Gequetschter Laser soll Gravitationswellen ans Licht bringen

Dank eines Quantenphänomens messen Detektoren, die Schwingungen der Raum-Zeit nachspüren, um 50 Prozent genauer

11. September 2011

Messen an den Grenzen der Naturgesetze – dieser Herausforderung stellen sich die Forscher bei der Suche nach Gravitationswellen immer wieder. Die hierbei eingesetzten Interferometer etwa messen so empfindlich, dass ein bestimmtes Quantenphänomen des Lichts – das Schrotrauschen – die Messgenauigkeit einschränkt. Mit der Methode des „Squeezed Light“ nutzen Max-Planck- und Uniwissenschaftler aus Hannover im Gegenzug ebenfalls die Quantenphysik, um den störenden Effekt zu beseitigen. Das neuartige Laserlicht erhöht die Messgenauigkeit des Gravitationswellendetektors GEO600 um 50 Prozent und steigert so seine effektive Empfindlichkeit. Damit kommt diese Technologie auch erstmals weltweit außerhalb eines Testlabors zur Anwendung. Die Ergebnisse werden im Fachjournal Nature Physics am 11. September vorab online veröffentlicht.

Rund 50 Jahre nach der Entwicklung des ersten Lasers lässt sich mit der Technologie des gequetschten Lichts („squeezed light“) eine ganz neue Qualität von Laserlicht erzeugen. Das Licht aus einem Quetschlichtlaser strahlt sehr viel ruhiger als solches aus einer herkömmlichen Laserquelle. „Dank des Quetschlichtlasers konnten wir die Messempfindlichkeit von GEO600 auf das 1,5-fache steigern“, sagt Hartmut Grote, der den Detektorbetrieb leitet. „Die neuartige Lichtquelle erfüllt alle Anforderungen wie erwartet.“ In Zukunft ließe sich die Messgenauigkeit mit dieser Technologie sogar verdoppeln. Bei der Suche nach den nur schwer detektierbaren Gravitationswellen ist diese Steigerung der Empfindlichkeit ein wichtiger Schritt zu deren direktem Nachweis.

Mit dem Experiment GEO600 am Exzellenzcluster QUEST (Center for Quantum Engineering and Space-Time Research)sind die Forscher vom Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Teilinstitut Hannover, Albert-Einstein-Institut/AEI) und vom Institut für Gravitationsphysik der Leibniz Universität Hannover innerhalb der internationalen LIGO Virgo Collaboration (LVC) Gravitationswellen auf der Spur. Diese Schwingungen der Raum-Zeit sagte Einstein vor rund einem Jahrhundert in seiner Allgemeinen Relativitätstheorie vorher. Sie entstehen etwa bei turbulenten kosmischen Ereignissen wie Supernova-Explosionen.

Gravitationswellen machen sich auf  der Erde jedoch kaum bemerkbar. Zum einen ist die Wechselwirkung zwischen Materie und Raum sehr schwach. Änderungen im Raum-Zeit-Gefüge, die in unserer nächsten astronomischen Umgebung durch Bewegungen verhältnismäßig massearmer Objekte wie Mond oder Planeten entstehen, liegen weit unterhalb des Messbaren. Turbulente Supernova-Explosionen, die die Raum-Zeit gewaltig durchschütteln, ereignen sich dagegen in großer Entfernung. Die dabei erzeugten Gravitationswellen erreichen die Erde deutlich abgeschwächt. Nur um rund ein Tausendstel eines Protondurchmessers würde sich die relative Messstrecke in einem Gravitationswellen-Detektor ändern, wenn sich eine Supernova innerhalb unserer Milchstraße ereignet. Mit GEO600 sind die Wissenschaftler inzwischen in der Lage, solche Längendifferenzen zu messen.

Laserlicht mit konstanter Intensität

Um so akkurat messen zu können, sind die Physiker auf möglichst störungsfreie Messtechnologien angewiesen. Einer der bisher störenden Effekte ist das sogenannte Schrotrauschen. Aufgrund ihrer Quantennatur prasseln die Photonen in zeitlich ungleichmäßigen Abständen auf die Photodiode im Detektor ein. Im Signal zeigt sich dies als fluktuierende Hintergrundhelligkeit. Eine Schwingung der Raum-Zeit, die eine ähnlich schwache Helligkeitsänderung hervorruft wie das Schrotrauschen, ist daher nur schwer auszumachen.

Roman Schnabel hat nun mit seiner Arbeitsgruppe in Hannover eine spezielle Lichtquelle entwickelt, mit der sich das störende Schrotrauschen eindämmen lässt. Eingebaut in GEO600 verhilft der Quetschlichtlaser dem Gravitationswellendetektor zu neuer Messempfindlichkeit. Damit ist GEO600 der erste Detektor, dessen Signalstrahl mit dem neuartigen Laserlicht geglättet wird.

Nach der Heisenbergschen Unschärferelation sind Intensität und Farbe eines Laserstrahls nicht gleichzeitig beliebig genau definierbar. Je exakter etwa die Intensität (genauer: Amplitude) festgelegt ist, umso unschärfer wird die Farbe (genauer: Phase). Diesen Effekt machen sich die Quantenphysiker zunutze, um das Schrotrauschen in dem GEO600-Experiment zu minimieren. Denn tatsächlich ist das Schrotrauschen nichts weiter als eine Ungenauigkeit der Laserintensität. Sie bereiten das Laserlicht derart auf, dass seine Intensität sehr genau definiert ist, also möglichst keine Schwankungen zeigt. Diesen Vorgang nennen die Fachleute auch „quetschen“. Dass die Lichtfarbe dabei ungenauer, also ein klein wenig „bunter“ wird, ist bei diesem Experiment nicht von Bedeutung, da diese Größe nicht in die Messdaten eingeht.

„Wir speisen das gequetschte Licht jetzt zusätzlich zu unserem normalen Laserlicht in das Interferometer ein“, erklärt Schnabel. „Wenn sich dann beide Lichtfelder überlagern, weist der resultierende Laserstrahl eine deutlich gleichmäßigere Intensität, verglichen mit dem ursprünglichen Signalstrahl, auf. „Auf diese Weise nivellieren wir die quantenphysikalisch bedingten Unregelmäßigkeiten im Detektorsignal“, so Schnabel weiter.

Nach einer längeren Testphase seit April vergangenen Jahres bei GEO600 kommt der Quetschlichtlaser jetzt bei der Suche nach Gravitationswellen zum Einsatz. Damit hat die Technologie des gequetschten Lichts die Feuerprobe in der Anwendung bestanden. Demnächst planen auch die amerikanischen Kollegen innerhalb der LVC, einen Quetschlichtlaser an den LIGO-Detektoren zu testen.

FM / PH

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