Wie Bluthochdruck und psychische Gesundheit verknüpft sind
Neue Ansätze für die Behandlung von Bluthochdruck könnten das Zusammenspiel von psychischer und physischer Gesundheit in den Vordergrund stellen
Unsere psychische Gesundheit und die unseres Herz-Kreislauf-Systems stehen in einer komplexen Wechselwirkung. Eine aktuelle Studie des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig zeigt nun die Zusammenhänge zwischen höherem Blutdruck und depressiven Symptomen, Wohlbefinden und emotionsbezogener Hirnaktivität auf, die für die Entwicklung von Bluthochdruck relevant sein könnten.
Mehrere Studien haben bereits über einen Zusammenhang zwischen psychischer Gesundheit und Bluthochdruck berichtet, mit gemischten oder sogar widersprüchlichen Ergebnissen. Forscherinnen und Forscher vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften haben nun in ihrer Studie die Beziehung zwischen psychischer Gesundheit, höherem Blutdruck und Bluthochdruck anhand umfangreicher psychologischer, medizinischer und bildgebender Daten tiefgehend analysiert. „Um statistisch belastbare Antworten zu erhalten, haben wir die UK Biobank mit der hohen Zahl von über 500.000 älteren Studienteilnehmenden aus Großbritannien genutzt“, berichtet Lina Schaare, Erstautorin der Studie.
Das Forschungsteam konnte zum einen zeigen, dass ein höherer systolischer Blutdruck mit weniger depressiven Symptomen, größerem Wohlbefinden und geringerer emotionsbezogener Gehirnaktivität verbunden ist. Der systolische Blutdruck misst den Druck beim Herzschlag, wenn sich der Herzmuskel zusammenzieht und Blut in die Gefäße pumpt. Bei einem Blutdruck von 120 zu 80 mmHg gibt der erste Wert (120) den systolischen Blutdruck an, der zweite Wert (80) den diastolischen Blutdruck, also den Druck auf die Gefäße, wenn der Herzmuskel erschlafft. Zum anderen kamen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu dem Ergebnis, dass eine Hypertoniediagnose, also der ärztliche Befund eines zu hohen Bluthochdrucks, mit einer schlechteren psychischen Gesundheit einhergeht. Diese Verknüpfung zeigt sich oft schon Jahre bevor die Hypertonie diagnostiziert wird.
Diese – zunächst gegensätzlich wirkenden – Ergebnisse geben zusammengenommen wichtige Hinweise darauf, wie psychische Faktoren die Behandlung von Bluthochdruck erschweren können. „In der Klinik beobachten wir, dass die Betroffenen sich häufig müde und abgeschlagen fühlen und dann ihre Medikamente gegen den höheren Blutdruck nicht nehmen, weil das zusätzlich auf die Stimmung schlägt“, erklärt Arno Villringer, der die Abteilung Neurologie am Max-Planck-Institut leitet und Letztautor der Studie ist. „Auf der anderen Seite vermuten wir, dass bei Personen, die sich mit vorübergehend höherem Blutdruck mental gut fühlen, ein Verstärkungslernen einsetzt und letztlich zur Entwicklung von dauerhaftem Bluthochdruck beiträgt. Denn bei höherem Blutdruck steigt auch die Schmerzschwelle. Das gilt nicht nur für körperlichen, sondern auch sozialen Schmerz oder größeren Stress. Sie halten den Schmerz oder Stress also aus und werden dann zehn Jahre später mit einer Hypertonie diagnostiziert.“
Die Forscher und Forscherinnen sind davon überzeugt, dass diese Ergebnisse die Grundlage legen, um den Zusammenhang zwischen psychischer Gesundheit und den Ursachen für Bluthochdruck neu zu überdenken. Für die Volkskrankheiten Depression und Bluthochdruck könnte solch ein Perspektivenwechsel neue Ansätze für Therapie und Prävention ermöglichen, die die Wechselwirkung von psychischer und physischer Gesundheit in den Vordergrund stellen.