Deutsch-ukrainischer Exzellenzkern startet in Halle
Das Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik und die W.-N.-Karasin-Universität Charkiw kooperieren in der Spintronik
Die ukrainische Wissenschaft wird künftig durch vier Exzellenzkerne gestärkt, die das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in den kommenden vier Jahren jeweils mit 2,5 Millionen Euro fördert. Einer der Exzellenzkerne namens Plasma-Spin-Energy entsteht in einer Kooperation zwischen dem Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik in Halle und der W.-N.-Karasin-Universität Charkiw. Der Exzellenzkern soll perspektivisch in Charkiw angesiedelt sein. Ziel ist es, Plasmatechniken für die Produktion von Spintronikbauteilen zu nutzen und so elektronische Geräte der nächsten Generation herzustellen.
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine trifft auch die ukrainische Wissenschaft hart, speziell Charkiw wurde stark zerstört. Der Exzellenzkern wird ab 2024 in Halle aufgebaut und innerhalb des Projektzeitraumes nach Charkiw umsiedeln. „In Zusammenarbeit mit der Nationalen W.-N.-Karasin-Universität Charkiw wollen wir atomar aufgebaute spintronische Strukturen für energieeffiziente Speichergeräte und Computer entwickeln“, sagt Stuart Parkin, Direktor am Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik. Die Spintronik nutzt nicht die Ladung von Elektronen wie die herkömmliche Elektronik, sondern deren Spin. „Der Exzellenzkern Plasma-Spin-Energy verbindet theoretisches Fachwissen in der Plasmawissenschaft mit praktischer Erfahrung in fortgeschrittenen Plasmatechnologien und Spintronik“, erklärt Parkin. Bei einem Plasma handelt es sich neben fest, flüssig und gasförmig um einen weiteren Aggregatzustand der Materie, in der die gasförmien Teilchen ionisiert sind. In der Kooperation zwischen Max Planck und der Universität Charkiw soll es vor allem darum gehen, mithilfe von Plasmen dünne Schichten zu erzeugen und die Eigenschaften der Schichten dabei durch einen kontrollierten Ionenbeschuss zu beeinflussen.
Unterstützung für ein forschungsstarkes Wissenschaftssystem
Plasma-Spin-Energy ist einer von vier Exzellenzkernen, die aus zwölf Kandidaten für die Förderung ausgewählt wurden. Am 8. November empfing Bundesministerin Bettina Stark-Watzinger den ukrainischen Minister für Bildung und Forschung Oksen Lisovyi in Berlin, um die Kooperation zu würdigen und weiter auszubauen sowie eine gemeinsame Absichtserklärung zu unterzeichnen. „Deutschland steht militärisch wie zivil fest an der Seite der Ukraine“, sagte die Bundesministerin. „Mit den jetzt ausgewählten vier deutsch-ukrainischen Exzellenzkernen unterstützen wir die Ukraine gezielt bei einem modernen, forschungsstarken Wissenschaftssystem und einem funktionierenden Transfer in Wirtschaft und Gesellschaft. Sie sind auch ein wichtiger Beitrag zum Wiederaufbau des Landes. Sie sind zukünftige Zentren wissenschaftlicher Exzellenz in der Ukraine, geleitet von einer internationalen Spitzenforscherin oder einem internationalen Spitzenforscher.“
Die Exzellenzkerne wurden in einem wettbewerblichen, gutachtergestützten Verfahren ausgewählt. Die Maßnahme ist unterteilt in eine Konzeptphase (18 Monate) und die eigentliche Implementierungsphase (vier Jahre). Für die bereits abgeschlossene Konzeptphase, in der zwölf Exzellenzkern-Kandidaten gefördert wurden, standen je Projekt bis zu 100.000 Euro zur Verfügung, mit denen die Bewerber ein Konzept für einen Exzellenzkern ausarbeiten konnten. Die Konzepte dienten als Basis für die finale Sitzung des Auswahlgremiums. Als Ergebnis dieser Sitzung wurden die vier besten Exzellenzkern-Kandidaten für die Förderung der Implementierungsphase ausgewählt.