Forschungsbericht 2021 - Max-Planck-Institut für Chemie
Wie der Mensch die Luft in Innenräumen beeinflusst
Menschen verbringen heutzutage viel Zeit in Innenräumen, weswegen die Qualität der Raumluft eine wichtige Rolle für unsere Gesundheit spielt. In Gebäuden sind wir zwar in gewissem Maße vor der Luftverschmutzung von außen geschützt, sind aber stattdessen den im Haushalt erzeugten chemischen Substanzen ausgesetzt. Dies nahmen wir zum Anlass, um die chemische Zusammensetzung menschlicher Emissionen in Innenräumen genauer zu identifizieren und zu beschreiben. Dabei arbeitete unser Forschungsteam des Max-Planck-Instituts für Chemie mit internationalen Kollegen zusammen und führte eine Reihe von Experimenten durch.
Messungen an einem besonderen Ort
Die Experimente erfolgten in einer speziell isolierten und besonders gefertigten Klimakammer aus Edelstahl an der Technischen Universität von Dänemark, in der sich vier Testpersonen befanden. Die Studienteilnehmenden trugen Kleidung, die mit einem parfümfreien Waschmittel gewaschen worden war. Für unsere Messungen variierten wir abwechselnd die Temperatur, die relative Luftfeuchtigkeit, die Ozonmenge in der Kammer sowie die Art der Kleidung, die die Teilnehmer trugen. Außerdem variierte das Alter der Testpersonen. So erhielten wir eine große Bandbreite von Daten. Die Ozonkonzentration ist wichtig, weil dieses Gas bekanntermaßen mit der menschlichen Haut reagiert.
Die Wechselwirkungen von Ozon, Ammoniak und Hautpartikeln
Wir untersuchten, welche Spurengaselemente Menschen insgesamt abgeben und welche davon aus Haut und Atem stammen. Dabei erfasste unser Team zum ersten Mal die Gesamtreaktivität der menschlichen Emissionen und fand heraus, wie empfindlich sie gegenüber Ozon, einem der wichtigsten Oxidationsmittel in Innenräumen, sind.
Wenn Ozon mit dem Fett auf unserer Hautoberfläche reagiert, setzt es viele reaktive Verbindungen frei. Beim Lüften lassen wir mehr Ozon in die Räume ein und erzeugen mehr dieser Substanzen. Es zeigte sich, dass die Verbindungen, die durch die Ozonreaktion von der Haut freigesetzt werden, in unserer unmittelbaren Umgebungsluft weiter reagieren und ein Feld hochreaktiver Hydroxyl-Radikale (OH) erzeugen. Welchen Einfluss diese Substanzen auf den menschlichen Körper haben, muss in zukünftigen Studien erforscht werden.
Bei unseren Testpersonen konnten wir zwei Arten von Hautpartikeln feststellen: Einerseits größere Partikel von zwei bis zehn Mikrometern. Das entspricht nicht einmal der Breite eines menschlichen Haares. Sie entstehen durch das ständige Reiben der Kleidung auf unserer Haut. Je mehr die Kleidung den Körper bedeckt, desto mehr dieser Partikel werden gebildet. Andererseits emittierten die Testpersonen kleinste Partikel mit einer Größe von nur ein bis vier Nanometern, entsprechend 0,001 bis 0,004 Mikrometern. Bei der Reaktion dieser kleinsten Hautpartikel mit Ozon entstehen sogenannte Nanocluster-Aerosole: eine Wolke winziger Partikel.
Ein weiterer Aspekt, auf den wir uns bei unseren Experimenten konzentrierten, war die Bildung von Hautpartikeln im Zusammenspiel mit Ammoniak. Je höher die Temperatur in einem Raum ist, desto mehr Ammoniak emittiert unsere Haut. Wenn wir den Wohnraum kühl halten und lange Hosen und Hemden tragen, erzeugen wir mehr Hautschuppen, die sich mit den Partikeln, die von außen eintreten, vermischen. Wenn wir stärker heizen und T-Shirts und Shorts tragen, geben wir viel mehr Ammoniak ab und verändern somit den pH-Wert der Oberflächen, wie Tischen, Stühlen und Wänden, in unserem Haus.
Insgesamt zeigten sich folgende Zusammenhänge: Höhere Temperaturen führen zu mehr Ammoniak, kürzere Bekleidung und mehr Nanocluster, die durch die Aufnahme von Chemikalien in die Luft in der Wohnung wachsen können. Eine niedrigere Temperatur bedeutet längere Kleidung, aber mehr mechanisch erzeugtes Aerosol in Form von Hautschuppen, was den Staub in der Wohnung erhöht. Demnach beeinflusst die Art und Weise, wie wir leben, die Chemie in unseren Innenräumen.
Wie die Außen- die Innenluft beeinflusst
Einen großen Forschungsbedarf entdeckten wir bezüglich des Zusammenhangs zwischen der Luftverschmutzung im Freien und dem Innenraumklima. Tritt beispielsweise Feinstaub in Innenräume ein, lagern sich gröbere Partikel mit mehr als etwa einem Mikrometer Durchmesser und ganz feine Partikel mit weniger als 0,1 Mikrometern stärker ab, als Feinstaub mit einem Durchmesser kleiner als 2,5 Mikrometer (PM2,5). Damit bleiben jene Partikel in der Luft, die besonders tief in die Atemwege eindringen können. Zudem können Temperatur, Feuchtigkeit und chemische Stoffe im Innenraum die Zusammensetzung der Feinstaubpartikel verändern. Hier sind noch viele Fragen ungeklärt und wir planen weitere Studien dazu.
Ausweitung des Datensatzes
In einer zweiten Experimentphase, die ebenfalls in Kopenhagen stattfand, wollten wir mit derselben Messvorrichtung die menschlichen Emissionen beim Sport, bei unterschiedlicher Waschhäufigkeit oder bei der Parfumbenutzung untersuchen. Ein erster Blick auf die Daten lässt vermuten, dass eine joggende Person ungefähr dieselbe Menge an Partikeln und reaktiven Verbindungen emittiert wie vierruhig sitzende Personen. Zudem hat regelmäßiges Duschen wohl einen großen Einfluss auf die Raumluftchemie in der Wohnung. Wie genau das geschieht, wird noch ausgewertet.