Vorschlag zur Einstufung neuer Methoden in der Pflanzenzucht

CRISPR/Cas9 ist eine neue Methode, um Gene zielgerichtet zu verändern. Sie gehört mit anderen Methoden zur Technik des sogenannten Genom-Editings. Im Moment wird das Genom-Editing zwar hauptsächlich im Zusammenhang mit medizinischen Anwendungen diskutiert, aber seine Anwendung ist auch für die Pflanzenzüchtung vielversprechend. Wissenschaftler aus China, den USA und Deutschland, unter ihnen Detlef Weigel vom Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie in Tübingen, haben jetzt einen regulatorischen Rahmen für das Genom-Editing bei Pflanzen vorgeschlagen.

Beim Genom-Editing kann das Erbgut sehr präzise verändert werden. Oftmals wird nur eine einzige Base, also ein Buchstabe, im Erbgut ersetzt oder gelöscht. Solche spontanen Mutationen passieren in der Natur laufend. Nachdem die Mutation oder das Genom-Editing stattgefunden haben, sind die Konsequenzen nicht unterscheidbar. Dies liegt nicht an methodischen Unzulänglichkeiten, sondern daran, dass es tatsächlich keine physischen, chemischen oder biologischen Unterschiede gibt. Nach dem deutschen Gentechnikgesetz werden die Organismen als gentechnisch verändert eingestuft, deren „genetisches Material so verändert worden ist, wie es auf natürliche Weise durch Kreuzen und/oder natürliche Rekombination nicht möglich ist“. Daher gebe es keinen Grund, Genom-editierte Pflanzen als gentechnisch veränderte Organismen zu bewerten, so Detlef Weigel. Die Änderungen, die durch das Genom-Editing erfolgt sind, sollten jedoch analysiert und dokumentiert werden, und es sollte sichergestellt werden, dass keine Reste von eventuell vorher eingeführter Fremd-DNA im Erbgut verbleiben. Ansonsten sollten so veränderte Pflanzen keinen strengeren Regeln unterliegen als konventionell gezüchtete.

Das Ziel der Pflanzenzüchtung ist, vorteilhafte Eigenschaften ständig zu verbessern, so dass unsere Nutzpflanzen widerstandsfähiger gegen Pilzbefall werden, nicht zu stark unter Dürre leiden oder mit weniger Kunstdünger auskommen. Das kann man zum einen erreichen, indem man Sorten mit unterschiedlichen vorteilhaften Eigenschaften kreuzt. Alternativ kommen Chemikalien oder Strahlung zum Einsatz, die zufällig im Erbgut verteilte Mutationen auslösen. Leider sind bei beiden Verfahren viele Nachkommen nicht besser oder sogar schlechter als die Eltern, und das Auffinden von vielversprechenden Individuen ist oft sehr langwierig und aufwändig. Beide Verfahren gehören zum Standardwerkzeug der konventionellen Züchtung, deren Produkte ohne Zulassung vermarktet werden dürfen.

Präzisere Eingriffe möglich

In den letzten Jahren war es bereits möglich, mit gentechnischen Methoden neue Gene in die Pflanzen einzubringen. Das konnten Gene von anderen Pflanzenarten, aber auch aus gänzlich anderen Organismen wie Bakterien sein. Ein Nachteil dieser Verfahren ist bis heute, dass nicht kontrolliert werden kann, wo die neuen Gene im Erbgut landen. Deshalb müssen viele Kandidaten durchmustert werden, bis man eine Pflanze mit den gewünschten Eigenschaften hat.

Im Zusammenhang mit dem Genom-Editing werden oft Metaphern wie Genom-Chirurgie oder genetisches Skalpell verwendet. „Die herkömmliche Gentechnik bei Pflanzen kann man mit einer Herzoperation unter Öffnung des gesamten Brustkorbs vergleichen“, veranschaulicht Weigel, während das Genom-Editing einem minimal-invasiven Eingriff entspräche. Denn beim Genom-Editing könne ganz genau bestimmt werden, an welcher Stelle im Erbgut eine Veränderung stattfinden soll. Man kann daher mit dieser Methode auch sehr präzise Gene einer Art durch Gene von anderen Sorten oder nahen Verwandten ersetzen. Das ist auch ein Ziel von konventioneller Züchtung. Genom-Editing ist damit ein Weg, dieselben Veränderungen zu erzielen wie konventionelle Züchtung, allerdings sehr viel schneller.

Gleichbehandlung von Genom-editierten und klassisch gezüchteten Pflanzen

Die Wissenschaftler setzen sich aus diesen Gründen bei der Entwicklung und Zulassung von Genom-editierten Pflanzen für folgendes Vorgehen ein: Erstens sollte  während der Entwicklungsphase das Risiko einer Ausbreitung im Freiland minimiert werden. Zweitens sollten die entstandenen DNA-Veränderungen exakt dokumentiert werden. Drittens sei zu beachten, dass bei vielen CRISPR/Cas9 Verfahren zuerst Fremd-DNA in die Zelle eingeschleust werden muss; trifft dies zu, soll belegt werden, dass diese Fremd-DNA in der zuzulassenden Sorte spurlos entfernt wurde. Wurde ein Gen durch das einer anderen Art ersetzt, sollte weiterhin angegeben werden, wie nahe die Arten verwandt sind. Sind die Arten nur entfernt verwandt, müsste im Einzelfall geprüft werden, ob weitergehende Untersuchungen nötig sind. Bei der Zulassung neuer Sorten sollen diese Punkte genau festgehalten werden. Abgesehen davon sollten so erzeugte Pflanzen wie konventionelle Züchtungen behandelt werden.

Die Europäische Union hat noch keine abschließende Bewertung getroffen, aber in Deutschland und Schweden haben die zuständigen Behörden bestimmte Genom-editierte Sorten bereits den Produkten konventioneller Züchtung gleichgestellt. „Ein wichtiges Ziel der Züchtung ist, die Versorgung mit Agrarprodukten nachhaltiger zu machen. Genom-Editing kann zum Beispiel helfen, Pflanzen zu züchten, die sich auch ohne chemische Pestizide gegen Pilzbefall wehren können. Diese Möglichkeit sollten wir uns nicht vorenthalten“, so Weigel.

IW/HR

 

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