Erste internationale Blockchain für die Wissenschaft: bloxberg

Max Planck Digital Library (MPDL) initiiert globales Blockchain-Forschungsprojekt

Unterschiedlichste wissenschaftliche Informationen sollen geschützt vor Manipulationen weltweit online dezentral abgesichert werden. Was sich anhört wie Magie ist dank aktueller Technologien und logischer Organisation ab sofort mithilfe der unabhängigen dezentralen Blockchain-Infrastruktur „bloxberg“ möglich.

Das bloxberg-Konsortium wurde Anfang 2019 unter der Federführung der Max Planck Digital Library ins Leben gerufen und besteht aus elf führenden Forschungseinrichtungen aus zehn verschiedenen Ländern. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Gründungskonsortiums sind sich einig, dass bloxberg die Art und Weise verändern wird, wie in Zukunft wissenschaftliche Daten und Ergebnisse verwaltet und kommuniziert werden. Mit bloxberg setzt das Konsortium auf ein Onlinesystem ohne die klassische Client-Server-Architektur, wie sie aktuell bei Websites verwendet wird. Stattdessen kommt die dezentrale elektronische Buchführung, heute besser bekannt als Blockchain-Technologie, zum Einsatz.

Konkrete Anwendungen und Bedarfe für ein transparentes und sicheres Online-System auf Blockchain-Basis gibt es in der Wissenschaft zuhauf: Nachweis der Authentizität von Daten, gesicherter Schutz der Rechte am geistigen Eigentum, Austausch wertvoller Forschungsergebnisse, Peer Reviewing, die Veröffentlichung von Publikationen und viele mehr.

"Immer wieder hörten wir von unseren Forscherinnen und Forschern, dass sie gerne einen ‚Zeitstempel‘ oder eine Zertifizierungs-Möglichkeit für ihre Forschungsdaten, Hypothesen und Methoden hätten – insbesondere vor dem Publizieren" – so Sandra Vengadasalam von Digital Labs. "Da lag der Einsatz von Blockchain-Technologie natürlich nahe".

Kyrptowährung als Vorbild

Wie bei der Verwaltung digitaler Kryptowährungen, wird in der dezentralen bloxberg-Datenbank jeder neue Eintrag mit einer Schlüssel-Zeichenkette versehen und mit den vorangegangenen Einträgen über einen Prüfschlüssel unwiderruflich verknüpft und abgespeichert. Der Schutz vor Manipulation wird über den Abgleich durch sichere Stellen, den bloxberg-Validierungsknoten, garantiert. Derzeit ist es nur wissenschaftlichen Einrichtungen erlaubt, einen Validierungsknoten zu betreiben. Jedes Konsortium-Mitglied unterhält einen derartigen Node in bloxberg und genehmigt neue Einträge, sogenannte "Transaktionen" nach einem genau definierten und öffentlich einsehbaren Konsensverfahren. So müssen beispielsweise Einträge für Forschungsansprüche nicht wie bisher auf einzelne Institutionen beschränkt sein. Stattdessen können vom gesamten bloxberg-Netzwerk "smarte Verträge" direkt bestätigt und abgesichert werden. Die Pflege der Infrastruktur und die Validierung von Transaktionen wird ausschließlich von Validierungsknote durchgeführt. "Wir waren selbst sehr überrascht, dass es bisher noch keinen globalen Ansatz wie bloxberg gibt, der innerhalb der Wissenschafts-Community diese Bedarfe abdeckt", berichtet Friederike Kleinfercher, Digital Labs. "Daher haben wir uns bewusst für eine eigene, aber öffentliche und genehmigungsbasierte Blockchain entschieden. Wer also bloxberg betreibt, ist genau bekannt und muss bestimmte Kriterien erfüllen."

"Bergs" sind die "Bitcoins" des bloxberg-Netzwerks

Um in bloxberg mit Blockchain-Anwendungen zu interagieren oder intelligente Verträge zu implementieren, werden sogenannte "Bergs" eingesetzt. Diese sind vergleichbar mit Bitcoins, werden allerdings nicht gehandelt; alle Transaktionen im bloxberg-Netzwerk sind kostenlos. Das bloxberg-Netzwerk bietet eine Applikation unter https://bloxberg.org/faucet/, um Bergs an alle Unternehmen zu verteilen, die auf dem Netzwerk aufbauen oder die Funktionalität der entsprechenden Apps nutzen möchten.

Offen für alle

Ein wichtiger Bestandteil des bloxberg-Projekts ist die transparente Zugänglichkeit und die damit verbundene Dokumentation der Schnittstelle zur Blockchain, die auf einer Implementierungslösung von Ethereum basiert. Unabhängige Apps (dAPPs) können über die offene bloxberg-Programmierschnittstelle aufgebaut werden. Somit kann jeder – beispielsweise Start Ups oder Wissenschaftler – komplette Dienste und Anwendungen auf der bloxberg-Blockchain aufbauen und anbieten. Die Max Planck Digital Library hat bereits eine exklusive Anwendung für Max-Planck-Forschende fertiggestellt: eine Funktionalität zur Zertifizierung, die in einem bereits bestehenden Dienst für Forschungsdaten integriert wurde. Damit können MPG-Forschende ihre Daten über die bloxberg-Blockchain mit einem "Zeitstempel" versehen und hohe wissenschaftliche Standards nachweisen.

Exklusiv für alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der MPG

Wer jetzt schon seine Forschungsdaten "blockchainifizieren" möchte, kann bloxberg bereits nutzen: für alle Max-Planck Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bietet die MPDL den Service "KEEPER" an. Ursprünglich war KEEPER als Langzeitarchivierungstool gedacht, entwickelte sich aber unter den Max-Planck-Forschenden schnell zu einem der beliebtesten "Sync- und Share" Lösungen für verschiedenste Daten in der Forschung. "Wir haben KEEPER bereits mit dem bloxberg-Pilot verbunden", freut sich Friederike Kleinfercher von Digital Labs. "Über das Webinterface von KEEPER können schon jetzt unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie natürlich ihre Kooperationspartner Daten zertifizieren. Einfach auf den kleinen Berg im Webinterface drücken". Somit können MPG-Forschende mit einem Knopfdruck einen ‚Proof of Existence‘ für all Ihre Daten erstellen. Außerdem ist dies ebenfalls ohne KEEPER direkt unter bloxberg.org möglich. Nach der Zertifizierung bekommt jeder Nutzer ein bloxberg-Zertifikat inkl. der Transaktionsnummer, die er jederzeit zur Validierung, also zum Prüfen seiner getätigten Zertifizierung, benutzen kann. Der Vorteil bei KEEPER: Hier werden die Daten gleich gespeichert und archiviert. Nutzt man hingegen die Zertifizierung direkt über die bloxberg-dApps, muss man selbst für die nachhaltige Speicherung der eigenen Daten sorgen, da bloxberg bisher nur die Transaktionen, nicht aber die Daten selbst speichert. Das hat den Vorteil, dass die Infrastruktur von bloxberg selbst hardwareschlank und schnell bleibt und die eigentliche Datenspeicherung nach wie vor in den Händen der einzelnen Forschungseinrichtungen liegt.

Bloxberg: Zukunftsweisende Aussichten

Schon jetzt entwickelt sich das bloxberg-Projekt rasant weiter. Zum einen kommen jeden Monat neue Knoten aus der ganzen Forschungswelt dazu, zum anderen experimentieren Vengadasalam und Kleinfercher zusammen mit ihrem Digital-Labs Team an neuen Erweiterungen für bloxberg: "Gerade testen wir verschiedene dezentrale Speichermöglichkeiten – ähnlich zum InterPlanetary File System IPFS", verrät Sandra Vengadasalam.        

Auch die Zahl der Anwendungsfälle außerhalb des Forschungskontexts wachsen dank der offenen Architektur. Mauricio Tovar Gutiérrez von der Nationalen Universität Kolumbiens – eine der ersten Universitäten, die sofort mit dabei sein wollten – ist begeistert von den Möglichkeiten und Chancen dieser blockchain: "Blockchain hat Funktionen und Eigenschaften, die es ermöglichen, dass Informationen, die man registriert, nicht geändert werden können. Dies ist sehr wichtig, um Betrug zu vermeiden und mehr Transparenz im Abstimmungsprozess zu schaffen."

bloxberg-Konsortium

Auf Initiative der Max Planck Digital Library (MDPL) haben sich im Februar 2019 elf führende Forschungseinrichtungen aus zehn verschiedenen Ländern zusammengeschlossen und mit der Arbeit an dem Projekt begonnen. Das Konsortium besteht aktuell aus folgenden Mitgliedern:  Carnegie Mellon, UCL, ETH Library an der ETH Zürich, Georgia Tech, IT University of Copenhagen, University of Belgrade, University of Johannesburg, University of Kassel, University of Nicosia, University of Sarajevo und Max-Planck-Gesellschaft.

Weitere Informationen zu bloxberg finden Sie auf: https://bloxberg.org/

DD

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