Matthias Mann für Europäischen Erfinderpreis 2019 nominiert
Das Europäische Patentamt hat den Forscher Matthias Mann vom Max-Planck-Institut für Biochemie als einen der drei Finalisten im Bereich Forschung nominiert. Mit dem Erfinderpreis werden in fünf Kategorien einzelne Erfinder und Teams ausgezeichnet, die mit ihren Entwicklungen dazu beitragen, technologische Antworten auf die wichtigsten Herausforderungen unserer Zeit zu finden. Die Gewinner wurden am 20. Juni 2019 in Wien gekürt.
Etwa 12.000 verschiedene Proteine stellt eine einzige menschliche Körperzelle her, alle zusammen genommen produzieren über 120.000 verschiedene Proteine. Proteine werden aus den Informationen unserer Gene abgeleitet. Sie geben Zellen und Organen Struktur, können als Signalstoffe wirken und sind am Transport von Nährstoffen beteiligt. Sie entscheiden, was in einem Organismus passiert, auch ob ein Organismus gesund bleibt, oder krank wird – sie sind die entscheidenden Spieler im Leben.
Matthias Mann und sein Team haben Methoden weiterentwickelt, mit denen sie das Gewicht und die Anzahl von Proteinen bestimmen können. Aus den erhaltenen Daten kann später jedes Protein identifiziert werden. Dafür nutzen die Forscher die Massenspektrometrie. Mit dieser Methode können sie die Gesamtheit aller Proteine in einer Zelle erfassen – das Proteom. Doch weshalb wollen die Wissenschaftler wissen, welche und wie viele Proteine in den Zellen sind?
Proteine wechselwirken miteinander und müssen in einem gewissen Gleichgewicht zueinander stehen. Um Abweichungen zwischen einer kranken Zelle und einer gesunden Zelle zu erkennen, müssen die Proteine genauer quantifiziert werden. Deshalb haben die Forscher seit Jahren die massenspektrometrischen Messungen an Proteinen verbessert. Anhand der Daten sieht man, ob die Menge eines Proteins unnormal ist und vielleicht eine Krankheit vorliegt. Ein gestörtes Gleichgewicht wird nur erkannt, wenn man die Proteine einer gesunden und einer kranken Zelle direkt miteinander vergleicht. Dafür werden die Ausgangsproben unterschiedlich markiert. Matthias Mann ist nun unter anderem für das Patent der sogenannten SILAC-Markierung zum Erfinder des Jahres nominiert.
Neue Markierung ermöglicht schnelle Proteinanalyse
Diagnose von Krankheiten durch Proteinanalyse
SILAC steht für „Stable Isotope Labeling with Amino acids in cell culture“. Bei dieser Methode schleusen die Forscher die Aminosäuren Arginin und Lysin in die gesunden Zellen ein. Aminosäuren sind die Grundbausteine der Proteine. Das Besondere ist, dass in die gesunden Zellen Aminosäuren mit schweren Kohlenstoffatomen eingeschleust werden. In den kranken Zellen finden sich nur die leichten Kohlenstoffatome. So sind später bei der Messung die Proteine in den gesunden Zellen ein wenig schwerer als die der kranken Zellen und dadurch voneinander unterscheidbar und vergleichbar.
„Mit den bisherigen Methoden konnte man Proteine nicht einfach im großem Stil messen. Es hat mehrere Tage gedauert“, sagt Matthias Mann. Jetzt sind die Forscher in der Lage, aus einem Bluttropfen oder Gewebe Proteine zu identifizieren, die im Vergleich zu gesunden Zellen in zu hohen oder zu geringen Mengen vorhanden sind. „Wir sehen auch, was mit den Proteinen passiert, wenn Zellen vorher mit Medikamenten behandelt wurden. Dies liefert für viele bekannte Krankheiten - von Krebs bis Parkinson - neue Einblicke und kann zukünftig auch für die Diagnostik verwendet werden. Dadurch eröffnen sich neue Wege in die personalisierte Medizin“, so Mann weiter.
Matthias Mann und sein Team haben neben der SILAC-Methode viele weitere Verfahren patentiert, wie zum Beispiel die Software für die Datenanalyse. „Mit den Patenten für Schlüsselverfahren wird die neue Methode auch für Firmen interessant. Es ist mir ein großes Anliegen, dass die analytischen Verfahren in den nächsten Jahren direkt bei den Patienten ankommen“, fasst Matthias Mann zusammen.
Dreimal erfolgreich
Bereits 2018 wurde Jens Frahm vom Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie für seine bahnbrechende Weiterentwicklung in der Magnetresonanztomografie (MRT) mit dem Europäischen Erfinderpreis ausgezeichnet. In zwei Schritten ist es ihm und seinem Team gelungen, die MRT um das bis zu 10.000-fache zu beschleunigen und diese Technologie in der klinischen Praxis zu etablieren.
2017 war Axel Ullrich vom Max-Planck-Institut für Biochemie unter den Finalisten für den Europäischen Erfinderpreis. Die Arbeit des Molekularbiologen sorgte für einen Quantensprung im wissenschaftlichen Verständnis der genetischen und zellulären Ursachen von Krebs und anderen Erkrankungen. In seiner vier Jahrzehnte umspannenden Forschungslaufbahn hat Ullrich Pionierarbeit bei der Entwicklung neuer Klassen von Medikamenten geleistet, darunter zellwachstumshemmende Arzneimittel gegen Brust-, Darm- und Nierenkrebs.
Über den Europäischen Erfinderpreis
Der Europäische Erfinderpreis ist einer der wichtigsten Preise für Innovation in Europa und wird 2019 zum 14. Mal vergeben. Er wird seit 2006 jährlich vom Europäischen Patentamt verliehen. Um sich für die Auszeichnung zu qualifizieren, müssen die eingereichten Vorschläge spezifische Kriterien erfüllen, wie beispielsweise den Nachweis über mindestens eine erteilte europäische Patentierung der Erfindung durch das Europäische Patentamt.
Eine internationale hochkarätig besetzte, unabhängige Jury aus den Bereichen Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Forschung prüft dabei, inwieweit die nominierten Erfinder mit ihrer Arbeit zu technischem sowie gesellschaftlichem Fortschritt, zum Wohlstand und zur Schaffung von Arbeitsplätzen in Europa beigetragen haben.
CM/BA