Savannen bringen die Kohlenstoffbilanz ins Schwanken

Veränderungen in der Kohlendioxid-Menge, die halbtrockene Ökosysteme aufnehmen, verursachen das Auf und Ab im globalen Kohlenstoff-Haushalt

23. Mai 2015

Wie Wälder, Savannen, Grasland und andere Landökosysteme den Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre beeinflussen, wird jetzt klarer. Biogeowissenschaftler wissen bereits, dass die Vegetation an Land seit über 50 Jahren mehr Kohlendioxid (CO2) aus der Atmosphäre aufnimmt, als sie wieder abgibt. Ändert sich diese Funktion als Kohlenstoff-Senke, wirkt sich dies auch auf den CO2-Gehalt der Atmosphäre und den Klimawandel aus. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie haben nun zusammen mit internationalen Kollegen die Beiträge verschiedener Ökosysteme zum globalen Kohlendioxid-Haushalt untersucht: Demnach bestimmen Waldökosysteme, wie viel Kohlendioxid die Vegetation an Land insgesamt aufnimmt. Dagegen schwankt die Kohlendioxidmenge, die Landvegetation bindet, von Jahr zu Jahr vor allem deshalb, weil halbtrockene Ökosysteme wie Savannen und Buschland mal mehr, mal weniger von dem Treibhausgas in Biomasse umwandeln. Die Forscher zeigen damit auch erstmals, wie wichtig regionale Variationen des Niederschlags für die CO2-Aufnahme der Savannen sowie des Buschlands und für den globalen Kohlenstoffkreislauf sind.

Forscher betrachten die Erde heute als ein komplexes System, in dem das Klima eng mit den globalen Kreisläufen diverser Stoffe, aber vor allem dem Kohlenstoffhaushalt der Erde verzahnt ist. Sie möchten unter anderem erklären und vorhersagen, wie stark die Menge an Kohlendioxid (CO2) in der Atmosphäre durch die Aktivitäten des Menschen künftig zunehmen wird und wie sich dies auf den Klimawandel auswirkt. Gebremst wird der stetige Anstieg des CO2-Gehalts in der Luft immerhin durch die Vegetation an Land. Denn die Pflanzen in Landökosystemen betreiben wegen der höheren CO2-Konzentration in der Luft verstärkt Photosynthese. So binden Vegetation und Böden mehr Kohlendioxid in Form von Biomasse, als sie durch die Zellatmung wieder abgeben. Zwar setzen auch Feuer und andere seltene Extremereignisse Kohlendioxid frei, sie sind weltweit und langfristig betrachtet aber von untergeordneter Bedeutung. Landökosysteme wirken unterm Strich mithin als sogenannte Kohlenstoffsenken. Berechnungen zufolge bindet die Landvegetation im langfristigen Mittel dadurch etwa ein Viertel der vom Menschen verursachten CO2-Emissionen und schützt so das Klima.

Allerdings ändern sich die Mengen Kohlenstoff, die terrestrische Ökosysteme aus der Luft aufnehmen beziehungsweise in sie abgeben, von Jahr zu Jahr. Diese Schwankungen in den Kohlenstoff-Flüssen sind der wesentliche Grund, warum die CO2-Konzentration in der Atmosphäre vor allem durch die Verbrennung fossiler Energieträger in manchen Jahren deutlich stärker zunimmt als in anderen. Doch wie genau entstehen die jährlichen Abweichungen, welche Ökosysteme tragen hierzu am meisten bei? Handelt es sich dabei um dieselben Ökosysteme, die das Gros des in der Vegetation zusätzlich gebundenen Kohlendioxids aufnehmen, seit der Mensch massiv Kohle, Öl und Gas verfeuert?

Savannen und Buschland sorgen für Überraschung bei Biogeoforschern

Frühere Bestandsaufnahmen deuten darauf hin, dass wahrscheinlich Wälder der Tropen und der gemäßigten Zonen den Großteil des Kohlenstoffs, den die Landvegetation seit Beginn der Industrialisierung aufnahm, gespeichert haben. Um diese Frage genauer zu beantworten sowie zwischen den Beiträgen klimatisch sowie regional unterschiedlicher Ökosysteme zu differenzieren, stellte ein internationales Forscherteam zusammen mit Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie in Jena neue Berechnungen an: Mithilfe verschiedener globaler Ökosystemmodelle und gemessener atmosphärischer CO2-Daten haben die Kooperationspartner zunächst analysiert, in welchen Regionen die Vegetation in den vergangene 30 Jahren mehr und in welchen sie weniger  CO2 aus der Luft aufgenommen hat.  Nachdem die Forscher den Regionen mit unterschiedlicher CO2-Bilanz verschiedene Vegetationsklassen wie etwa tropische Wälder oder Savannen zugeordnet hatten, ergab sich zunächst ein erwarteter Befund: „Waldökosysteme, also tropische Regenwälder wie auch die Wälder in unseren Breiten, machen den größten Anteil der gesamten CO2-Aufnahme in die Landökosysteme aus“, sagt Sönke Zaehle, Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für Biogeochemie und einer der Autoren der Studie.

Die Forscher kamen jedoch auch zu einer überraschenden Erkenntnis: Die jährlichen Schwankungen in der Kohlenstoff-Menge, die Landökosysteme weltweit aufnehmen, sind vorwiegend darauf zurückzuführen, dass die halbtrockene Ökosysteme, also Savannen und Buschland, in manchen Jahren deutlich mehr Kohlendioxid binden als in aneren. „Obwohl sie nur ein Fünftel zur Kohlenstoffsenke der Landvegetation beitragen, sind Savannen und Buschland in etwa für die Hälfte der jährlichen Schwankungen der Kohlenstoffbilanz der Landökosysteme verantwortlich“, sagt Markus Reichstein, Direktor am Max-Planck-Institut für Biogeochemie.  Ausschlaggebend hierfür ist, dass die CO2-Menge, die Pflanzen durch die Photosynthese fixieren, gerade in halbtrockenen Gebieten stark davon abhängt, wie viel Niederschlag es gibt.

Den neuen Erkenntnisse zufolge tragen Savannen und Buschland-Regionen also entscheidend zum Auf und Ab in der globalen Kohlendioxid-Bilanz bei; wissenschaftlich sind sie bisher aber wenig untersucht. Der Koautor Benjamin Smith, Professor für Ökosystemwissenschaften an der Lund Universität, Schweden, zieht daraus folgenden Schluss: Die Studie zeige eindeutig, wie wichtig es ist, die Aufmerksamkeit der Biogeoforschung auf Savannen und andere klimatisch eher trockene Ökosysteme zu richten. Sie seien charakteristisch für Landschaften einiger ärmerer Länder der Erde und seien in klimapolitischen Diskussionen bisher weitgehend vernachlässigt.

MPIBGC/PH

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