„First Light“ für Sunrise III
Ballongetragenes Sonnenobservatorium besteht erste Tests vom Boden aus. Ein Start ist für Ende Mai zu erwarten.
Die Vorbereitungen für den diesjährigen Stratosphärenflug des ballongetragenen Sonnenobservatoriums Sunrise III haben einen wichtigen Meilenstein erreicht: Nur drei Wochen nach Ankunft der Hardware am schwedischen Esrange Space Center unweit des Polarkreises konnte Sunrise III in fast vollständiger Flugkonfiguration zum ersten Mal auf die Sonne schauen. Beim so genannten „First Light“ überzeugte sich das Team unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung davon, dass sich das Sonnenteleskop, das Herzstück des Observatoriums, eigenständig zur Sonne ausrichtet. Zudem bieten die ersten Sonnenstrahlen die Möglichkeit, die wissenschaftlichen Instrumente und das Bildstabilisierungssystem des Observatoriums mit echtem Sonnenlicht zu testen und zu kalibrieren. Alle Arbeiten wurden im Göttingen Operations Center am Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung koordiniert.
Am 1. Mai um 10.30 Uhr war es soweit: Das riesige der Tor der liebevoll als „Dom“ bezeichneten Halle am Rande des Startfeldes des Esrange Space Centers öffnete sich. Zum ersten Mal fiel Sonnenlicht in die Halle und auf das Sonnenobservatorium, das vom Hallenkran getragen direkt hinter dem Tor wenige Zentimeter frei über dem Boden hing. Kurze Zeit später liefen die ersten Messdaten von Sunrise III im Göttingen Operations Center ein und sorgten in etwa 2.500 Kilometer Entfernung für geschäftiges Treiben.
„Mit dem Wetter hatten wir heute riesiges Glück“, freut sich Achim Gandorfer, Sunrise III-Projektwissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung, der vor Ort den kommenden Start mit betreut. „Die nächsten Tage werden bedeckt sein, aber heute hat alles gepasst“. Da das Sunrise-III-Team in den vergangenen Wochen schneller als geplant vorangekommen war, war es bereit, den seltenen sonnigen Tag im ansonsten eher wolkenverhangenen nordschwedischen Frühling zu nutzen. In den Tagen zuvor hatten noch künstliche Lichtquellen in der Halle die Sonne ersetzen müssen.
Üben für den Stratosphärenflug
„Tests mit echtem Sonnenlicht sind für unsere Zwecke deutlich aussagekräftiger als solche mit künstlichem Licht“, erklärt Alex Feller, Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung. Nur so liefern die Instrumente Messdaten, die denen während des Flugs in der Stratosphäre ähneln, und nur so lassen sich alle drei Instrumente gleichzeitig testen. Zudem bietet das First Light die Möglichkeit zu prüfen, ob sich das sieben Meter hohe Observatorium ohne äußere Hilfe von selbst dem Sonnenlicht zuwendet. Dies ist während des Fluges unbedingt erforderlich – und hat heute am Boden reibungslos funktioniert. Sogar die Sonne hat beim heutigen Test mitgespielt: Auf ihrer Oberfläche zeigte sich unter anderem eine gleich mehrere kleinere Sonnenflecken. „Die Sonne ist derzeit sehr aktiv und Sonnenflecken treten häufig auf. Wir hoffen deshalb, diese Bereiche hoher magnetischer Feldstärke auch während des Fluges beobachten zu können“, erklärt Sami Solanki, Direktor des Instituts und Leiter der Sunrise-Mission.
In den nächsten Wochen haben die Teammitglieder vor Ort in Kiruna und in Göttingen noch jede Menge zu tun. Die Messdaten vom First Light werden ausgewertet, alle Instrumente und Systeme optimiert und die genauen Abläufe während des Flugs eingeübt.
Wie das First Light ist auch der Starttermin stark wetterabhängig. Zwar zeichnet sich ab, dass die im Sommer auftretenden, stabilen Stratosphärenwinde, die Sunrise III von Schweden über den Atlantik nach Kanada tragen werden, bereits Mitte Mai auffrischen könnten. Doch zusätzlich sind an Starttag Windstille und niederschlagfreie Bedingungen erforderlich. Damit kein Nachtreinbruch die Sonnenbeobachtungen während des Flugs unterbricht, kann der Start zudem frühestens einen Monat vor Mittsommer, also etwa ab dem 25. Mai, erfolgen. Anfang Juli reißen die stratosphärischen Ostwinde dann ab. „Bisher laufen alle Vorbereitungen optimal. Wir liegen vorm Zeitplan und haben vor, für die erste Startmöglichkeit, die sich ergibt, bereit zu sein“, so Sunrise III-Projektmanager Andreas Korpi-Lagg.
Einzigartiger Blick auf die Sonne
Der bevorstehende Start ist bereits der zweite für Sunrise III. Der erste Flug vor zwei Jahren musste wenige Stunden nach dem Start wegen technischer Schwierigkeiten abgebrochen werden. Die Vorgänger Sunrise I und II konnten 2009 und 2013 ihre Stratosphärenflüge erfolgreich absolvieren und lieferten einzigartige Beobachtungsdaten von der Sonne. Auch Sunrise III wird in einer Flughöhe von mehr als 35 Kilometern das ultraviolette Sonnenlicht messen, denn in dieser Höhe schützt die Atmosphäre nicht mehr vor diesem hochenergetischen Teil des Sonnenspektrums. Drei wissenschaftliche Instrumente und ein Bildstabilisierungssystem werden gleichzeitig die sichtbare Oberfläche der Sonne sowie die Vorgänge in der unteren Sonnenatmosphäre untersuchen.
Hintergrundinformationen
Das ballongetragene Sonnenobservatorium Sunrise III ist eine Mission des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung. Maßgeblich Mitwirkende an der Mission sind das Applied Physics Laboratory der Johns Hopkins Universität (APL, USA), ein spanisches Konsortium, das National Astronomical Observatory of Japan (NAOJ, Japan), und das Institut für Sonnenphysik (KIS, Deutschland). Das spanische Konsortium wird geleitet vom Instituto de Astrofísica de Andalucía (IAA, Spanien) und besteht zudem aus dem Instituto Nacional de Técnica Aeroespacial (INTA), der Universitat de València (UV), der Universidad Politécnica de Madrid (UPM) und dem Instituto de Astrofísica de Canarias (IAC). Weitere Partner sind das Wallop’s Flight Facility Balloon Program Office (WFF-BPO) der NASA und die Swedish Space Corporation (SSC).
Sunrise III wird unterstützt von der Max-Planck-Förderstiftung, der NASA im Rahmen der Grants #80NSSC18K0934 und #80NSSC24M0024 ("Heliophysics Low Cost Access to Space"-Programm) sowie dem ISAS/JAXA Small Mission-of-Opportunity-Programm und JSPS KAKENHI JP18H05234. Die spanischen Beiträge wurden vom spanischen MCIN/AEI im Rahmen der Projekte RTI2018-096886-B-C5 und PID2021-125325OB-C5 sowie von "Center of Excellence Severo Ochoa"-Preisen an das IAA-CSIC (SEV-2017-0709, CEX2021-001131-S) finanziert, die alle von den europäischen REDEF-Fonds "A way of making Europe" kofinanziert wurden.