Forschungsbericht 2023 - Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern

Wie man das Betriebsklima verbessern kann 

How to improve workplace climate

Autoren
Matthias Sutter
Abteilungen

Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern, Bonn

Zusammenfassung
Toxische Beziehungen am Arbeitsplatz, die durch unsoziales und unethisches Verhalten gekennzeichnet sind, haben erhebliche negative Auswirkungen auf das Wohlbefinden der Mitarbeiter. Wir stellen ein Feldexperiment vor, in dem wir mit einem innovativen Trainingsprogramm zur Verbesserung des Betriebsklimas und zu einer Reduktion der Mitarbeiterfluktuation beitragen konnten. Die verbesserten Beziehungen zwischen Führungskräften und Teammitgliedern scheinen eine Schlüsselrolle bei der Erklärung der positiven Auswirkungen des Programms auf das Betriebsklima zu spielen.
Summary
Toxic workplace relationships, characterised by antisocial and unethical behaviour, have a significant negative impact on employee well-being. We present a field experiment in which we were able to help improve workplace climate and reduce employee turnover through an innovative training programme. The improved relationships between managers and team members seem to play a key role in explaining the positive effects of the programme on the work climate.

Die Förderung eines positiven Betriebsklimas ist entscheidend für die Motivation, das Engagement und die Bindung von Mitarbeitern in einem Unternehmen. Obwohl sich diese Zusammenhänge intuitiv ergeben, sind Arbeitsplätze mit toxischem Beziehungsklima allgegenwärtig. In vielen Unternehmen sind toxische Beziehungen zur Hauptursache für Burnout und Kündigung von Mitarbeitern geworden. Dabei kündigen Mitarbeiter mehrheitlich wegen ihrer Führungskraft, nicht wegen des Unternehmens an sich.

Toxizität am Arbeitsplatz wird mit antisozialen Verhaltensweisen wie Mobbing, Tratsch und dem häufigen Gebrauch von respektloser und herablassender Sprache in Verbindung gebracht. Wenn Führungskräfte ein solches Verhalten annehmen, kann es schnell zur Norm am Arbeitsplatz werden. In einer im Jahr 2023 erschienenen Arbeit [1] haben wir die Evaluierung eines innovativen Schulungsprogramms durchgeführt, das darauf abzielt, toxische Beziehungsdynamiken in Unternehmen zu beseitigen. Das Schulungsprogramm wurde 3.000 Angestellten in 20 großen Unternehmen in der Türkei aus sechs großen Branchen angeboten: Energie, Chemie, Verteidigung, Finanzen, Bauwesen und Textilien. Von diesen 20 Unternehmen wurden zehn zufällig ausgewählt, die zuerst an der Schulung teilnahmen, sodass wir die kausalen Auswirkungen des Programms auf die Beziehungsatmosphäre in den Unternehmen bewerten konnten.

Messung des Arbeitsklimas

Wir verwenden vier Messinstrumente für das Betriebsklima:

  • Personaldaten über Mitarbeiterfluktuation
  • Laborexperimente zur Messung von pro- und antisozialen Verhaltensweisen, einschließlich der Tendenz zu toxischem Wettbewerb
  • Umfragen über das Betriebsklima
    Dabei messen wir fünf Dimensionen: Zufriedenheit am Arbeitsplatz, Wahrnehmung der Werte innerhalb des Unternehmens, Kollegialität, Verhaltensnormen und präskriptive Normen.
  •  Berufliche Netzwerke

Wir ermitteln die beruflichen Netzwerke im Unternehmen, indem die Mitarbeitenden höchstens drei Kollegen und Kolleginnen benennen sollten, von denen sie berufliche Unterstützung erhalten. Anhand dieser Informationen können wir die sozialen Netzwerke und die Bindung an die Führungskraft messen.

Ein Programm zur Verbesserung des Arbeitsklimas

Für die Umsetzung des Schulungsprogramms haben wir uns mit einem Beratungsunternehmen zusammengetan, das von ehemaligen Unternehmensfachleuten gegründet wurde, die sich für die Beseitigung eines toxischen Betriebsklimas einsetzen. Der Inhalt des Schulungsprogramms konzentrierte sich auf die Vorteile sozialen Verhaltens am Arbeitsplatz und die Bedeutung einer professionellen Kommunikation. Daher stand das Schulungsprogramm zwar allen Mitarbeitenden offen, doch wurden die Führungskräfte besonders zur Teilnahme ermutigt.

Das Schulungsprogramm bestand aus zwei Phasen: aus Online-Workshops und einer Projektentwicklungsphase. Die Workshops in der ersten Phase befassten sich vor allem mit den Themen respektvolle Kommunikation, Verständnis für die Standpunkte der anderen und Toleranz gegenüber anderen Meinungen. Die Sitzungen, die mit innovativen Mitteln wie kreativem Theater und Rollenspielen gestaltet wurden, waren sehr interaktiv.

In der zweiten Phase wurden die Teilnehmenden aufgefordert, Projekte zur Verbesserung der Kommunikation und der Beziehungskultur in ihren Unternehmen zu entwickeln. Nach acht Wochen präsentierten die Teams ihre Projekte der oberen Führungsebene und setzten sie in die Praxis um.

Ergebnisse

Es lassen sich signifikante positive Auswirkungen des Schulungsprogramms auf die meisten der von uns betrachteten Ergebnisse nachweisen. Wir stellen fest, dass insbesondere auf der Führungsebene die Mitarbeiterfluktuation in den Unternehmen mit dem Schulungsprogramm niedriger ist als in der Kontrollgruppe von Unternehmen ohne Programm.

Mitarbeitende in den Unternehmen mit dem Programm zeigen weniger unsoziale Tendenzen am Arbeitsplatz: Sie neigen weniger zu toxischem Wettbewerb und erwidern das Vertrauen ihrer Kollegen und Kolleginnen großzügiger als die Mitarbeitenden in den Kontrollunternehmen. Die positiven Auswirkungen auf das prosoziale Verhalten gehen mit Verbesserungen bei der Zufriedenheit am Arbeitsplatz, den wahrgenommenen Werten im Unternehmen und der Kollegialität in der Abteilung einher.

Diese Ergebnisse werden durch dichtere und weniger segregierte soziale Netzwerke in den Unternehmen mit dem Programm ergänzt. Ein erschreckend hoher Anteil von 13 % der Beschäftigten in den Kontrollfirmen gibt an, dass es ihnen an fachlicher Unterstützung durch ihre Kollegen und Kolleginnen fehlt. Durch das Schulungsprogramm sinkt der Anteil der Beschäftigten, denen es an beruflicher Unterstützung fehlt, auf 8 %.

Ein gesundes Betriebsklima erfordert professionelle und einfühlsame Führungskräfte!

Führungskräfte spielen eine zentrale Rolle in der Beziehungskultur am Arbeitsplatz. Wir können zeigen, dass die positiven Auswirkungen des Trainingsprogramms hauptsächlich auf eine verbesserte Einstellung der Führungskräfte gegenüber den Teammitgliedern zurückzuführen sind. Letztere berichten über eine höhere Qualität der Führung in ihren Unternehmen, insbesondere nehmen sie ihre Führungskräfte als professioneller und einfühlsamer wahr.

Schlussfolgerung

Unsere Studie zeigt, dass ein innovatives Schulungsprogramm toxischen Wettbewerb wirksam reduzieren, prosoziale Handlungen steigern, soziale Netzwerke stärken und die Mitarbeiterfluktuation in Unternehmen senken kann. Unsere Studie unterstreicht die entscheidende Rolle von Prosozialität in alltäglichen Interaktionen und professionellen Beziehungen zwischen Führungskräften und Untergebenen für ein gesundes Betriebsklima in großen Unternehmen.

Literaturhinweise

Sutter, M.
Der menschliche Faktor oder worauf es im Berufsleben ankommt. 55 verhaltensökonomische Erkenntnisse
2. erweiterte Auflage. Hanser Verlag, München (2023)
Alan, S.; Corekcioglu, G.; Sutter, M.
Improving Workplace Climate in Large Corporations: A Clustered Randomized Intervention
Quarterly Journal of Economics 138(1), 151-203 (2023)
 

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