Schwarze Löcher
Schwarze Löcher gehören zum festen Inventar von Science-Fiction und sind doch sehr real. Sie bestehen nicht aus Materie und haben doch Masse. Daher ließen sie sich bis vor Kurzem auch nicht direkt beobachten, sondern nur über die Wirkung ihrer Schwerkraft auf die Umgebung: Sie krümmen Raum und Zeit und besitzen eine geradezu unwiderstehliche Anziehung. Die Idee hinter diesen exotischen Objekten ist über 230 Jahre alt und doch dauerte es, bis man ihnen entgültig auf die Schliche kam - mit maßgeblicher Beteiligung von Forscherinnen und Forschern der Max-Planck-Gesellschaft.
Was ist das, ein schwarzes Loch?
Die Masse eines Sterns, versammelt in einem Punkt. Ein Punkt unendlich hoher Dichte, eine Singularität. Eine gedachte Sphäre um diesen Punkt, von der aus ein Raumschiff der zentralen Anziehungskraft nur mit Lichtgeschwindigkeit entkommen könnte, mit anderen Worten: Der Ereignishorizont, an dem eigentlich nichts passiert, außer dass sogar Licht dahinter gefangen bleibt. Ansonsten ist es am Ereignishorizont recht ereignislos, man könnte ihn durchfliegen und würde dabei nirgends aufschlagen. All diese Definitionen sind korrekt, sie beschreiben ein schwarzes Loch. Seine Eigenschaften sind kurios und doch denkbar einfach. Es wird vollständig durch seine Masse und einen Drehimpuls beschrieben, in einer sehr allgemeinen Definition auch mit einer Ladung. Fun Fact: Würde man es schaffen, die Erde auf die Größe einer Kirsche zu quetschen, könnten keine der bekannten Kräfte den vollständigen Kollaps mehr aufhalten. Die Erde würde zu einem schwarzen Loch.
Erstaunlich normal
Wer es etwas genauer wissen möchte: Schwarze Löcher krümmen die Raumzeit. Es ist, als würden sie tiefe Tröge in ein gedachtes Netz reißen, in dem Raum und Zeit miteinander verwoben sind. Einstein hat als Teil der Allgemeinen Relativitätstheorie Gleichungen entwickelt, die sogenannten Einsteinschen Feldgleichungen, die diese Raumzeit und ihre Krümmung beschreiben. Schwarze Löcher sind mathematische Lösungen dieser Gleichungen, genauso wie Wurmlöcher. Letztere wurden bisher aber weder beobachtet noch nachgewiesen und bleiben damit vorerst Science-Fiction.
Was für schwarze Löcher gibt es?
Es gibt schwarze Löcher mit sehr vielen verschiedenen Massen. Manche entstanden direkt nach dem Urknall und sind nur so groß wie ein Atom und doch so schwer wie ein Wolkenkratzer. Andere entstehen, wenn schwere Sterne, viel schwerer als unsere Sonne, am Ende ihres Lebens kollabieren. Die größten Schwerkraftfallen aber residieren in den Zentren von Galaxien und erreichen das Milliardenfache der Masse der Sonne. Wie sie so schwer werden können, ist immer noch eine offene Forschungsfrage. Schwarze Löcher können schnell an Masse zulegen, wenn kleinere Exemplare miteinander verschmelzen. In den Zentren aktiver Galaxien sorgt zudem ein ständiger Zustrom an Materie dafür, dass sie mit etwa einer Sonnenmasse pro Jahr kontinuierlich wachsen. Im Verlauf der 13.8 Milliarden Jahre langen Entwicklungszeit des Universums bis heute, ist vielerorts einiges zusammengekommen.
Wie weisen Forschende ein schwarzes Loch nach?
Schwarze Löcher zeichnen sich vor allem durch ihre ewige Dunkelheit aus und bleiben auf Fotos des Nachthimmels unerkannt. Sie interagieren mit ihrer Umgebung nur über die Gesetze der Schwerkraft. Umkreisen sich etwa zwei schwarze Löcher, senden sie dabei Wellen durch das Raum-Zeit-Kontinuum, die auch unter maßgeblicher Beteiligung der Max-Planck-Gesellschaft erst vor wenigen Jahren gemessen wurden. Die Daten der Gravitationswellendetektoren zeugen von einer Vielzahl schwarzer Löcher, die sonst unerkannt geblieben wären.
Bisher enttarnten Astronominnen und Astronomen schwarze Löcher vor allem dann, wenn Materie sie umkreist und sich dabei aufheizt oder wenn Materie auf sie fällt. In beiden Fällen entsteht elektromagnetische Strahlung, also Licht, welche empfindliche Teleskope messen können. Auf diese Weise fand man nur ein Paar Hände voll kleiner schwarzer Löcher in unserer Milchstraße, die vom Tod massereicher Sterne herrühren. Es könnten aber noch viel mehr schwarze Löcher in der Milchstraße existieren, die sich Messinstrumenten bisher gänzlich entziehen. Auch primordiale schwarze Löcher fallen in diese Kategorie. Von ihnen geht keine Gefahr aus, denn sie befinden sich offenbar in ausreichender Entfernung zur Erde und sind, wenn es sie gibt, nicht schwerer als ein Mond oder ein Planet. Sie könnten dabei so zahlreich sein, dass manche Forschenden sogar versuchen mit ihnen die Dunkle Materie zu erklären.
Und wie gelang das erste Foto eines schwarzen Lochs?
Andrea Ghez von der University of California und Reinhard Genzel vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik beobachteten 2001, wie Sterne einen unsichtbaren Punkt im Zentrum der Milchstraße umkreisten wie Planeten einen Stern. Für diese Entdeckung eines supermassereichen kompakten Objekts im Zentrum unserer Heimatgalaxie erhielten beide im Jahr 2020 den Physik Nobelpreis.
Der Direkte Beweis, das erste Bild einer dieser kosmischen Schwerkraftfallen, gelang einem internationalen Team unter Beteiligung der Max-Planck-Gesellschaft erst im Jahr 2019. Eine einfache Kamera an einem Teleskop hätte nie die nötige Auflösung erreicht. Das Zauberwort heißt Interferometrie: Forschende vernetzten acht bodengebundene Radioteleskope aus der ganzen Welt zu einem virtuellen Teleskop mit der Größe der Erde. Dem Event Horizon Telescope gelang damit ein Foto des schwarzen Lochs im Zentrum der Galaxie M87, die 55 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt ist. Genauer: Ein Foto von leuchtendem Gas, das das schwarze Loch wie ein Ring umgibt. Der Ring erscheint von der Erde aus nur so groß, wie ein Konzertscheinwerfer auf dem Mond.
Wenig später, im Jahr 2022, „fotografierten“ Astronominnen und Astronomen schließlich das schwarzen Lochs im Zentrum unserer eigenen Galaxie, der Milchstraße. Auf Grund von gehörigen Gasmengen zwischen dem Zentrum und der Erde, gestaltete sich die Datenanalyse hier schwerer als im Fall von M87. Auch wenn es mit „nur“ 27.000 Lichtjahren viel näher liegt als die Schwerkraftfalle im Zentrum von M87, erschien es für die Teleskope am Himmel ähnlich groß. Das liegt daran, dass es mehr als tausendmal kleiner und viel leichter ist.