Urm1 schützt Proteine in Stress-Situationen
Das Protein fördert die Phasentrennung und damit die Bildung von Stressgranula
Damit Proteine bei zellulärem Stress nicht geschädigt werden, werden diese in sogenannten Stressgranula konzentriert. Wissenschaftler aus der Abteilung Zelluläre Biochemie vom Max-Planck-Institut für Biochemie, konnten jetzt erstmalig zeigen, dass das Protein Urm1 hier eine entscheidende Rolle spielt. Das ubiquitin-ähnliche Proteine erleichtert den Beginn der Phasentrennung und somit die Entstehung der Stressgranula.
Zellen können verschiedenen Stresszuständen ausgesetzt sein, beispielsweise Hitzestress während eines Fiebers. Solche Bedingungen können Proteine schädigen – die Moleküle, die für praktisch alle Lebensprozesse verantwortlich sind. Die Fähigkeit von Zellen, eine Abwehrreaktion auf Stress aufzubauen, ist entscheidend für ihr Überleben.
Als Teil dieser Reaktion wird das kleine Protein Ubiquitin an beschädigte Proteine gebunden, um zu signalisieren, dass diese durch Abbau entfernt werden sollen. Andere Proteine müssen bei Stress jedoch geschützt werden, indem sie in sogenannten Stressgranula in einem Prozess der Phasentrennung konzentriert werden. Wie das genau funktioniert, ist noch nicht vollständig verstanden. In einer aktuellen Studie beschreiben Lucas Cairo, Sae-Hun Park und ihre Kollegen die Rolle des kleinen Proteins Urm1 bei der Regulierung der Bildung reversibler Kondensate unter Stress.
Stress löst Bindung von Urm1 an Zielproteine aus
Urm1 ist mit Ubiquitin verwandt und kann wie Ubiquitin kovalent an Zielproteine gebunden werden. Im Gegensatz zu Ubiquitin wurde die zelluläre Rolle von Urm1 noch nicht vollständig verstanden. Die Forschenden fanden jetzt heraus, dass Stress die kovalente Bindung von Urm1 an Zielproteine auslöst und deren Zusammenlagerung zu Stressgranula und anderen biomolekularen Kondensaten fördert. Dies ermöglicht die geschützte Speicherung dieser Proteine, bis der zelluläre Stress nachlässt.
Konkret erleichtert Urm1 die Einleitung der Phasentrennung, indem es die Protein-Protein-Wechselwirkungen verstärkt, die diesen biophysikalischen Prozess begünstigen. Der Schlüssel dazu ist die Fähigkeit von Urm1, die bei Stress auftretende Säuerung des Zellmilieus zu erkennen. In der Folge interagiert Urm1 selbst mit anderen Urm1-Proteinen und verbindet sich schließlich über multivalente Wechselwirkungen mit anderen Proteinen. Dadurch entsteht ein komplexes Proteininteraktionsnetzwerk.
Dieses Netzwerk erleichtert die Ablagerung von Proteinen in Kondensaten, die sich sowohl im Zytoplasma als auch im Zellkern befinden. Die Bindung von Urm1 an Zielproteine wird durch das Enzym Uba4 erleichtert, das sich in den Kondensaten an Urm1 anlagert. Ohne Urm1 können Zellen Stress nicht mehr bewältigen. Somit ist Urm1 ein Ubiquitin-ähnliches Protein mit einer entscheidenden Funktion bei der zellulären Stressreaktion.
Glossar:
Biologische Phasentrennung: beschreibt die Fähigkeit von bestimmten Molekülen, ähnlich wie eine Öl und Wasser-Mischung, abgrenzende Bereiche zu bilden, ohne dass eine umgebende Membran benötigt wird.
Kovalente Bindung: ist eine chemiesche Bindung zwischen zwei Atomen, indem sie sich Elektronenpaare teilen.
Proteinkondensate: sind spezielle Strukturen in Zellen. Sie konzentrieren Moleküle durch Phasentrennung in einem begrenzten subzellulären Teilbereich.
Ubiquitin: Ubiquitin ist ein kleines Protein, das häufig als Marker an andere Proteine angebracht wird, um diese abzubauen. Diesen Prozess nennt man Ubiquitylierung.
Urm1: Ubiquitin related modifier, dt. Ubiquitin-verwandter Modifikator, ist ein ubiquitin-ähnliches Protein, das kovalent an Zielproteine gebunden werden kann. Dieser Vorgang wird als Urmylierung bezeichnet.