Diversität leben – aber wie ?
Wie gelingt es, eine langfristige Strategie für eine diverse und inklusive Kultur zu entwickeln? Das Max-Planck-Institut für Psycholinguistik setzt auf eine lokale Arbeitsgruppe
Es gibt aktuell 14 lokale Diversity-Gruppen innerhalb der Max-Planck-Gesellschaft. Eine davon ist die „Diversity & Inclusion“-Arbeitsgruppe am MPI für Psycholinguistik in Nijmegen, Niederlande. Initiiert von Direktorin Caroline Rowland nahm sie im Januar 2021 ihre Arbeit auf. Seitdem treibt die Gruppe, bestehend aus 22 Teilnehmenden aus verschiedensten Bereichen des Instituts, den umfassenden Kulturwandel voran – von innen nach außen.
Ob inklusive Sprache auf Website und Publikationen, Diversitätstrainings für Beschäftigte oder Praktika für benachteiligte Studierende: Einige der Maßnahmen aus der langfristig angelegten Strategie, die die Arbeitsgruppe innerhalb eines Jahres entwickelt hat, lebt das Institut bereits. Aktuell läuft die Ausschreibung für eine*n Diversity & Inclusion-Referenten*in, der bzw. die die Umsetzung der Strategie weiter vorantreiben soll – ebenfalls eine Maßnahme aus dem Strategiepapier. Schon jetzt hat die Zusammenarbeit in der Arbeitsgruppe einiges bewegt – nicht zuletzt unter den Teilnehmenden, die sich einig sind, viel gelernt zu haben: über die eigenen Sichtweisen und die der anderen. Fünf der Mitglieder erzählen, warum sie sich in der Arbeitsgruppe engagieren und wofür sie sich einsetzen. Ein Stimmungsbild – ebenso vielfältig wie inspirierend.
Caroline Rowland, Direktorin
Alle Menschen sollten die Chance haben, ihr Potenzial voll auszuschöpfen. Aber die Realität sieht anders aus: In der Gesellschaft wie auch in der Wissenschaft führen Barrieren dazu, dass einige Menschen dies nicht erreichen. Eine meiner Aufgaben als Max-Planck-Direktorin ist es, so viele dieser Barrieren wie möglich zu beseitigen. Deshalb habe ich zusammen mit meinen Mitarbeiterinnen Karin und Anique die Chance ergriffen, hier am Institut eine D&I-Strategie zu initiieren. Wichtig ist, dass unsere Rolle nicht darin besteht, die Arbeitsgruppe zu leiten. Vielmehr moderieren wir sie, damit die verschiedenen Ideen gehört, unterstützt und umgesetzt werden können. Genau diese Vielfalt an Stimmen in unserer Arbeitsgruppe und im Institut insgesamt stimmt mich sehr optimistisch, dass wir unser Ziel tatsächlich erreichen: in zehn Jahren ein viel diverseres Institut zu haben, in dem sich alle in ihrer Arbeit sicher, geborgen und geschätzt fühlen. So unterstützend, wie jede*r bisher auf die Initiative reagiert hat, glaube ich, dass wir es schaffen werden!
Maggie Wong, Stellvertretende Gleichstellungsbeauftragte
Eines der Anliegen unserer D&I-Arbeitsgruppe ist es, Maßnahmen zu entwickeln und umzusetzen, die unser Institut diverser und inklusiver für Menschen aller Geschlechter machen. Das Konzept der Diversität beinhaltet Geschlechtergerechtigkeit. Es besteht also eine natürliche Wechselwirkung zwischen beiden Themen. Unser Institut hat einen eigenen Gleichstellungsplan, der unser D&I-Strategiepapier ergänzt. Dieses wiederum enthält ebenfalls einen speziellen Teil zur Gleichstellung der Geschlechter. Ich bin seit einem Jahr als Gleichstellungsbeauftragte tätig und konzentriere mich aktuell darauf, unser Einstellungsverfahren zu optimieren – für neue Mitarbeiter*innen aus dem wissenschaftlichen und nichtwissenschaftlichen Bereich. Wir möchten zum Beispiel eine Checkliste einführen, um sicherzustellen, dass die Gleichstellung der Geschlechter vom ersten Tag des Bewerbungsprozesses an berücksichtigt wird.
Julia von der Fuhr, Kommunikationsreferentin
Die Kommunikationsstrategie ist ein wesentlicher Bestandteil unserer D&I-Strategie. Unsere Aktivitäten sollen zunächst dazu beitragen, das Bewusstsein innerhalb des Instituts zu schärfen: Wir bemühen uns, inklusive Sprache zu verwenden, den offenen Dialog zu fördern, und wir informieren unsere Kolleg*innen mit unserem Newsletter über unsere Aktivitäten. Anlässlich des Diversity-Tags haben wir einen speziellen Newsletter verschickt – mit vielen Tipps zu Büchern, Veranstaltungen und praktischen Übungen. Wir haben ein eigenes Logo entwickelt und evaluieren regelmäßig, ob wir unsere gesteckten Ziele erreichen. Indem wir sicherstellen, dass alle wissen, was wir tun, und sich auch engagieren wollen, wächst das Bewusstsein innerhalb unseres Instituts. Das wird sich auch nach außen hin bemerkbar machen.
Anique Heukens, Personalreferentin
Für mich war es sehr wichtig, dass wir dieses Thema in einem ersten Schritt nicht als reines „HR-Thema“ angegangen sind, sondern all unseren Mitarbeiter*innen die Möglichkeit gegeben haben, sich einzubringen und der Arbeitsgruppe beizutreten. So konnten wir uns dem Thema Diversität und Inklusion aus möglichst vielen Perspektiven nähern. Mit einer so vielfältigen, großen Gruppe von Menschen zusammenzuarbeiten, hat meinen Horizont wirklich erweitert. Ich glaube, dass ein echter Kulturwandel nur dann funktioniert, wenn er von innen kommt – wenn wir gemeinsam daran arbeiten! Wir sind gerade dabei, die ersten Maßnahmen unserer D&I-Strategie umzusetzen: Wir haben in alle unsere Stellenanzeigen den Hinweis aufgenommen, dass wir Menschen aus benachteiligten Gruppen ermutigen, sich zu bewerben, wir werden ein Buddy-System einrichten und in naher Zukunft Praktika für Minderheitengruppen anbieten.
Ryan Law, Forschungsprojekt-Koordinator
Als Wissenschaftler treibt es mich an, anderen dabei zu helfen, ihre Ambitionen und Wünsche in der Wissenschaft zu verwirklichen. Ich bin im malaysischen Borneo aufgewachsen. Meine Großeltern waren nicht sehr privilegiert. Ich hatte die Möglichkeit, eine wissenschaftliche Laufbahn einzuschlagen. Ich habe das Gefühl, dass ich immer Glück hatte, in die Wissenschaft gehen zu können. Ich glaube jedoch, dass es nichts mit Glück zu tun haben sollte, das tun zu können, was einen antreibt und inspiriert. Was beim Aufbauen von Kompetenzen am Arbeitsplatz oft übersehen wird, ist das Gefühl der Zugehörigkeit. Dies erfordert von allen, auch von Forscher*innen wie mir, dass sie sich für ein Umfeld einsetzen, in dem sich jede*r zugehörig fühlt. Ich habe mich der D&I-Arbeitsgruppe angeschlossen, um meine persönliche Perspektive mit multikulturellem Hintergrund einzubringen. Ich hoffe, dass ich dazu beitragen kann, die Kultur unseres Instituts zu verändern, indem ich meiner Stimme Gehör verschaffe. Für mich persönlich hat die Möglichkeit, meine Sichtweise einzubringen und das Gefühl zu haben, dass ich etwas bewirken kann, bereits meine Einstellung zur Wissenschaft geprägt.
Text und Interviews: Petra Maaß