Forschungsbericht 2023 - Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns
Durch direkte Hemmung von mTORC1 verknüpft Malonyl-CoA den Fettstoffwechsel mit Nährstoffsignalen
Stoffwechsel und Signalwege optimieren gemeinsam das Zellwachstum
Zellen akkumulieren Masse und wachsen, indem sie Nährstoffe und Energie für den Aufbau von Membranen, Proteinen, Nukleinsäuren und anderen makromolekularen Strukturen verwenden. Dafür müssen die verschiedenen Stoffwechselwege genau aufeinander abgestimmt sein. Deshalb sorgen Mechanismen zur Erkennung von Nährstoffen dafür, dass die Zellen nur dann wachsen, wenn alle Bedingungen optimal sind.
Der wichtigste Nährstoffsensor in Zellen ist ein Proteinkomplex namens mTORC1 (mTOR Complex 1). Sind beispielsweise Aminosäuren - die Bausteine für die Herstellung von Proteinen - im Überfluss vorhanden, ist mTORC1 aktiv und kurbelt die Proteinsynthese an. Die Verfügbarkeit von Aminosäuren ist also mit der entsprechenden nachgeschalteten Zellfunktion verknüpft [2]. Unklar war jedoch, wie die Fähigkeit der Zellen zur Produktion von Fettsäuren (FAs), einem Hauptbestandteil von Lipiden, wahrgenommen wird und ob mTORC1 dabei eine Rolle spielt.
Entdeckung eines zelleigenen Stoffwechselprodukts, das die Lipidbiosynthese mit der Nährstoffsignalgebung verbindet
Wir haben die Aktivität und Verfügbarkeit von zwei Schlüsselenzymen der FA-Biosynthese, der Acetyl-CoA-Carboxylase 1 (ACC1) und der Fettsäuresynthase (FAS), mit einer Reihe von pharmakologischen und genetischen Methoden verändert. Dabei entdeckten wir, dass die Anhäufung von Malonyl-CoA - dem Zwischenprodukt, das von ACC1 produziert und von FAS verbraucht wird – zu einer Hemmung der mTORC1-Aktivität, aber nicht der mTORC2-Aktivität führt. Andere biosynthetische Funktionen, die von mTORC1 reguliert werden, wie die Proteinsynthese, werden ebenfalls herunterreguliert. Interessanterweise deuten Experimente in Zellen, denen diejenigen Signalkomponenten fehlen, die die Aktivität von mTORC1 regulieren, darauf hin, dass Malonyl-CoA direkt auf mTORC1 wirkt, um es zu inaktivieren. Auf molekularer Ebene haben wir herausgefunden, dass mTORC1 mit ACC1 und FAS interagiert, was es dem Komplex wahrscheinlich ermöglicht, den Malonyl-CoA-Spiegel direkt dort zu messen, wo das Stoffwechselprodukt produziert wird.
Die direkte Hemmung von mTORC1 durch Malonyl-CoA ist auf die strukturelle Ähnlichkeit zwischen ATP und dem CoA-Teil von Malonyl-CoA zurückzuführen (Abb. 1a). Basierend auf unseren biochemischen, zellbiologischen und computergestützten Experimenten vermuten wir, dass Malonyl-CoA, ähnlich wie ATP, direkt an die katalytische Tasche von mTOR bindet. Die Bindung der geladenen Malonylgruppe wird vermutlich durch Wechselwirkungen mit Resten außerhalb der mTOR-Tasche stabilisiert (Abb. 1b). Tatsächlich zeigten in vitro Tests der mTORC1-Kinase-Aktivität ein ATP-kompetitives Hemmprofil für Malonyl-CoA. Zusammenfassend zeigen unsere Ergebnisse, dass dieses zelleigene Stoffwechselprodukt eine direkte funktionelle Verbindung zwischen der FA-Biosynthese und mTORC1 schafft. Dementsprechend zeigt dies, dass mTORC1 der direkte Sensor für den Malonyl-CoA-Spiegel ist, der die Fähigkeit der Zelle zur FA-Biosynthese anzeigt (Abb. 1c).
Auswirkungen auf die Stoffwechselforschung, die Evolution und die Humantherapien
Obwohl Stoffwechselprodukte, die die Aktivität von Signalmolekülen allosterisch modifizieren können, bereits früher beschrieben wurden, ist dies unseres Wissens nach das erste Beispiel eines Stoffwechselprodukts, das die Aktivität einer Signalkinase beziehungsweise eines Enzyms in Säugerzellen direkt reguliert, indem es mit ATP um die Bindung an die katalytische Tasche konkurriert. Wichtig ist, dass es sich dabei um einen ursprünglichen Mechanismus handelt, der von der Hefe bis zum Menschen evolutionär konserviert ist. Da pharmakologische Inhibitoren der FAS wie die in dieser Studie verwendeten in der Klinik als Krebsmedikamente eingesetzt werden [3], könnten unsere Erkenntnisse in Zukunft auch für die Krebstherapie von Bedeutung sein. Ausgehend von den in dieser Studie beschriebenen Daten haben FAS-Inhibitoren wahrscheinlich einen doppelten Effekt auf Krebszellen: Sie blockieren nicht nur die Fettsäuresynthese, sondern hemmen auch die Aktivität von mTORC1, die bei den meisten Krebsarten fehlreguliert ist [4].
Wir haben gefunden, dass die Proteine ACC, FAS, mTOR und Raptor einen Multiprotein-Hyperkomplex bilden. Aufgrund dieser Tatsache und der geringen Häufigkeit von Malonyl-CoA in den meisten Zelltypen [5] ist das Modell, das unsere Ergebnisse am besten erklärt, wie folgt: Die direkte Assoziation zwischen ACC/FAS und mTORC1 erleichtert die Übertragung von Malonyl-CoA auf angrenzende mTOR-Moleküle, um ATP zu verdrängen und die Aktivität von mTOR zu hemmen. (Abb. 1c). Ob die Bildung dieses Hyperkomplexes jedoch tatsächlich für die beobachteten Effekte von Malonyl-CoA auf die mTORC1-Hemmung notwendig ist, muss noch gezeigt werden. Auch der Grund für die scheinbar paradoxe Selektivität von Malonyl-CoA bei der Hemmung von mTORC1 und nicht von mTORC2 ist derzeit unklar. Es könnte sich dabei um unterschiedliche Wechselwirkungen zwischen mTOR-Komplex-spezifischen Untereinheiten und ACC/FAS oder um eine Rolle von ACC/FAS bei der Stabilisierung von Malonyl-CoA in der katalytischen Tasche von mTOR handeln. Strukturanalysen des Hyperkomplexes mit an mTOR gebundenem Malonyl-CoA oder die Identifizierung von Punktmutanten, die spezifisch die Bindung von mTOR/FAS/ACC1 stören, ohne andere Funktionen oder Proteininteraktionen zu beeinträchtigen, könnten helfen, um diese wichtigen Punkte in Zukunft zu klären.