Globale Erwärmung schwächt Stabilität des südasiatischen Monsuns
Bei zunehmender Erwärmung des Indischen Ozeans könnte es während des südasiatischen Sommers weniger regnen
Die Erderwärmung könnte den Wasserhaushalt Südasien empfindlich stören: Wie Klimadaten aus Sedimentkernen, die 130.000 Jahre zurückdatieren, zeigen, verstärkte die Erwärmung im Indischen Ozean während der letzten Warmzeit die Regenfälle über dem Indischen Ozean, wohingegen sie die Niederschläge des Indischen Sommermonsuns an Land abschwächte. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Menschheitsgeschichte und der Universität Kiel. Ein nachlassender Monsun in Südasien wird auch unter dem derzeitigen, globalen Klimawandel wahrscheinlicher und hätte weitreichende Folgen für die Ernährungssicherheit sowie das Wohlergehen von rund 40 Prozent der Weltbevölkerung.
Schwankungen der Monsunregenfälle sind aus historischer Sicht mit Aufstieg und Fall der Zivilisation auf dem indischen Subkontinent verbunden. Nun sind Forschende zunehmend besorgt, dass die globale Erwärmung die Stabilität des Monsunsystems bedrohen könnte. Bisher fehlten jedoch langfristige Klimadaten auf dem indischen Subkontinent als Basis für genaue Vorhersagen. Ein Forschungsteam unter Federführung des Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte in Jena und der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) sowie unter Beteiligung des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) veröffentlichte dazu nun eine neue Studie in der Fachzeitschrift Journal Proceedings of the National Academy of Science. Die Ergebnisse tragen dazu bei, die Klimavorhersagen des indischen Sommermonsuns (ISM) durch Rekonstruktion der Niederschlagsveränderungen von vor etwa 130.000 Jahren zu verbessern.
Zum ersten Mal zeigten die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, dass der indische Sommermonsun während dieser letzten Warmzeit durch anhaltend hohe Meeresoberflächentemperaturen im äquatorialen und tropischen Indischen Ozean abgeschwächt wurde. Die Ergebnisse lassen vermuten, dass auch der heutige Anstieg der Oberflächentemperaturen des Indischen Ozeans Dürreperioden in Südasien verstärken wird.
Biomarker in Klimaarchiven – ein Blick in die Vergangenheit
Die Sonneneinstrahlung wird häufig als wichtigster Einflussfaktor für die Intensität des indischen Sommermonsuns angesehen, da eine erhöhte Strahlung die Verdunstung über dem Ozean, die Windzirkulation und infolgedessen die Niederschläge verstärkt. Es war daher zu erwarteb, dass eine höhere Sonneneinstrahlung während der letzten Warmzeit zu einer erhöhten Monsunintensität führte. Bisher konnte dieser Effekt anhand von Paläodaten jedoch nicht bestätigt werden. Erst im Zuge der neuen Studie wurde eine eindeutige Wechselwirkung zwischen Sonneneinstrahlung über dem Indischen Ozean und den südasiatischen Sommerregenfällen nachgewiesen - allerdings mit einem anderen Effekt als erwartet.
Um die Niederschläge des indischen Sommermonsuns in der Vergangenheit zu rekonstruieren, analysierte das Forschungsteam einen zehn Meter langen Sedimentkern aus dem nördlichen Golf von Bengalen, etwa 200 Kilometer südlich der Mündung der Flüsse Ganges, Brahmaputra und Meghna. Durch die Analyse der stabilen Wasserstoff- und Kohlenstoffisotope in Blattwachs-Biomarkern, die durch Flusseintrag ins Meer und letztlich im Sediment konserviert wurden, verfolgten die Forschenden die Veränderungen der Niederschläge während der letzten beiden Warmzeiten der Erde verfolgen – also während des letzte Interglazials (die letzte Warmzeit) vor 130.000 bis 115.000 Jahren und während des heutigen Holozäns, das vor rund 11.600 Jahren begann.
Obwohl die Sonneneinstrahlung während des letzten Interglazials höher war, ergab die Isotopenanalyse, dass der indische Sommermonsun tatsächlich weniger intensiv war als heute im Holozän. „Dieser unerwartete Befund steht nicht nur im Kontrast zu den Simulationen von Paläoklimamodellen, sondern stellt auch die gängige Annahme in Frage, dass die Sonneneinstrahlung der wichtigste Faktor für die Variabilität des Monsuns in einem warmen Klima sei“, sagt die Hauptautorin Yiming Wang, Paläoforscherin am Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte in Jena.
Die Meeresoberflächentemperatur spielt eine entscheidende Rolle
Um den Hauptfaktor für Monsunniederschläge in warmen Klimazonen zu ermitteln, verglichen die Forschenden verfügbare Rekonstruktionen der vergangenen Meeresoberflächentemperaturen im Indischen Ozean. Dabei stellten sie fest, dass die äquatorialen und tropischen Regionen während des letzten Interglazials 1,5 bis 2,5 Grad Celsius wärmer waren als im Holozän. Darüber hinaus zeigen die Forschenden anhand von Modellsimulationen aus Paläoklimadaten, dass die Monsunregenfälle an Land abnahmen und im Meer über dem Golf von Bengalen zunahmen, sobald die Oberflächentemperatur des Indischen Ozeans anstieg.
„Unsere Arbeit deutet stark darauf hin, dass eine starke Erwärmung der Meeresoberfläche eine entscheidende Rolle bei der Variabilität des Indischen Sommermonsuns in Südasien spielt“, sagt Yiming Wang, die ihre Arbeiten zum Thema an der Universität Kiel begonnen hatte, „und dass höhere Oberflächentemperaturen im Indischen Ozean während der letzten Warmzeit die Intensität des ISM gedämpft haben könnten."
Welchen Effekt hat die Erwärmung im Detail auf den Sommermonsun?
Die Ergebnisse des Forschungsteams deuten für die Zukunft auf häufigere Ausfälle des indischen Sommermonsuns hin. Inwieweit die steigende Meeresoberflächentemperatur die Monsunintensität in anderen tropischen Regionen beeinflusst, bleibt dabei noch offen.
„Die offensichtliche Diskrepanz zwischen unseren Daten und den vorherrschenden Ergebnissen aus Klimamodellen unterstreicht die Bedeutung von biochemischen Indikatoren aus marinen Sedimenten, um das Ausmaß und die Geschwindigkeit des Klimawandels in der Vergangenheit zu verstehen. Unsere Ergebnisse zeigen, dass neben der Wirkung der Sonneneinstrahlung auf den Kontinenten auch die Ozeanerwärmung auf die Niederschlagsintensität in Klimamodellen neu bewertet werden muss“, sagt Ralph Schneider, Co-Autor der Studie, Paläoklimaforscher am Institut für Geowissenschaften und am Leibniz-Labor für Altersbestimmung und Isotopenforschung an der Universität Kiel.
„Die Veränderungen im Wasserkreislauf werden sich auf landwirtschaftliche Nutzflächen, natürliche Ökosysteme und folglich auf die Lebensgrundlage von Milliarden von Menschen auswirken“, betont Yiming Wang. „Wir müssen deshalb unser Verständnis der Kontrollmechanismen des Sommermonsunregens verbessern, um Wetterextreme wie Dürren und Überschwemmungen besser vorhersagen zu können und Anpassungsmaßnahmen zu erarbeiten. Die Zeit drängt, vor allem, wenn die Ozeanerwärmung weiter in dem Tempo voranschreitet.“