Vier Synergy Grants für fünf Max-Planck-Forscher
Die Wissenschaftler und ihre Forschungsteams erhalten rund 40 Millionen Euro Förderung für ihre Arbeiten
Sie wollen eine neue mathematische Sprache entwickeln, die Regenerationsfähigkeiten des Axolotl-Gehirns erforschen, sind auf der Suche nach bewohnbaren Welten außerhalb unseres Sonnensystems und arbeiten daran, Düfte über das Internet zu übertragen. Die diesjährigen ERC Synergy Grantees der Max-Planck-Gesellschaft haben viel vor.
Eine neue mathematische Sprache
Ein Synergy Grant ging an das Projekt UNIVERSE+. Das Team dahinter hat nichts weniger als die Entwicklung einer neuen mathematischen Sprache zum Ziel. Sie wird helfen, physikalische Phänomene zu beschreiben, angefangen von den Wechselwirkungen der Elementarteilchen bis hin zur großräumigen Struktur des Universums.
Zwei der insgesamt vier Projektleiter sind Institutsdirektoren bei der Max-Planck-Gesellschaft: der theoretische Teilchenphysiker Johannes Henn. Er ist der koordinierende Projektleiter und wirkt am Max-Planck-Instituts für Physik. Sein Kollege, der Mathematiker Bernd Sturmfels, arbeitet am Max-Planck-Institut für Mathematik in den Naturwissenschaften in Leipzig. Die beiden anderen im Team sind der Teilchenphysiker Nima Arkani-Hamed vom Institut for Advanced Study (Princeton, USA) sowie Daniel Baumann, dessen Forschungsschwerpunkt Theoretische Kosmologie an der Universität Amsterdam ist. Insgesamt fließen zehn Millionen Euro in das Projekt UNIVERSE+.
Vom regnerativen Gehirn des Axolotls
Der Axolotl ist ein im Wasser lebender mexikanischer Schwanzlurch und ein Experte, wenn es um Selbstheilung geht. Selbst nach einer Gehirnverletzung ist er in der Lage, beschädigtes Gewebe zu regenerieren. Kevin Briggman, Leiter der Abteilung Computational Neuroethology am Max-Planck-Institut für Neurobiologie des Verhaltens - caesar, ist einer der drei Grantees des neu bewilligten ERC Synergy Grants AxoBrain. Das Projekt hat zum Ziel, die außergewöhnlichen Regenerationsfähigkeiten des zentralen Nervensystems des Axolotl zu entschlüsseln.
Seit Jahrzehnten versuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu verstehen, was hinter der erstaunlichen Fähigkeit des mexikanischen Schwanzlurchs steckt, seine Gliedmaßen und sogar Teile des Nervensystems nach Verletzungen regenerieren zu können. Dennoch sind die molekularen Mechanismen, die der Regeneration des Gehirns zugrunde liegen, noch immer kaum verstanden. Durch die Förderung von AxoBrain mit neun Millionen Euro für die nächsten sechs Jahre ermöglicht der Europäische Forschungsrat ERC dem Konsortium den Einsatz modernster Technologien, um besser zu verstehen, wie die Nervenzellen des Axolotls auf Schäden reagieren und wie neuronale Schaltkreise und letztlich Verhalten wiederhergestellt werden. Letztendlich wird dieses Wissen zu einem besseren Verständnis der Organisation des Wirbeltiergehirns und zur Entwicklung möglicher Strategien zur Regeneration von Nervengewebe bei Säugetieren beitragen. AxoBrain ist eine Zusammenarbeit mit Gruppenleiterin Elly Tanaka (Projektkoordinatorin) vom Research Institute of Molecular Pathology IMP in Wien und Barbara Treutlein, Professorin an der ETH Zürich.
Auf der Suche nach lebensfreundlichen Exoplaneten
Durch die gemeinsame Expertise von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus den Bereichen der stellaren Physik und der Exoplaneten-Physik plant das REVEAL-Projekt eines der aufregendsten Suchen der modernen Astronomie abzuschließen: die nach bewohnbaren Welten außerhalb unseres Sonnensystems. Dafür ist es entscheidend zu verstehen, wie sich die Aktivität der beobachteten Sterne in den Messdaten niederschlägt. Denn besonders im Fall kleiner, erdähnlicher Planeten überdeckt die stellare Aktivität die Spuren, die der Planet und seine Atmosphäre im Sternenlicht hinterlassen. Alexander Shapiro vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung ist einer der drei wissenschaftlichen Leitern von REVEAL.
Seine Arbeitsgruppe ist für die stellaren Simulationen mit Hilfe komplexer magneto-hydrodynamischer Modelle verantwortlich. Die Gruppe um Sara Seager vom Massachusetts Institut of Technology in den USA sucht nach Hinweisen auf lebensfreundliche Atmosphären in Messdaten des James-Webb-Teleskops der Nasa. Die Forschergruppe um Andrew Collier Cameron von der University of St Andrews beschäftigt sich mit dem Aufspüren und Charakterisieren von Exoplaneten mit Hilfe erdgebundener Spektrometer. Der ERC unterstützt das Projekt in den nächsten sechs Jahren mit fast 9,5 Millionen Euro im Rahmen eines ERC Synergy Grants.
Die Digitalisierung der Düfte
Das Projekt D2Smell erhält einen ERC Synergy Grant in Höhe von 11,8 Millionen Euro, der von drei Forschern gemeinsam genutzt wird: Jonathan Williams vom Max-Planck-Institut für Chemie, Johan Lundström vom Karolinska Institut in Schweden und Noam Sobel vom Weizmann Institute of Science in Israel. Ziel der interdisziplinären Zusammenarbeit ist es, Düfte zu digitalisieren, um sie über das Internet zu übertragen und an einem anderen Ort wiederherstellen zu können.
Ein wenig Statistik
In der jüngsten Ausschreibungsrunde für die ERC-Synergy Grants 2023 wurden europaweit 37 Projekte aus 396 Anträgen zur Förderung ausgewählt. Davon konnte die Max-Planck-Gesellschaft vier Grants für sich entscheiden. Das entspricht einer Erfolgsquote von 16,7 Prozent. Insgesamt wurden von den Max-Planck-Instituten 24 Anträge eingereicht.
Im europäischen Vergleich belegt die Max-Planck-Gesellschaft mit vier eingeworbenen Grants den zweiten Platz. Der erste Platz wird mit sieben Grants von der Helmholtz-Gemeinschaft angeführt. Der französische Centre national de la recherche scientifique (CNRS), der spanische Consejo Superior de Investigaciones Científicas (CSIC), das Karolinska-Institut in Schweden sowie die Universität Groningen besetzen mit jeweils drei Grants den dritten Platz.
An den insgesamt 37 geförderten Projekten sind 135 europäische Spitzenwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler beteiligt, die ihre Arbeiten an 114 Universitäten oder Forschungszentren in 19 Ländern im Europäischen Forschungsraum und darüber hinaus durchführen werden. Deutschland (27), Frankreich (12), die Niederlande (7) und Israel (6) sind die Länder, in denen die meisten Forschenden im Rahmen der Synergy Grants arbeiten werden.
Die ERC Synergy Grants unterstützen Projekte, die aus einer Gruppe von zwei bis vier individuellen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler besteht. Die Synergy Grants werden mit bis zu 14 Millionen Euro im Einzelfall für einen Zeitraum von sechs Jahren gefördert.