schwingungsanregung zu gering, um – für sich genommen – eine Reaktion in Gang zu setzen. Es bedarf mehrerer Quanten in einer einzelnen Schwingungsmode, typisch sind 5-6 Infrarotquanten notwendig. Das heißt, dass Laserchemie immer Multiphotonenchemie ist, und dass man sich mit den mit der Multiphotonenanregung verbundenen experimentellen Problemen auseinandersetzen muss. Eine aussichtsreiche Laserchemie erfordert wenigstens eine ausreichende Quantenenergie in zwei Schwingungsmoden (den sog. reaktionsrelevanten Moden) des reaktiven Molekülsystems – oft jedoch auch in weiteren Moden. Da die reaktionsrelevanten Moden auch kooperieren – sich gegenseitig verstärken - müssen, sollten sie korreliert in Phase und Amplitude sein.
Es ist nicht selbstverständlich dass statistische chemische Systeme in ihrem dynamischen Verhalten diese Forderungen erfüllen können. Es gibt jedoch solche Reaktionen durch gezielte Laser-Molekül-Wechselwirkung, bei denen eine Laser-Molekül-Kooperation und –Kontrolle möglich ist. Welche Anforderungen stellen sich an das molekulare Reaktionssystem und an den Laser?
Moleküle sind Quantensysteme, ebenso wie auch Laser. Es liegt daher nahe, an Synergie-Effekte bei der Durchführung chemischer und biochemischer Reaktionen mit Lasern zu denken, bei denen sich die äußerst hochwertige und sozusagen „plastische“ Laserenergie dem im Laufe einer Reaktion zeitlich veränderlichen Energiebedarf eines reagierenden Moleküls anpassen soll. Solche Anpassungen könnten ja in der Tat neue Horizonte für die Durchführung chemischer Reaktionen eröffnen, neue Wege erschließen, reinere Produkte liefern, neue Methoden der Analyse und Diagnostik bereitstellen. Das ist abhängig von vielen Voraussetzungen. Man wünscht sich dazu eine mehrfache kooperative Wechselwirkung, einen wiederholten Energieaustausch zwischen Laser und Molekül. Und es ist daher wichtig, dass die beiden „Kooperationspartner“ auf gleichen Zeitskalen arbeiten können. Dies ist nicht selbstverständlich, es ist die erste zu klärende Frage. Gibt es die Möglichkeit einer zeitgleichen Interaktion? Lässt sich die Zeitskala des Lasers der Zeitskala des Moleküls anpassen?
Wie gesagt, chemische Reaktionen erfolgen auf der Zeitskala von Atombewegungen in Molekülen, d.h. im fs-Bereich. Allerdings: Die Zwischenstände der molekularen Entwicklung werden oft durch starke Kopplungen (IVR) verändert. Dies ist nur im Ultrakurzzeitbereich zu unterbinden, wo die reaktiven Zeitskalen gegen die Zeitskalen der Relaxation gewinnen. Im Reaktionsablauf können sich dann ultraschnelle Schaltprozesse des molekularen Quantensystems entwickeln.
Wie man erkennt, sind beide Bewegungen – Laser und Molekül – sehr schnell, sie erfolgen im Bereich von Femtosekunden (fs = 10-15 Sekunden) oder in noch kürzeren Zeiten (Attosekunden, as = 10-18 Sekunden). Das sind unglaublich kurze Zeiten. Dennoch: Moleküle „atmen“ in dieser Zeit, es ist ihr „Metabolismus“ der in dieser Zeit funktioniert, d.h. eingespeiste Energie verwertet, sie bewegen ihr Gerüst und ihre Bindungen, was dann ihrerseits die Voraussetzung für Strukturveränderungen (Reaktionen) ist. Sie tun dies im Verlauf einer Reaktion mehrfach (i.e. sie durchlaufen mehrere Zwischenzustände), und somit ergibt sich die Forderung an den Laser, dessen Energie die Reaktion treibt, „mitzulaufen“, um dieser Forderung gerecht zu werden. Es handelt sich dabei um Festkörperlaser – meist enthalten Sie als aktives Verstärkermaterial Titan-dotierte Saphirkristalle – und sie sind in einem langen technologischen Entwicklungsprozess über etwa 20 Jahre zu ihrer heutigen Leistungsfähigkeit als fs-Laser bei Wellenlängen vom infraroten bis zum ultravioletten Spektralbereich hochgezüchtet worden. Sie erlauben eine Zeitauflösung ihrer ultrakurzen Pulse und Eigenschaften, die eine Anpassung an die molekularen Zeiten erfordert. Die kurzen Zeiten erlauben nicht nur Aufnahmen des molekularen Geschehens in Zeitlupe, sondern sogar im bewegungslosen, d.h. eingefrorenen Zustand. Wie ist demgegenüber die Zeitskala der Einwirkung auf das reagierende System durch den Laser, die Zeit einer möglichen Lenkung und Steuerung, der „Zugriff auf Geburt und Tod“ eines Moleküls? Darum drehen sich die Ergebnisse, die im folgenden mitgeteilt werden. Die Erläuterung erfordert jedoch noch mehr Hintergrund, sowohl, was den Laser, wie auch was die Chemie betrifft. Dies wollen wir deswegen vorausschicken.
Vibrations drive chemical reactions. Dies ist eine Standard-Einsicht der Chemie. Aber welche Schwingungen sind wichtig? Und wie viele? Und welche Rolle spielen die Elektronen im Wechselspiel mit den Schwingungen? Die überwiegende Zahl von Reaktionen wird durch direkte Schwingungsanregung eingeleitet, d.h. geschieht im elektronischen Grundzustand. Wie viele Schwingungsmoden?
In vielen Reaktionen ist die Anzahl der wirklich schwingungsrelevanten Moden nicht sehr groß, selten über vier, häufig weniger. Es gehört daher zu den wichtigen Entdeckungen des letzten Jahrzehnts, dass die Anzahl der so genannten „reaktionsrelevanten“ Schwingungen häufig nicht sehr groß ist. Dennoch sind es grundsätzlich immer mehrere Moden und somit auch mehrere Laserwellenlängen. In dem einfachsten möglichen Modellansatz einer chemischen Reaktion könnte man sich nur eine Schwingungsmode vorstellen, die zur Reaktion führt. Dies würde für die Dissoziation eines zweiatomigen Moleküls zutreffen. Zwei reaktionsrelevante Schwingungskoordinaten, deren Anregung eine Reaktion treibt, wären für die Dissoziation eines dreiatomigen Moleküls entlang zweier Koordinaten notwendig, könnten aber auch eine Reaktion in einem komplexeren, mehratomigen System beschreiben, in dem es nur auf zwei Koordinaten ankommt. Das ist in einem Beispiel in Abbildung 1 erläutert.
Dabei gibt es eine experimentelle Randbedingung, die zu beachten ist. Damit die Anregung der Schwingungen effektiv geschehen kann, werden hinreichend große Übergangsdipolmomente für die betreffenden Übergänge benötigt. Dies ist im infraroten Spektralbereich häufig ein Problem, das die Molekülauswahl für Reaktionen, mit denen man eine Laserchemie testen kann, beschränkt, und in der Praxis manchmal zu Umwegen bei der Anregung zwingt.
Wie viel Energie geben wir einem Molekül bei der Infrarot-Laseranregung in einer einzigen reaktionsrelevanten Mode? Die Energie eines Infrarot-Photons beträgt nur einige zehntel Elektronenvolt. Die Energie eines einzelnen IR- Photons reicht somit nicht, um eine chemische Reaktion in Gang zu setzen. Dazu sind meist etwa ein halbes Dutzend Photonen, entsprechend einer Gesamtenergie von mehreren Elektronenvolt – akkumuliert in der Bindung, die man aufbrechen oder verändern möchte – erforderlich. Chemie unter diesen Bedingungen ist also immer Mehrphotonenchemie. Dies bedeutet, in den reaktionsrelevanten Moden müssen sich mehrere Schwingungsquanten ansammeln, damit chemisch etwas passiert. Damit dann tatsächlich eine Reaktion erfolgt, müssen allerdings zusätzlich mehrere dieser hochangeregten Moden kooperieren. Dies erfordert ein hohes Maß an Kontrolle von Seiten des Experimentators. Hier gewinnt die sog. kohärente Kontrolle ihre Bedeutung (s.u.).
Moleküle sind stark gekoppelte Systeme. Ihre Energieverteilung ist zeitlich stark veränderlich. Relaxations-Phänomene bestimmen die aktuelle Energieverteilung oft stärker als die Anfangspräparation der reaktiven Zustände. Nur durch sehr kurze Zeiten kann man dies unterbieten. Deswegen ist hier die Femtochemie so besonders wichtig. In der traditionellen Chemie ist demgegenüber die Energieverteilung in den reagierende Molekülen durch statistische Verteilungen beschrieben. Nur bei den sehr kurzen Zeiten der Femtochemie darf man erwarten, dass die Relaxation durch intramolekulare Schwingungsenergiekopplung (IVR) noch nicht eingesetzt hat oder jedenfalls noch nicht dominiert. Femtochemie ist also eine Chemie weit außerhalb des statistischen Gleichgewichtes. Sie benutzt für chemische Reaktionen nur die wenigen durch den Laserpuls direkt angeregten Zustände, sie geht somit sparsam mit der verfügbaren Energie um, und sie versucht, die durch den Laser eingespeiste Energie möglichst direkt zu nutzen. Dazu gehört auch, dass der Laser diese Aufgabe erfüllen kann. Wie er das tut, wird nachstehend noch genauer erläutert.
Fassen wir zusammen. Wir legen ein sehr einfaches Modell einer chemischen Reaktion zugrunde, das Modell einer zweidimensionalen Reaktion, z.B. einer Dissoziation, Fragmentierung oder Eliminierung. Dies erfordert nur zwei gekoppelte Schwingungsfreiheitsgrade, die möglicherweise durch einen einzigen Laser getrieben werden können. In den beiden Schwingungsfreiheitsgraden befinden sich variable, aber kontrollierte Zahlen von Infrarot-Schwingungsquanten. Der Energieinhalt der Moden, sowie die Kopplung zwischen den Moden ist kontrollierbar. Der Reaktionserfolg besteht in der kontrollierten Moden-Kopplung im relevanten Energiebereich. Wie können wir diese Kontrolle ausüben?
Quantenkontrolle mit fs-Lasern ist ein altes Thema, das in der hier verwendeten Form von Judson und Rabitz 1988 eingeführt wurde. Abbildung 2 zeigt die verschiedenen Funktionen. Der grundsätzliche Auftrag ist die implizite Einführung der Phase in laser-getriebenen chemischen Reaktionen. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass der Aufbau von Population durch konstruktive Interferenz in reaktiv wechselwirkenden chemischen Systemen, ihr Abbau durch destruktive Quanteninterferenz erfolgt. Dies ist aus Gründen einer rasch einsetzenden Dekohärenz/Relaxation nur bei ultrakurzen Zeiten möglich. In dem hier benutzten Konzept sind die Einzel-Quantenzustände allerdings nicht genau benannt, ihr Einfluss wird lediglich durch die Laser-Puls-Form indirekt beschrieben und durch eine empirische Regelschleife angepasst.
Wir haben diese Vorstellungen in einem Benchmark-Experiment mit Erfolg getestet. Dieser Test sollte eine Reaktion im elektronischen Grundzustand umfassen und möglichst wenige verschiedene Anregungsmoden, d.h. nur wenige, alles entscheidende Schwingungsmoden erfordern (in Nachfolge-Experimenten wird gegenwärtig versucht, zwei korrelierte Schwingungsmoden im infraroten Spektralbereich anzuregen und wechselweise zu verfolgen und zu kontrollieren). Dies ist das einfachste denkbare Modell einer Grundzustandreaktion: Nur zwei reaktionsrelevante Moden, die (unter Einbeziehung kohärenter Laserkontrolle) miteinander kooperieren. Damit ein solches Modell funktioniert, sind drei Randbedingungen zu erfüllen.
(1) Das reaktive System muss insoweit hinreichend anregbar sein, dass das Übergangsdipolmoment der reaktionsrelevanten Mode für die verfügbare Laserenergie ausreicht. Das ist nicht trivial und schränkt die Molekülauswahl ein, denn die Absorption in Infrarot-Übergängen ist gewöhnlich nur schwach.
- (2) Darüber hinaus reicht ein einziges IR-Photon mit seiner Energie von allenfalls 0.3 eV (im mittleren Infrarot) nicht aus, um eine Reaktion zu bewirken. Mehrphotonenanregung (MPE) ist erforderlich. Mehrphotonenanregung ist eine grundsätzliche Forderung, die für alle Grundzustandsreaktionen gilt (wenn sich freilich die Anregungsenergie für die Reaktion auf mehrere Schwingungsfreiheitsgrade verteilen kann, reduziert sich die Forderung der Energieakkumulation in einer einzigen Mode, obwohl der Grundsatz natürlich bestehen bleibt).
- (3) Multiphotonenanregung bringt Probleme mit sich, da die Energielokalisierung in einer einzigen Mode mit zunehmender Energie immer schwieriger wird. Chemische Reaktionen sind stark gekoppelte Systeme. Die Energie, die man deponiert, bleibt immer nur für kurze Zeiten lokal. Die dann erfolgende Energieumverteilung unterliegt ihren eigenen Gesetzen, und sie kann für eine Reaktion sowohl hinderlich wie förderlich sein. Im Quantenbereich hängt es von destruktiver oder konstruktiver Interferenz ab, ob die Reaktion verstärkt oder verhindert wird. Das ist der Sinn der sog. kohärenten Kontrolle. (Letztlich wurde die Laserchemie-Gruppe unseres Instituts genau für diesen Zweck gegründet, für den Zweck, die Zusammenhänge einer kohärenten Laseranregung mit der Möglichkeit einer Reaktionslenkung zu verknüpfen).
Zwei Reaktionsbeispiele sollen dies belegen, Dissoziation von Diazomethan (Abb. 1) und von Chromhexacarbonyl (Abb. 3). In beiden Fällen gibt es – wie gefordert – nur wenige reaktionsrelevante Koordinaten, die Moleküle sind gut im mittleren Infrarot oder durch Raman-Streuprozesse anregbar, und der Mechanismus der Reaktionen ist gut verstanden.
Populationskontrolle über Schwingungszustände eines Moleküls im elektronischen Grundzustand lässt sich nicht nur – wie oben geschildert – durch direkte IR-Anregung, sondern auch durch Raman-Streuung erreichen. Dazu wurden Carotenoide mit 9 bis 15 Doppelbindungen ausgewählt. Es zeigte sich, dass wahlweise die Besetzung von drei unterschiedlichen Schwingungsniveaus durch entartete vier-Wellen-Mischung kontrolliert werden kann. Ähnliche Ergebnisse wurden bereits früher für polymere Diacetylen-Verbindungen demonstriert. Die Steuerung von Schwingungszustandsbesetzungen im elektronischen Grundzustand durch Raman-Streuung wurde auch an anderer Stelle für Zwecke einer zukünftigen Informationstechnologie untersucht.
(4) Visionen einer molekularen Informatik und weitere Schlussfolgerungen
Die Abteilung Laserchemie hat seit ihrer Gründung im Jahre 1973 einen langen Weg zurückgelegt, von den chemischen Lasern in den 70er-Jahren über die Multiphotonenchemie der 80er- und ihren Anwendungen, zur Femtochemie der 90er-Jahre und auch zur Quantenkontrolle chemischer Prozesse mit einer „digitalen“ Chemie im Femtosekundenbereich in den letzten Jahren. Die Zukunft der Laserchemie wird allgemein gesehen in der „Attochemie“ der few-cycle-as-Laser und in der weiteren Anwendung der Laser-Quantenkontrolle.
Quantenmechanik kann benutzt werden, um Information zu verarbeiten und zu übertragen. Moleküle und Laser sind Quantensysteme. In dieser Verbindung ist ihre Eignung als materielle Basis für die Informationstechnologie daher – auch im Vergleich zu anderen, konkurrierenden, Konzepten - von prinzipiellem Interesse. Die Laserchemie geht aus von einem Netzwerk von molekularen Quantenzuständen, die – gesteuert von einem Laser-Kontrollfeld, ebenso wie von ihrer Eigendynamik – zeitlich variabel in Amplitude und Phase – in unterschiedlicher Weise (in verschiedenen Reaktionswegen) durchlaufen werden können. Dies besitzt Interesse als Verbindung von molekularer Dynamik und Logik, aber auch von molekularer Elektronik und molekularer Schaltertechnologie.
Es gibt darüber hinaus den sehr wichtigen und umfassenden Hintergrund der Photobiologie, der Nutzen und Schaden von Licht bei biologischen Systemen umfasst. Denn Licht ist ein notwendiges Ingredienz biologischen Lebens aber auch eine Gefahr. Dabei geht es sowohl um Photoresistenz biologischer Materie wie auch um die Verwertung von Licht für Signalverarbeitung, für Wachstum und Photosynthese. Die Biologie versteht es, nach Bedarf sowohl positiven wie auch negativen Gebrauch von Licht zu machen. In all diesen Prozessen spielen notwendigerweise ultraschnelle Reaktionen eine große Rolle, deren Verständnis nicht vollständig entwickelt ist. Hier gibt es zweifellos noch vieles zu entdecken.