Mit Lithium leben Fruchtfliegen länger
Forscher identifizieren Enzyme, die am Alterungsprozess beteiligt sind
Fruchtfliegen leben 16 Prozent länger als der Durchschnitt, wenn ihnen geringe Dosen des Stimmungs-Stabilisierers Lithium gegeben werden, berichtet eine Forschungsgruppe um Linda Partridge, Direktorin am Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns in Köln.
Bislang ist unbekannt, wie Lithium eigentlich wirkt. Die Forscher haben nun ein neues Molekül entdeckt, an dem Wirkstoffe angreifen könnten, um den Alterungsprozess zu verlangsamen – die sogenannte Glykogen Synthase Kinase-3 (GSK-3). „Um unsere Lebensqualität auch im Alter aufrecht zu erhalten und unsere Lebenserwartung zu steigern, müssen wir das Auftreten altersbedingter Krankheiten verzögern. Dafür benötigen wir neue Angriffspunkte für Wirkstoffe. Mit GSK-3 könnten wir neue Wege finden, den Alterungsprozess in Säugern inklusive dem Menschen zu steuern“, erklärt Castillo-Quan, Forscher an der Harvard Medical School.
Die Forscher fanden heraus, dass Lithium das Altern verzögert, indem es GSK-3 blockiert und ein anderes Molekül aktiviert, genannt NRF-2. NRF-2 kommt in Würmern, Fliegen und Säugern vor und schützt Zellen vor Schäden. Nach Ansicht der Wissenschaftler könnte GSK-3 ein Ziel für Medikamente sein, die Altersprozess beeinflussen.
Die Studie zeigt, dass weibliche und männliche Fruchtfliegen länger leben, wenn die Wissenschaftler ihnen im Erwachsenenalter oder im fortgeschrittenen Alter geringe Dosen an Lithium verabreichten. Bei niedrigen Dosen waren nur geringe Nebenwirkungen zu beobachten. Die Fliegen produzierten weiterhin gesunde Nachkommen und ernährten sich normal.
Wirkung hängt von der Dosis ab
Die Forscher gaben 160 erwachsenen Fliegen unterschiedliche Mengen an Lithium und maßen die Lebenszeit der Tiere. Höhere Dosen verkürzten das Leben, während geringere Dosen die Lebenszeit um durchschnittlich 16 Prozent und maximal 18 Prozent verlängerten.
„Wir haben den Effekt an tausenden Fliegen unter verschiedenen Bedingungen gemessen und die Effekte von Lithium und seine lebensverlängernde Wirkung überwacht. Geringe Dosen der Substanz verlängern nicht nur die Lebenszeit, sondern schützen den Körper auch vor Stress und verhindern die Produktion von Fett bei einer Zucker-Diät. Geringe Dosen bewahren außerdem vor der schädlichen Wirkung von toxischen Dosen von Lithium und anderen Substanzen, wie dem Pestizid Paraquat“, erklärt Ko-Autor Bjedov vom UCL Cancer Institut.
Untersuchungsleiterin Linda Partridge, Direktorin am Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns und am UCL Institute of Healthy Ageing in London, sagt: „Wir wollen neue Wege finden in den Alterungsprozess einzugreifen. Langfristig ist unser Ziel, im Alter länger gesund zu bleiben und die Zeit im Alter zu verkürzen, in der wir an körperlichen Verfall und Krankheiten leiden. Das kann durch Diät, genetische Ausstattung und Medikamente erreicht werden. Deswegen versuchen wir neue vielversprechende Wirkstoffziele zu finden. Die Wirkung von geringen Dosen an Lithium ist ein sehr ermutigendes Ergebnis. Unser nächster Schritt ist, GSK-3 in höher entwickelten Organismen zu untersuchen.“
MB/HR