Forschungsbericht 2012 - Deutsches Klimarechenzentrum
CMIP5 - Klimasimulationen und Datenbasis für den nächsten Weltklimabericht
Abteilung „Anwendung“
1. Das CMIP5-Projekt und der 5. Weltklimabericht
Der nächste Weltklimabericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) wird 2013/14 veröffentlicht. Diese etwa alle sieben Jahre erscheinenden Weltklimaberichte enthalten den Wissensstand der Klimaforschung.
Die internationale Klimamodellierungsgemeinschaft vereinbarte dafür im Modellvergleichsprojekt CMIP5 (Coupled Model Intercomparison Project - Phase 5) standardisierte Klimasimulationen mit weitgehend vorgegebenen Randbedingungen, um so eine optimale Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu erreichen. Dazu gehören Simulationen der nahen (1850 bis 2005) und fernen (850 bis 1850) Vergangenheit, sowie des Klimas im Letzten Glazialen Maximum und im Mittleren Holozän.
Hauptursachen für die Streuung der Modellergebnisse sind die Parameterisierung von Wolkenprozessen, Strahlung und Niederschlag. Deshalb wurden Experimente mit einer vollständig wasserbedeckten Erde sowie andere idealisierte Experimente angeregt die es erleichtern, die Rolle dieser Prozesse zu diagnostizieren.
Neu aufgenommen in das aktuelle CMIP-Protokoll wurden auch dekadische Experimente, deren Anfangszustände durch Assimilation von Beobachtungsdaten in die Ozeanzustände berechnet wurden. Diese Experimente laufen 10 bis 30 Jahre, werden aber mehrfach wiederholt, so dass genauere und verlässlichere Aussagen über die Vorhersagbarkeit der Klimaentwicklung für die nächsten Dekaden erwartet werden. Die gewählte Zeitskala von 10 bis 30 Jahren deckt sich besser mit derjenigen für politische Entscheidungen.
Neben Experimenten zur Vergangenheit, die mit Beobachtungen verglichen werden können, und den erwähnten diagnostischen Experimenten enthält CMIP5 insbesondere Experimente zu möglichen zukünftigen Klimaverläufen. Für CMIP5 wurden vier neue, als Representative Concentration Pathways (RCP 2.6, RCP 4.5, RCP 6.0 und RCP 8.5.) bezeichnete, Szenarien erstellt, die in etwa die Bandbreite möglicher zukünftiger Emissionsverläufe abbilden. Die Zahl hinter RCP beschreibt die Zunahme des Strahlungsantriebs [W/m^2] im Jahr 2100 gegenüber dem vorindustriellen Zustand im Jahr 1850.
In den letzten Jahren wurden viele gekoppelte Atmosphären-Ozean-Klimamodelle um Komponenten zur Simulation von Landoberfläche und Vegetation sowie von bio-geo-chemischen Prozessen im Ozean zu Erdsystemmodellen (ESM) erweitert, mit denen ein interaktiver globaler Kohlenstoffzyklus simuliert werden kann.
Für diese ESM wurde auch ein dem RCP 8.5 entsprechendes Emissionsszenario zur Verfügung gestellt, das erlaubt, anthropogene CO2-Emissionen anstatt der CO2-Konzentrationen vorzugeben.
Das CMIP5-Datenprotokoll legt fest, welche Variablen benötigt werden und mit welchen Metadaten sie abgegeben werden sollen. Da auch die Dateiformate, die zeitliche Aggregation sowie die Einheiten vorgegeben sind, wird der Modellvergleich wesentlich vereinfacht.
An CMIP5 beteiligen sich 25 Modellierungszentren aus 19 Ländern mit 58 Modellen. Es wird geschätzt, dass das produzierte Datenvolumen über 10 Petabyte (PB) (10*10^15 Bytes) beträgt. Davon stehen 2 PB qualitätsgeprüft und dokumentiert sowohl Wissenschaftlern als auch Politikern und anderen Entscheidungsträgern zur Verfügung.
2. Der deutsche Beitrag zu CMIP5
Der deutsche Beitrag zu CMIP5 und damit zum 5. Weltklimabericht wurde am DKRZ mit drei Modellkonfigurationen des ESM des Max-Planck-Instituts für Meteorologie durchgeführt. Mit einer grob-auflösenden Konfiguration (MPI-ESM-LR) wurden alle in CMIP5 vorgeschlagenen Experimente durchgeführt, teilweise mit mehr Realisationen als von CMIP5 gefordert. Ein Teil der Experimente wurde mit einer höher auflösenden Konfiguration MPI-ESM-MR wiederholt. Ein Vergleich der Experimentpaare erlaubt Schlüsse über den Einfluss der Auflösung in den Modellen und über den Gültigkeitsbereich der Experimente mit niedrigerer Auflösung.
Die Simulationen der Vergangenheit wurden mit der dritten Konfiguration MPI-ESM-P durchgeführt. Sie beruht auf demselben Gitter wie das MPI-ESM-LR-Modell, beinhaltet aber Darstellungen des Orbits und der Vegetation, die sich für Paläosimulationen besser eignen.
Abbildung 1 zeigt die simulierte Entwicklung der globalen Oberflächentemperatur aller Ensemblemitglieder des historischen Experiments (historical 1850 bis 2005) und der darauf aufsetzenden Projektionen der RCP 2.6, RCP 4.5 und RCP 8.5 Szenarien (2006 bis 2100). Die mit dem RCP 2.6 Szenario berechnete globale Erwärmung bleibt unterhalb von 2 Grad Celsius. Das ist insofern bemerkenswert, als das RCP2.6-Szenario in Hinsicht auf das 2-Grad-Ziel, das eine herausragende Stellung in der Politik einnimmt, erstellt wurde (Abb. 1).
Je eine Realisation der RCP-Experimente wurde bis 2300 fortgesetzt. Der berechnete Meeresspiegel für das LR-Modell steigt in allen Szenarien bis 2300 fast unvermindert an, auch bei RCP 2.6, bei dem das globale Temperaturmaximum schon um 2050 erreicht ist (Abb. 1).
Da dekadischen Experimenten auch am Max-Planck-Institut für Meteorologie eine große Bedeutung beigemessen wird, wurden sie in CMIP5 für 50 Anfangstermine mit bis zu 10 Realisationen durchgeführt. Im laufenden MiKlip-Projekt wird das Ensemble noch deutlich vergrößert. Abbildung 2 zeigt für den Zeitraum 1990 bis 2020 Beobachtungen, Ergebnisse der Experimente 'historical' bzw. 'rcp45', sowie der dekadischen Simulationen im Nordatlantik, wo das Vorhersagepotenzial am größten ist. Die Ergebnisse liegen außerhalb der Vertrauensintervalle (bis 80 %) der dekadischen Simulationen, was die Bedeutung der Initialisierung für Vorhersagen auf dieser Zeitskala unterstreicht (Abb. 2).
Das CMIP5-Modell des Max-Planck-Instituts für Meteorologie ist ein ESM mit interaktivem Kohlenstoffkreislauf. Abbildung 3 zeigt den akkumulierten atmosphärischen Kohlenstoff der Konzentrationsszenarien, sowie den simulierten Gesamtgehalt für das Emissionsszenario. Die Werte stimmen gut überein. Nur in der Dekade um 1960 liegt der simulierte Kohlenstoffgehalt merklich über dem beobachteten. Allerdings ist ab ca. 2070 der simulierte Wert systematisch größer als der für RCP 8.5 vorgegebene Wert. Die Kohlenstoffsenken in MPI-ESM-LR sind am Ende des Jahrhunderts weniger effektiv als bisher angenommen (Abb. 3).
Neben der Erderwärmung bewirkt die steigende CO2-Konzentration durch die erhöhte CO2-Aufnahme eine Versauerung der Ozeane bzw. eine Karbonatuntersättigung (Abb. 4), welche die Bildung von Kalkskeletten beeinträchtigt. Abbildung 4 zeigt die Karbonatsättigung an der Ozeanoberfläche und auf Vertikalschnitten durch den Atlantik und den Pazifik in den Jahren 1950 ('historical' Experiment) und 2300 (Projektion des RCP 8.5 Szenarios). Bei diesem Szenario werden auf lange Sicht weite Teile des Ozeans von kalkskelettbildenden Meerestieren entvölkert, und aufgrund der Nahrungsketten auch von anderer Meeresfauna. Die Änderung der Karbonatsättigung gehört, ähnlich wie der thermische Anstieg des Meeresspiegels, zu den lang anhaltenden Veränderungen des Erdsystems (Abb. 4).
Insgesamt wurden am DKRZ mit dem MPI-M-Erdsystemmodell 482 Simulationen mit insgesamt 15.277 Jahren durchgeführt. Dabei wurden 861 TB Rohdaten erzeugt und vollständig im DKRZ-Archiv gespeichert. Aus den Rohdaten wurden entsprechend dem CMIP5-Datenprotokoll 61 TB CMIP5-Daten aufbereitet, qualitätsgeprüft und in der ESGF publiziert.
3. Regionalisierung der CMIP5-Simulationen (CORDEX)
Schon die Ergebnisse der CMIP3-Simulationen für den 4. Weltklimabericht wurden am DKRZ auf kleinere Skalen mit regionalen Klimamodellen (RCM) 'runterskaliert'. Die Regionalisierung der CMIP5-Daten wird durch eine breiter angelegte, internationale World Climate Research Programme (WCRP) Initiative CORDEX (Coordinated Regional Downscaling Experiment) koordiniert.
Am DKRZ werden vor allem die Daten des MPI-ESM-LR, aber auch die Daten anderer CMIP5-ESM mit den RCMs CCLM (COSMO-Model in Climate Mode) und REMO (Regional Model) auf drei Gittern (Afrika mit 50 bzw. 25 km und Europa mit 12 km Gitter) regionalisiert. Afrika ist von CORDEX als die primäre Domäne festgelegt, die von allen RCMs berechnet werden muss. Die Auswahl weiterer der insgesamt zwölf CORDEX-Regionen ist freigestellt. Diese Aktivitäten laufen noch.
4. CMIP5-Datenarchive
Die weltweiten CMIP5 Daten einheitlich zu verwalten und Nutzern zugänglich zu machen stellt bei einer erwarteten Datenmenge von mehr als 10 PB eine besondere Herausforderung dar. Eine zentralisierte Bereitstellung wie bei CMIP3 schließen die Datenmenge und die erwartete, hohe Anzahl der Zugriffe aus. Daher wurde die weltweite Earth System Grid Federation (ESGF) ins Leben gerufen, dessen Gründungsmitglied das DKRZ ist. ESGF entwickelt Komponenten basierend auf Datenknoten und Portalen (sogenannten Index-Knoten), sowohl, um die Datensicherheit zu erhöhen als auch, um die Zugriffslast zu verteilen.
Das ESGF bildet die Grundlage des weltweit verteilten CMIP5-Archivs, dessen europäischer Teil im Rahmen des IS-ENES FP7-Projekts koordiniert wird. Für eine zuverlässige CMIP5 Datenbereitstellung haben sich das DKRZ, das BADC (Großbritannien) sowie das PCMDI (USA) verpflichtet, häufig genutzte CMIP5-Daten zu replizieren und langfristig zu speichern. ESGF wird auch regionalisierte Daten des CORDEX-Projekts bereitstellen.
Für den Vergleich von Daten unterschiedlicher Institutionen, Modelle oder Konfigurationen benötigen Forscher reichhaltige Metadaten zu den generierten Modelldaten. Grundlegende Metadatenwerden hierbei durch die ESGF Index Knoten direkt bereitgestellt. Darüber hinausgehende wissenschaftliche Informationen, beispielsweise zur Konfiguration des verwendeten gekoppelten Modelles, wurden innerhalb des europäischen Metafor-Projektes gesammelt. Metafor entwickelte zudem ein einheitliches Metadaten-Modell ‑ das Common Information Model (CIM) ‑ mit dem Ziel, einen Beschreibungsstandard für Experimente und Klimamodelle bereitzustellen.
Viele auf den CMIP5-Daten basierende Veröffentlichungen wurden bereits publiziert und finden teilweise auch Eingang in den IPCC-Bericht des Weltklimarates. Um die CMIP5-Daten einheitlich zu referenzieren, entwickelte das DKRZ einen Datenpublikationsablauf, welcher die Zuordnung von Digital Object Identifiern (DOI) zu Gruppen von zusammengehörigen Datensätzen und deren Zitation ermöglicht.