Planetengeburt im Bild
Astronomen gelingt detailreiche Aufnahme des jungen Himmelskörpers PDS 70b
Die Astronomen kennen bisher mehr als 3800 Planeten, die um fremde Sonnen kreisen. Jetzt haben sie einen extrem jungen Exoplaneten entdeckt: Der Gasriese mit der Bezeichnung PDS 70b befindet sich innerhalb einer Lücke der protoplanetaren Scheibe um seinen Mutterstern – und damit noch in der Umgebung seiner Geburt. Offenbar zieht er immer noch neue Materie auf sich. Damit bietet PDS 70b die einzigartige Gelegenheit, Entstehungsmodelle von Planeten zu testen und etwas über die frühe Geschichte unseres Sonnensystems zu lernen.
Die Suche nach Exoplaneten hat bis heute knapp 4000 Exemplare mit unterschiedlichen Größen, Massen sowie Abständen von ihren Muttersternen zutage gefördert. Wie sie entstehen, weiß man aber nicht genau. Zwar diskutieren die Forscher über diverse Theorien und Modelle. Doch in der Praxis war es bisher kaum möglich, Planeten im Zustand ihrer Geburt nachzuweisen, den Prozess direkt zu untersuchen und seine Eigenschaften mit den Berechnungen zu vergleichen.
Genau das ist Astronomen des Max-Planck-Instituts für Astronomie in Heidelberg und des Konsortiums des SPHERE-Instruments am Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte (ESO) nun gelungen: Sie spürten den Planeten PDS 70b in einer Entfernung von 22 Astronomischen Einheiten (AE) vom Zentralgestirn PDS 70 auf. Das heißt, der Himmelskörper ist 22-mal so weit von seinem Stern entfernt wie die Erde von der Sonne.
„Wir haben uns für unsere Untersuchung mit PDS 70 einen Stern ausgesucht, bei dem man bereits vermutete, dass dort ein junger Planet seine Kreise ziehen könnte“, sagt Miriam Keppler, Doktorandin am Heidelberger Max-Planck-Institut und Erstautorin jenes Fachartikels, der die Entdeckung schildert.
PDS 70, ein 5,4 Millionen Jahre junger sogenannter T-Tauri-Stern, ist von einer protoplanetaren, 130 AE breiten Scheibe aus Gas und Staub umgeben. Zum Vergleich: Der äußere Rand des Sonnensystems – der Kuipergürtel – reicht nur bis etwa 50 AE ins All hinaus. Solche Scheiben bestehen aus Material, das nach der Entstehung eines Sterns übrigblieb.
Die zirkumstellare Scheibe um PDS 70 weist eine große Lücke auf. Man vermutet, dass solch eine Lücke typischerweise dadurch entsteht, dass ein junger Riesenplanet auf seiner Bahn um den Mutterstern Scheibenmaterie aufsammelt. Durch die Wechselwirkung mit der Scheibe verändert er dabei langsam seinen Abstand zum Zentralgestirn. Auf diese Weise räumt er allmählich eine größere Zone innerhalb der Scheibe frei.
In einer Untersuchung unter der Leitung von André Müller, ein Kollege Kepplers am Max-Planck-Institut für Astronomie, gewannen die Forscher ein spektakuläres Bild des rund 370 Lichtjahre entfernten PDS 70-Systems: Auf dieser Aufnahme ist der Planet am inneren Rand des Scheibenspalts als heller Fleck zu erkennen. Er umläuft seinen Mutterstern einmal innerhalb von etwa 120 Jahren. Ein Spektrum des Exoplaneten erlaubte es, seine atmosphärischen und physikalischen Eigenschaften zu bestimmen.
Tatsächlich zeigt die Analyse, dass PDS 70b ein riesiger Gasplanet mit mehreren Jupitermassen und einer Temperatur von knapp 1000 Grad Celsius ist – ungleich heißer als jeder Planet in unserem Sonnensystem. Der Himmelskörper ist offenbar jünger als der zentrale Stern und dürfte nach wie vor wachsen. Zudem zeigen die Daten, dass der Planet von Wolken umgeben ist. Und schließlich bestätigt PDS 70b die Vorstellung, dass sich Gasplaneten wie Jupiter in größerer Entfernung von ihrem Zentralstern bilden sollten.
Um protoplanetare Scheiben sichtbar zu machen, wenden die Forscher raffinierte Beobachtungs- und Auswerteverfahren an. Auf normalen Bildern überstrahlt der Stern alle Objekte in seinem direkten Umfeld. Mit dem SPHERE-Instrument am Very Large Telescope jedoch lässt sich das Licht, das uns direkt vom Stern erreicht, weitgehend eliminieren. Dafür nutzt die Kamera die Eigenschaft der Polarisation des Lichts: Linear polarisierte Lichtwellen schwingen nur in einer Ebene. Das Licht eines Sterns ist dagegen überwiegend unpolarisiert. Trifft es auf die Scheibe, wird es bei der Streuung an den Staubteilchen linear polarisiert.
Nutzt man nun einen entsprechenden Polarisationsfilter, der Lichtwellen in nur einer Schwingungsebene durchlässt, detektiert oder blockiert man je nach Ausrichtung das Licht, das von verschiedenen Bereichen der Scheibe kommt. Fotografen nutzen einen ähnlichen Effekt, wenn sie Reflexionen von einer glatten Oberfläche wie einem Glasfenster ausblenden wollen.
Vom Licht des Sterns erhält man dagegen unabhängig von der Filterkonfiguration immer ein Signal. Dieser Unterschied erlaubt es den Astronomen, das direkte Sternenlicht aus den Daten herauszurechnen. Unterstützt wird die Operation durch eine weitere Methode: Die Astronomen decken den Stern mit einer Blende ab. Übrig bleibt ein Abbild der Scheibe.
MNI / HOR