Tropische Regenwälder sind unterschiedlich empfindlich
Der Regenwald im Amazonasbecken reagiert auf Abholzung und den Klimawandel stärker als der Wald im Kongobecken
Wie anfällig tropische Regenwälder auf Trockenheit und Hitze, aber auch auf Rodungen reagieren, lässt sich nun an einer Karte ablesen. Der entsprechende Index, an dessen Erstellung auch Forschende des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie in Jena beteiligt waren, offenbart, wo Wälder besonders empfindlich gegenüber diesen Veränderungen sind, und liefert Frühwarnsignale für Regionen, die sich in einer kritischen Übergangsphase befinden.
Die immergrünen tropischen Regenwälder auf der ganzen Welt spielen eine wichtige Rolle im Erdsystem. Sie verbessern die Wasserfilterung, bieten Lebensräume für die biologische Vielfalt und regulieren in entscheidender Weise den Wasser- und Kohlenstoffkreislauf. Die Regenwälder sind vor allem durch ein heißeres und trockeneres Klima bedroht sowie durch Waldbrände und die großflächige Abholzung für die Landwirtschaft und Holzproduktion.
Die Anfälligkeit der Regenwälder wurde in der Vergangenheit mit Indikatoren aus meist lokalen Studien gemessen. In ihrem neuartigen Ansatz, der kürzlich in der Zeitschrift One Earth veröffentlicht wurde, hat ein großes internationales Forscherteam nun Satellitendaten der letzten Jahrzehnte, einschließlich Klima- und Vegetationsdaten, kombiniert, um die Gefährdung der Regenwälder auf globaler Ebene zu analysieren. Mit ihrem einzigartigen Indikator für die Anfälligkeit der tropischen Regenwälder Tropical Forest Vulnerability Index TFVI) haben die Forscher ein ständig aktualisierbares Instrument geschaffen, mit dem die Reaktion der tropischen Regenwälder auf verschiedene Stressfaktoren verfolgt werden kann.
Dem Amazonas-Regenwald setzen Dürre und Rodungen besonders zu
Als erstes überraschendes Ergebnis zeigte sich, dass verschiedene tropische Regionen unterschiedlich auf ähnliche Klimastressoren reagieren, wobei einige widerstandsfähiger sind als andere. Auch die Regenwälder der verschiedenen Kontinente reagieren unterschiedlich empfindlich auf Klima- und Landnutzungsstress. So ist beispielsweise das Amazonasbecken im Vergleich zum Kongobecken besonders anfällig für Dürreperioden und Landnutzungsänderungen wie Rodungen für die Landwirtschaft.
"Mit den Daten des TFVI können wir das Risiko und die Anfälligkeit sehr schnell erfassen. Wir können uns dann gezielt auf Schlüsselprozesse konzentrieren, die für die Kohlenstoffspeicherung und -produktivität sowie den Energie- und Wasseraustausch des Regenwaldes von Bedeutung sind", sagt Nuno Carvalhais, Mitautor und Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena. Solche räumlich expliziten Analysen werden entscheidend sein, um potenzielle Kipppunkte für jeden Regenwald zu identifizieren, die als allmählicher Rückgang der Ökosystemleistungen oder als abrupte Veränderung auftreten können. Indem der TFVI-Index die Stressreaktionen der Regenwälder verfolgt, kann er Frühwarnsignale für bedrohte Regionen liefern, um Maßnahmen zur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit und zum Klimaschutz anzuregen.