Nervenzellen "unterhalten sich" mithilfe von so genannten Synapsen, wobei Veränderungen dieser Synapsen der langfristigen Informationsspeicherung im Nervensystem zu dienen scheinen. Die Nachwuchsgruppe "Neuroplastizität" am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie beschäftigt sich mit den zellulären und molekularen Mechanismen, die der Etablierung und der plastischen Umgestaltung von Synapsen zu Grunde liegen. Als Modellsystem dienen die neuromuskulären Synapsen der Fruchtfliege Drosophila, wobei die bekannten genetischen Ansätze mit elektrophysiologischen Messungen kombiniert werden. Darüber hinaus haben die Wissenschaftler um Stephan Sigrist Protokolle entwickelt, die es erlauben, identifizierte Synapsen über mehrere Tage im intakten Tier (in vivo)zu verfolgen. Besonderes Interesse gilt hierbei den synaptischen Glutamatrezeptoren, die das von der vorgeschalteten präsynaptischen Zelle kommende Signal übertragen. Es zeigt sich, dass sich neue Glutamatrezeptor-Felder ausschließlich de novo ausbilden und dann innerhalb von etwa 24 Stunden zu ihrer endgültigen Größe heranwachsen. Die Mobilität der Glutamatrezeptoren während der Ausbildung einzelner Rezeptorfelder wurde in Bleichexperimenten und vermittels Photo-Aktivierung in vivo vermessen. Während reife Rezeptorfelder aufgrund geringen Ein- und Austritts von Rezeptoren stabil sind, kontrolliert der "Import"von Glutamatrezeptoren direkt das Wachstum der Rezeptorfelder. In Übereinstimmung hiermit finden die Wissenschaftler, dass Glutamatrezeptoren - unabhängig von ihrer Funktion als Ionenkanäle - direkt für den Aufbau der postsynaptischen Strukturen benötigt werden. Die Interaktion zwischen prä- und postsynaptischer Seite während der synaptischen Etablierung wird zurzeit durch In-vivo-Bildgebung untersucht. Überraschenderweise finden die Forscher hier, dass das "Drosophila-Grip-Homologe", potenzieller Bindungspartner von Glutmatrezeptoren, auch den Prozess der muskulären Wegfindung kontrolliert.
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