Ein Logo und seine Geschichte
Vom Bildnis des Kaisers zur Göttin der Weisheit - das Markenzeichen der Max-Planck-Gesellschaft hat eine wechselvolle Historie. Seit 1926 ist der Kopf der Minerva das Logo der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft. Im Jahr 1948 wurde sie auch von ihrer neugegründeten Nachfolgeorganisation übernommen.
Text: Christina Beck
Als die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (KWG) 1911 gegründet wurde, wollte Wilhelm II. ganz bewusst die Symbole der von ihm ins Leben gerufenen außeruniversitären Forschungsorganisation mitprägen. Die Mitglieder der Gesellschaft, die einerseits aus berühmten Wissenschaftlern, andererseits aus führenden Köpfen der Industrie, der Bankenwelt, der Verwaltung und des Adels bestand, sollten sich auf besondere Weise ausgezeichnet fühlen. Und so ließ der Kaiser am 16. Januar 1911 den preußischen Kultusminister wissen: „Um der unter Meinem Protektorat stehenden ‚Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften‘ ein sichtbares Zeichen Meiner Anerkennung und Meines Wohlwollens zu geben, verleihe Ich hiermit den Mitgliedern der Gesellschaft das Recht, ein mit Meinem Bildnis geschmücktes Abzeichen am orangefarbenen grün durchwirkten Bande im Knopfloch zu tragen.“
1918 fand die Monarchie nach dem Ersten Weltkrieg ihr Ende. Trotzdem sollte es noch acht Jahre dauern, bis sich die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft am 17. Dezember 1926 auf der 14. Hauptversammlung im Berliner Schloss endlich vom Bildnis des Kaisers trennte. An die Stelle des Mitgliederabzeichens mit dem Bild Wilhelms II. trat ein neues mit dem der Minerva. Die Göttin der Weisheit, die als Schutzgöttin der Handwerker, Dichter und Lehrer verehrt wurde, galt auch als Göttin der taktischen Kriegsführung und des Kampfes. Mit Helm, einem nach unten zeigenden Speer und Wappenschild schmückte die kriegerische Tochter des Jupiter schon ab 1911 als elliptische Vignette Publikationen und Briefpapier der KWG. Auf Vorschlag des Senats sollte das Abzeichen nun künftig in drei verschiedenen Ausführungen verliehen werden: für Mitglieder vergoldet und am schmalen Bande im Knopfloch zu tragen, für Senatoren der KWG ebenfalls vergoldet und am breiten Bande um den Hals zu tragen und für nicht der Gesellschaft angehörende Persönlichkeiten, die sich um sie aber besonders verdient gemacht hatten, versilbert und am schmalen Bande im Knopfloch zu tragen.
Die Minerva wird weiblicher
Max Lucas von Cranach, Geschäftsführer der KWG, beauftragte den Direktor der Münchner Kunstgewerbeschule, Carl Sattler, das Abzeichen zu entwerfen. Sattler zeichnete ein weiblicheres Bild der Minerva: Die Locken fielen länger, die Falten des Gewandes weicher. Bis heute verwendet die Max-Planck-Gesellschaft für die Abzeichen ihrer Mitglieder diese stehende, leicht modernisierte Göttin. Aber sie unterscheidet nicht mehr zwischen verschiedenen Mitgliedergruppen. Der Kopf der Minerva war seit 1926 das Markenzeichen der KWG und wurde 1948 auch von der neu gegründeten Max-Planck-Gesellschaft übernommen, die so an Tradition und Renommee der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft anknüpfen wollte. Und während die Minerva als Logo der MPG im Laufe der Zeit modernisiert wurde, ist dies für das Mitgliedsabzeichen nicht der Fall.
Endgültig vom kriegerischen Götterhimmel herunter stieg die Minerva 1956: Auf der Tafel im Eingang des Max-Planck-Instituts für Chemie hat sie Wappenschild und Speer gegen Griffel und Schreibtafel getauscht. Minerva-Büsten finden sich in vielen Varianten in den meisten Instituten und sind, wie die ebenfalls aufgestellte Büste von Max Planck, zum einheitlichen Symbol geworden.
Besonders eindrucksvoll ist die sechs Meter hohe Skulptur aus dunkelgrünem Granit vor dem Eingang der Generalverwaltung in München, die die Minerva im Profil zeigt. Geschaffen von dem peruanischen Künstler Fernando de la Jara symbolisiert das Konterfei der Göttin die Welt des Geistes, der Ideen und Gedanken. Gegenüber steht auf der rechten Seite das Negativprofil, das die Welt der Materie verkörpert.
Das Internet sorgte Anfang der 2000er-Jahre zwar für eine Inflation individueller Sublogos auf den Webseiten der MPI, aber seit einigen Jahren besinnt man sich wieder auf die Stärke der Dachmarke. Inzwischen nutzt die Hälfte aller MPI ausschließlich die Minerva, die andere Hälfte ein Doppellogo aus Minerva und dem institutseigenen Sublogo.
Hinweis: Dieser Artikel ist in einer gedruckten Version in der aktuellen Ausgabe unseres Community-Magazins MaxMag 1/2023 erschienen.