Grundlagenforschung erfolgreich anwenden
Stifterverbandspreis bis 2019
Bis 2019 hat der Stifterverband gemeinsam mit der Max-Planck-Gesellschaft alle zwei Jahre einen Wissenschaftspreis für Projekte aus der Grundlagenforschung, die erfolgreich in der Praxis angewandt werden. Ab 2022 werden mit dem Preis erfolgreiche Ausgründungen aus der Max-Planck-Gesellschaft ausgezeichnet.
Die Preisträger im Überblick:
2019
Anders als im Atlas unseres Planeten finden sich im zellulären Nanokosmos noch viele weiße Flecken. Die fragile Architektur großer, aus zahlreichen Untereinheiten aufgebauter Proteinkomplexe ist besonders schwer zu entschlüsseln. Ihre Isolation und Aufreinigung reißt die Proteine zudem aus ihrem funktionellen Zusammenhang. Einen komplett neuen Ansatz verfolgt Wolfgang Baumeister – und das bereits seit über drei Jahrzehnten. Der Direktor am Max-Planck-Institut für Biochemie hat eine Methode entwickelt, die der Strukturforschung ganz neue Möglichkeiten und zahlreiche Anwendungsfelder eröffnet: die Kryo-Elektronentomographie. Für seine Pionierarbeit erhält er nun den Wissenschaftspreis des Stifterverbandes 2019. Der mit 50.000 Euro dotierte Preis wird am 25. Juni von der Max-Planck-Gesellschaft gemeinsam mit dem Stifterverband im Rahmen der MPG-Jahresversammlung in Hamburg verliehen.
Wolfgang Baumeister wird für seine Spitzenleistungen auf dem Gebiet der Kryo-Elektronentomographie geehrt. Das Besondere: Molekulare und supramolekulare Strukturen werden im Kontext intakter Zellen mit hoher räumlicher Auflösung untersucht. Die Jury begründet die Auszeichnung mit der hohen wirtschaftlichen Relevanz der Methode, die sich in wichtigen Gebieten der Hochtechnologie, wie der Elektronik, der Materialtechnik und der Pharmazie, zeigt. Mithilfe der Kryo-Methode können größere räumliche Strukturen von Zellen bis hin zu elektronischen Bauelementen tomographisch erfasst und mit höchster Auflösung analysiert werden.
„Wir entwickeln Methoden, um die molekulare Architektur von Zellen sichtbar zu machen“, fasst Baumeister seinen Forschungsschwerpunkt zusammen. Die von ihm und seinem Team entwickelte Methode der Kryo-Elektronentomographie eröffnet der Strukturforschung ganz neue Möglichkeiten: Ganze Zellen oder Zellorganellen werden blitzartig in flüssigem Stickstoff ‚schockgefroren’. Eingebettet in glasartiges Eis bleibt jetzt die fragile Zellarchitektur unverändert erhalten. Von den zu untersuchenden Proben werden zweidimensionale Bilder aus verschiedenen Blickwinkeln aufgenommen. Aus diesen Bildern wird dann ein dreidimensionales Bild rekonstruiert. Dank dieser Technik ist die Architektur vieler Proteine in ihrem zellulären Umfeld schon geklärt.
2017
Zucker birgt noch süße Zukunftsaussichten – und das auch in unerwarteten Bereichen wie der Medizin. So sind synthetische Zucker unter anderem Bestandteil neuartiger Impfstoffe gegen Infektionskrankheiten wie multiresistente Krankenhauskeime. Die schnelle und verlässliche Herstellung von Zuckern war die Idee von Peter H. Seeberger, Direktor am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam. Seeberger ist ein Pionier der Glykowissenschaften, dem Forschungsgebiet, das die Rolle von Zuckermolekülen untersucht. Gemeinsam mit der Max-Planck-Gesellschaft zeichnet der Stifterverband Seeberger nun mit dem Wissenschaftspreis 2017 aus.
Peter Seeberger wird geehrt, weil er die Umsetzung herausragender Grundlagenforschung in Produkte durch die Gründung mehrerer Firmen mit Nachdruck vorantreibt. Die GlycoUniverse vertreibt die von Seeberger entwickelten Automaten und synthetischen Zucker, während die Vaxxilon AG Impfstoffe gegen Krankenhauskeime entwickelt.
Einer der Forschungsschwerpunkte von Peter Seeberger sind die langen und komplexen Zuckermoleküle, die sogenannten Glykane, die sich auf der Oberfläche aller Körperzellen befinden. Diese Zucker haben für die Lebensabläufe in den Organismen entscheidende Bedeutung – im Guten wie im Schlechten, da beispielsweise auch krank machende Bakterien mit ihrer Hilfe an Köperzellen andocken können. Lange konnten Wissenschaftler die Struktur und Funktion der Glykane nicht grundlegend verstehen.
Dies änderte Seeberger, indem er eine neue chemische Technik entwickelte, die den schnellen und verlässlichen Zugang zu reinen Glykanen ermöglichte. Nachdem ab 2001 begonnen wurde, andere Instrumente speziell dafür zu modifizieren, konstruierten Seeberger und seine Mitarbeiter 2008 den ersten Prototyp eines Kohlenhydratsynthese-Automaten, der heute im Deutschen Technikmuseum in Berlin ausgestellt ist. Seit 2014 vermarktet die von Seeberger mitgegründete Firma GlycoUniverse mit Sitz in Berlin mit dem GlyconeerTM eine kommerzielle Version, die in Europa, Asien und Nordamerika nachgefragt wird.
Das automatisierte Syntheseverfahren half den Forschern, schnell Zucker herzustellen, die für diagnostische Zwecke auf Oberflächen aufgebracht werden, um zum Beispiel Blut auf Antikörper zu untersuchen. Mit diesen „Zuckerchips“ konnten Glykane von der Bakterienoberfläche identifiziert werden. Diese können als Impfstoffe Tiere vor dem sicheren Tod durch Krankenhauskeime wie C. difficile und Klebsiellen sowie Tropenkrankheiten schützen. Die am MPI identifizierten Impfstoffkandidaten sollen nun in der im Jahr 2015 gegründeten Vaxxilon AG – ein Start-up mit bereits 15 Mitarbeitern in Reinach (Schweiz) und einem eigenen Forschungsbereich in Berlin – zur Marktreife entwickelt werden. Das Paul-Ehrlich-Institut hat für eine erste klinische Erprobung eines Kandidaten für Streptokokkenimpfungen grünes Licht gegeben. „Die neue Klasse von Impfstoffen lässt sich schneller und günstiger herstellen und bietet darüber hinaus weitere Vorteile in der Verteilung und Verabreichung, die den weltweiten Zugang zu Impfstoffen verbessern kann“, unterstreicht Seeberger.
Auch auf anderen Feldern ist Seeberger aktiv. So hat sein Forscherteam herausgefunden, wie sich der effektivste Wirkstoff gegen Malaria, Artemisinin, deutlich kostengünstiger und in großer Menge herstellen lässt. Aus der Weiterentwicklung dieses 2012 vorgestellten Verfahrens wurde zur Umsetzung die ArtemiFlow ausgegründet. Über dieses Start-up treibt Seeberger die Entwicklung und Anwendung eines Reaktors zur neuartigen Artemisinin-Herstellung voran. Als passionierter Grundlagenforscher ist Seeberger in weiteren Bereichen an der Schnittstelle hin zur Anwendung seiner Erkenntnisse aktiv. So hält er mehr als 40 Patentfamilien und hat insgesamt acht Firmen mitgegründet.
Peter Seeberger, Jahrgang 1966, studierte an der Universität Erlangen-Nürnberg Chemie und promovierte 1995 als Fulbright-Stipendiat an der University of Colorado in Boulder in Biochemie. Nach einem Postdoktorandenaufenthalt am Sloan-Kettering-Institut für Krebsforschung in New York wurde er 1998 Assistant Professor am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und avancierte dort 2002 zum Firmenich Associate Professor of Chemistry.
Ab 2003 war er Professor für Organische Chemie am Departement für Chemie und angewandte Biowissenschaften der ETH Zürich und Affiliate Professor am Sanford-Burnham Institut in La Jolla, Kalifornien. Seit 2009 leitet er die Abteilung „Biomolekulare Systeme“ am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam.
2015
Pflanzen und ihre Inhaltsstoffe bestimmen nämlich maßgeblich den Geschmack von Speisen. Der enormen Vielfalt dieser Inhaltsstoffe, hat sich Lothar Willmitzer gewidmet. Der Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie in Golm bei Potsdam hat sich der Erforschung des Pflanzenstoffwechsels verschrieben und ist einer der Gründerväter des Metabolomik genannten Forschungsfeldes. Gemeinsam mit der Max-Planck-Gesellschaft zeichnet der Stifterverband Willmitzer nun mit dem Stifterverbandspreis 2015 aus. Der Preis ist mit 50.000 Euro dotiert. Willmitzer hat dabei nicht nur die Grundlagenforschung vorangetrieben, sondern auch mehrere Firmen gegründet,die seine Forschungsergebnisse erfolgreich weiter entwickeln. Ziel der Ausgründungen ist, Nutzpflanzen mit verbesserten Eigenschaften auszustatten, so dass sie beispielsweise mehr Nährstoffe besitzen oder höhere Erträge erbringen.
Einer der Forschungsschwerpunkte von Willmitzer war zunächst die Bildung und Speicherung von Kohlenhydraten. Er untersuchte Enzyme und ihre Gene, die den Aufbau von Stärke beeinflussen. Er war einer der ersten, der die Gentechnik dazu einsetzte, die Biochemie und Physiologie von Pflanzen zu untersuchen. Dabei schaltete er einzelne Gene aus und beobachtete die Wirkung auf biochemische Vorgänge in den Zellen. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse waren die Basis für Willmitzers erste Firmengründung: PlantTec, gegründet 1996 in Potsdam-Hermanswerder, überführte die Ergebnisse aus der Grundlagenforschung in die praktische Anwendung. Das Biotech-Startup konzentrierte sich auf die Entwicklung gentechnisch veränderter Kartoffeln, Mais und Getreide mit höherem Stärkegehalt. Das wirtschaftlich erfolgreiche Unternehmen mit seinen über 70 Mitarbeitern ging 2010 in der Pflanzensparte von Bayer CropScience, Leverkusen, auf.
Nach der Gründung von PlantTec wandte sich Willmitzer einem neuen Feld zu, der Erforschung pflanzlicher Stoffwechselprodukte. Wieder nutzte er gentechnisch veränderte Pflanzen und analysierte den Einfluss von Genen auf den pflanzlichen Stoffwechsel. Mit klassischen biochemischen Analysen konnte Willmitzer die riesige Anzahl verschiedener Pflanzeninhaltsstoffe jedoch nicht untersuchen. Deshalb setzte er auf eine damals neue Technologie, die Massenspektrometrie. Mit dieser Methode konnte er viele Substanzen auf einmal anhand ihres Molekülgewichts voneinander unterscheiden. Er untersuchte damit Pflanzen, in denen einzelne Gene ausgeschaltet waren, und bestimmte, für welche Stoffwechselprodukte diese Gene verantwortlich sind. Willmitzer begründete damit das Forschungsgebiet der Metabolomik.
Mit einer weiteren Unternehmensgründung wollte er diese Erkenntnisse nutzbar machen. Die Max-Planck-Ausgründung „metanomics“ analysiert systematisch das Erbgut der Ackerschmalwand Arabidopsis thaliana und baut eine Datenbank all ihrer Metaboliten auf. Das Ziel ist, mit diesem Wissen Nutzpflanzen wie Mais, Reis, Soja oder Baumwolle mit verbesserten Eigenschaften auszustatten. metanomics gehört heute zum BASF-Konzern und beschäftigt rund 160 Mitarbeiter. Darüber hinaus hat Willmitzer zwei weitere Startups gegründet: Metasysx bietet Metabolomik-Daten und deren Analyse an, Targenomix untersucht die Wirkung kleiner Moleküle auf Pflanzenzellen.
Willmitzer hat also über die Jahre nicht nur herausragende Ergebnisse für die Grundlagenforschung gewonnen, sondern auch dafür gesorgt, dass dieses Wissen in praktische Anwendungen eingeht. Davon zeugen die vier von ihm gegründeten Unternehmen mit zusammen mehr als 220 Mitarbeitern.
Lothar Willmitzer studierte Chemie an der Technischen Universität Braunschweig und forschte zunächst am Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung in Köln. Als Direktor am Institut für Genbiologische Forschung Berlin und Lehrstuhlinhaber an der Freien Universität Berlin untersuchte er die Bildung von Stärke. 1993 wurde er Gründungsdirektor des Max-Planck-Instituts für molekulare Pflanzenphysiologie in Golm bei Potsdam und widmete sich fortan vor allem dem pflanzlichen Metabolismus.
2013
Jens Frahm, Leiter der Biomedizinischen NMR Forschungs GmbH am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie, erhält den diesjährigen Wissenschaftspreis des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft. Gemeinsam mit der Max-Planck-Gesellschaft ehrt der Stifterverband den Physiker für seine bahnbrechenden Weiterentwicklungen in der Magnetresonanz-Tomografie (MRT). Seine neue FLASH-Technologie machte die MRT zu einem der erfolgreichsten bildgebenden Verfahren: Sie wird heute in Kliniken weltweit routinemäßig eingesetzt. Die mit 50 000 Euro dotierte Auszeichnung wird dem Preisträger am 5. Juni 2013 auf der MPG-Jahresversammlung in Potsdam von Stifterverbandspräsident Arend Oetker und Max-Planck-Präsident Peter Gruss verliehen. „Das Flash-Verfahren ist ein Parade-Beispiel für die erfolgreiche Anwendung von Grundlagenforschung in der Praxis. Jens Frahm hat damit der medizinischen Diagnostik einen unschätzbaren Dienst erwiesen“, so Peter Gruss.
Hat eines der inneren Organe des Unfallopfers Schaden genommen? Warum hat ein Sportler Probleme mit dem Kniegelenk? Könnte bei der Patientin das Nervengewebe krankhaft verändert sein? Diese und andere Fragen klären Mediziner auf der ganzen Welt heutzutage mithilfe der bildgebenden Magnetresonanz-Tomografie. Anders als bei Röntgentechniken ist dieses Verfahren für Patienten völlig unschädlich. Doch bis Mitte der 1980-er Jahre war die MRT für den Einsatz in der Medizin noch viel zu langsam: Eine einzelne Schichtaufnahme dauerte Minuten. An dreidimensionale Darstellungen des Körpers war gar nicht zu denken. Möglich wurde dies erst, als Jens Frahm 1985 die schnelle Aufnahmetechnik FLASH (Fast Low Angle Shot) entwickelte. Die Methode beschleunigte MRT-Bilder um mehr als das Hundertfache.
Die MRT-Technik macht sich die Wasserstoff-Atomkerne im menschlichen Körper zunutze. Diese verhalten sich wegen ihres Drehimpulses, dem Kernspin, wie winzige Magnete. Liegt ein Patient in der MRT-Röhre, die ein starkes Magnetfeld erzeugt, richten sich die Wasserstoff-Atomkerne aus. Das MRT-Gerät sendet nun zusätzlich einen kurzen Radiofrequenzpuls im UKW-Bereich aus, der die Kerne aus ihrer geordneten Ausrichtung ablenkt. Bei Rückkehr der Kernspins in ihre Ausgangslage werden Radiowellen aus dem Körper abgegeben, die sich mit empfindlichen Empfangsspulen aufzeichnen lassen. Aus vielfach wiederholten Messungen mit unterschiedlicher Ortskodierung wird dann mithilfe eines Computers ein Bild berechnet.
Bis zu Frahms FLASH-Idee waren zwischen den Einzelmessungen jedoch sehr lange Wartezeiten nötig. Mit einem physikalischen Trick gelang es ihm, diese Zwangspausen zu umgehen und die Bildaufnahmezeiten radikal zu verkürzen. Im Jahr 2010 gelang Frahm mit seinen Mitarbeitern ein weiterer großer Durchbruch: FLASH 2. Dafür verwenden die Göttinger eine andere Methode der Datenaufnahme, die mit wesentlich weniger Einzelmessungen auskommt. Möglich macht dies ein neues mathematisches Bildrekonstruktionsverfahren, das Frahms Team entwickelt hat.
Durch FLASH 2 sind die MRT-Aufnahmen nochmals erheblich schneller geworden und benötigen nur noch eine Dreißigstel Sekunde. Die neue Technik macht erstmals Echtzeitfilme vom menschlichen Herzschlag, vom Blutfluss oder von Sprech- und Schluckvorgängen mit 30 Bildern pro Sekunde möglich. Zwar sind die Computer der klinischen MRT-Geräte derzeit noch nicht schnell genug, um die Bilder parallel zur Aufnahme zu berechnen. In Göttingen können die meisten Prozesse aber schon live verfolgt werden. In Kooperation mit Medizinern soll die Echtzeit-MRT rasch in die klinische Erprobung kommen und Schritt für Schritt für die Patienten nutzbar gemacht werden. Damit rücken auch minimal-invasive Eingriffe unter direkter MRT-Kontrolle in greifbare Nähe.
Jens Frahm, Jahrgang 1951, studierte an der Georg-August-Universität Göttingen Physik und promovierte 1977 bei Hans Strehlow am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Physikalischer Chemie. Im Anschluss forschte er als wissenschaftlicher Assistent am Institut und leitete dort von 1982 bis 1992 eine selbstständige Forschungsgruppe. Seit 1993 ist Frahm Leiter der am Max-Planck-Institut angesiedelten gemeinnützigen Biomedizinischen NMR Forschungs GmbH. Im Jahr 1997 wurde er Außerplanmäßiger Professor an der Fakultät für Chemie der Universität Göttingen. Jens Frahm ist Auswärtiges Wissenschaftliches Mitglied am Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation und Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. Für seine Forschungsarbeiten wurde er mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter der Gold Medal Award der International Society for Magnetic Resonance in Medicine (1991), der Karl Heinz Beckurts-Preis (1993) und der Forschungspreis der Sobek-Stiftung (2005).
2012
Die vollständige Entschlüsselung des menschlichen Erbguts mit seinen rund drei Milliarden Bausteinen gilt als Meilenstein der Wissenschaft. Eugene W. Myers, Professor für Computerwissenschaften an der University of California in Berkeley und Pionier der Bioinformatik, hatte daran entscheidenden Anteil.
Als Leiter der Bioinformatik-Abteilung des US-Unternehmens Celera Genomics entwickelte er Verfahren für die Aneinanderreihung der bei der Sequenzierung zunächst entstehenden Genabschnitte (Klone). Myers erkannte als Erster, dass das Problem der richtigen Anordnung (Assemblierung) von Genabschnitten durch vorhergehende Größenselektion der Klone behandelbar ist. Mithilfe von Simulationen demonstrierte er, dass bei Verwendung von Klonen zweier definierter Größen die Überlappungen der Sequenzen für das gesamte Humangenom aufgelöst werden konnten - der Schlüssel zur Darstellung des gesamten Genoms.
2009
Ernst Bamberg, Direktor am Max-Planck-Institut für Biophysik in Frankfurt am Main hat sich seit Beginn seiner Forscherlaufbahn mit experimentellen und theoretischen Grundlagen zum Mechanismus des Ladungstransports über biologische Membranen beschäftigt, und dabei insbesondere Licht und durch Licht aktivierbare Moleküle eingesetzt. Zusammen mit Peter Hegemann und Georg Nagel hat er 2002 erstmals lichtaktivierbare Ionenkanäle in Membranen entdeckt, sogenannte Channelrhodopsine, und damit die Neurobiologie revolutioniert: Nun ist es tatsächlich möglich, Nervenzellen im Gehirn durch Licht ein- und auszuschalten. Bamberg ist damit zum Mitbegründer eines ganz neuen Forschungsgebietes geworden, der Optogenetik.
2007
Fritz Scharpf, ehemaliger Direktor am Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung in Köln, ist einer der führenden Politikwissenschaftler der Welt: Er hat mit seinen Arbeiten und seinem Wirken die deutsche und europäische Politik beeinflusst und der sozialwissenschaftlichen Grundlagenforschung zur Umsetzung in politische Entscheidungen verholfen.
2005
Die drei vom Max-Planck-Institut für Metallforschung in Stuttgart stammenden Wissenschaftler Eduard Arzt, Huajian Gao und Stanislav Gorb sowie ihr Kollege Ralph Spolenak von der ETH Zürich haben herausgefunden, warum Fliegen, Spinnen und sogar Geckos selbst auf Glas sicheren Halt finden und daraus technisch einsetzbare Haftsysteme entwickelt. Diese ermöglichen reversible, feste Verbindungen von Werkstoffen – ohne jedes Schweißen oder Kleben.
2004
Martin Jansen und seinem Team am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart gelang es, eine neue Klasse keramischer Hochleistungswerkstoffe zu entwickeln, die metallische Werkstoffe zum Beispiel in Verbrennungsmotoren und Flugzeugturbinen ersetzen können. Mit einem neuen, möglichst leichten Werkstoff, der höheren Temperaturen ohne Kühlung standhält, lassen sich solche Motoren ressourcen- und umweltschonend bauen.
2002
Für seine Arbeiten an neuen Polymer-Farbstoffen wurde Klaus Müllen, Direktor am Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz, mit dem Preis des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft ausgezeichnet. "Quaterrylendiimid" heißt einer der neuen Farbstoffe. Er absorbiert infrarotes Licht, für das Auge unsichtbare Wärmestrahlung. Beschichtet man Glas damit, nimmt es wie ein Kollektor Sonnenwärme auf und lässt sich beispielsweise zum Wärmemanagement in Häusern nutzen.
2001
Für die Entwicklung von industrierelevanten Hochdurchsatzverfahren in der Katalyseforschung wurde Ferdi Schüth, Direktor am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mülheim an der Ruhr, geehrt. Katalysator-Substanzen in winzigen Mengen steuern mehr als 90 Prozent aller modernen Prozesse in der chemischen Industrie. Verbesserungen an bekannten oder die Entdeckung neuer, effizienterer Katalysatoren führen oft zu erheblichen Rohstoff- und Energieeinsparungen. Die Anwendungen erstrecken sich von chemischen Produktionsprozessen über die Nutzung neuer Energieträger bis hin zur Abgasreinigung in Fahrzeugen und Kraftwerken.
2000
Joseph Straus gilt als der führende deutsche Wissenschaftler auf dem Gebiet des Patentrechts biologischer Erfindungen und ist unter anderem Berater für den Deutschen Bundestag, die Bundesregierung, die DFG und viele andere Organisationen. Der Jurist hat immer Fragen aufgegriffen, die sich mit ethischen Normen, wirtschaftlichem und entwicklungspolitischem Handeln sowie staatlicher Normengebung in der Biotechnologie befassen.
1999
Peter Gruss und Herbert Jäckle, Direktoren am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie, erhielten 1999 den Stifterverbandspreis für ihre Forschung auf dem Gebiet der Biotechnologie, die auch zur Gründung der Firma DeveloGen in Göttingen führte. Ziel der Firma ist es, Mechanismen und Kontrollprozesse der Embryonalentwicklung zur Wiederherstellung defekter Organstrukturen und -funktionen einzusetzen, beispielsweise zur Therapie von Fettleibigkeit, von Diabetes und zur Bekämpfung von Krebs.
1998
Die Arbeiten von Gregor Morfill, Direktor am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik, schlagen den Bogen von der Astronomie zur medizinischen Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse. Dabei macht sich Morfill die Prinzipien der Informationstheorie zunutze. Denn zwischen zwei einander umkreisenden Sternen und einem pochenden Herz gibt es durchaus Gemeinsames: Beide senden eine Flut von Daten aus, die von hochsensiblen Messinstrumenten registriert und leistungsfähigen Computern verarbeiten und visualisiert werden können. Ursprünglich für die Auswertungen von Beobachtungen mit Forschungssatelliten erarbeitet, haben sich diese Methoden in zahlreichen Anwendungen bewährt. Beispiele sind medizinische Diagnosen oder Therapiekontrollen gegen den plötzlichen Herztod.