Reis mit hohem Proteingehalt entwickelt

Forschende züchten proteinreiche Reissorten, die den Blutzuckerspiegel kaum ansteigen lassen

Reis ist ein Grundnahrungsmittel für über vier Milliarden Menschen. Von Natur aus enthält er viel Kohlenhydrate, jedoch nur wenig Protein. Ein Forscherteam des Internationalen Reisforschungsinstituts auf den Philippinen und des Max-Planck-Instituts für molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam hat nun die Gene identifiziert, die die Kohlenhydratzusammensetzung und den Proteingehalt von Reis kontrollieren. Das Team konnte sowohl mit klassischer Züchtung als auch mit Genomeditierung Reissorten mit niedrigem Zucker- und hohem Proteingehalt züchten. Die aus einer Kreuzung zweier Reis-Varianten hervorgegangene Reissorte gilt nicht als genetisch verändert und könnte deshalb auch in der EU angebaut und verkauft werden.

Weltweit leiden etwa 540 Millionen Erwachsene an Diabetes – eine Zahl, die bis 2045 voraussichtlich auf fast 800 Millionen ansteigen wird. Über die Hälfte davon leben in asiatischen Ländern, in denen Reis zu den Grundnahrungsmitteln gehört. Viele dieser Menschen leiden zugleich unter einem Mangel an proteinreicher Nahrung.

Herkömmliche Reissorten enthalten vor allem Kohlenhydrate in Form leicht verdaulicher Stärke. Diese können bis zu 90 Prozent der gesamten Kohlenhydratgehalts ausmachen. Leicht verdauliche Stärke besitzt einen hohen glykämischen Index. Das heißt, sie löst einen im Vergleich zu Glukose starken Anstieg des Blutzuckerspiegels aus und ist deshalb für Diabetiker nicht geeignet. Neue Reissorten sollten folglich einen hohen Anteil an verdauungsresistenter Stärke zur Senkung des glykämischen Index und einen erhöhten Proteingehalt zur Steigerung des Nährwerts aufweisen.

Mutation bewirkt geringeren glykämischen Index

Das Forschungsteam unter Leitung von Nese Sreenivasulu vom Internationalen Reisforschungsinstitut hat die Reissorten Samba Mahsuri und IR36ae miteinander gekreuzt und den glykämischen Index und Proteingehalt der daraus hervorgehenden Linien analysiert. In Verbindung mit einer DNA-Analyse stellten die Forschenden fest, dass das Gen sbeIIb den Gehalt an schwer verdaulicher Amylose und damit den glykämischen Index maßgeblich beeinflusst. Ein einziger Buchstabentausch im sbeIIb-Gen ist für 60 Prozent des Rückgangs des glykämischen Index und für acht Prozent des Anstiegs des Amylose-Gehalts verantwortlich.

Dieser sogenannte HAHP-Reis (high amylose, high protein) besitzt eine Proteingehalt von 16 Prozent. Herkömmliche Reissorten enthalten dagegen lediglich zwischen zwei und acht Prozent Protein. Er enthält darüber hinaus viele essentielle, nicht vom Körper gebildete Aminosäuren wie Histidin, Isoleucin, Lysin, Methionin, Phenylalanin und Valin. So enthalten 100 Gramm HAHP-Reis-Protein rund jeweils 3 Gramm Isoleucin und Valin, 2 Gramm Leucin, 14 Gramm Lysin sowie je 3 Gramm Methionin und Phenylalanin. Damit erreicht er die empfohlene Tagesdosis an Aminosäuren für Menschen ab 10 Jahren. Gleichzeitig besitzt er durch den hohen Amylose- und Proteingehalt einen niedrigen glykämischen Index. Dadurch steigen die Zuckerwerte im Blut weniger stark an.

Hohe Erträge

Die neuen Sorten bringen zudem vergleichbare Erträge wie die derzeit auf dem Markt erhältlichen Hochertragssorten. Ihre verbesserten Nährwerteigenschaften gehen also nicht auf Kosten der Produktivität. „Die neuen Reissorten könnten in Regionen eine wichtige Quelle für Proteine und essentielle Aminosäuren wie Lysin werden, in denen Reis ein Grundnahrungsmittel ist“, sagt Alisdair Ferni vom Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie.

HAHP-Reis kann einerseits durch Genomeditierung entstehen, indem mit der Genschere Crispr/Cas das sbeIIb-Gen ausgeschaltet wird. Er kann aber auch durch konventionelle Methoden gezüchtet werden. „Solcher HAHP-Reis wäre deshalb nicht von einer künftigen Änderung des EU-Gentechnikgesetzes betroffen, denn er ist ja nicht gentechnisch verändert. Er könnte also auch in der EU zugelassen werden“, sagt Rhowell Tiozon Jr. vom Internationalen Reisforschungsinstitut. In Ländern außerhalb der EU werden HAHP-Reissorten bereits angebaut. Als nächstes wollen die Forschenden die Gene für einen hohen Amylose- und Proteingehalt in Zuchtprogramme und in Reissorten integrieren, die in Asien und Afrika häufig angebaut werden.

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