Jede Maus ist anders
Max-Planck-Wissenschaftler messen die Persönlichkeit von Mäusen
Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie in München haben gemeinsam mit Kollegen des Weizmann Institute of Science eine Berechnungsmethode entwickelt, mit der sie die Persönlichkeit von Mäusen messen können, die in einer semi-natürlichen Umgebung leben.
Genau wie der Mensch ist jede Maus anders. Einige erkunden rasch neue Umgebungen, während andere lieber in ihrem Nest bleiben. Einige bevorzugen die Nähe ihrer Artgenossen, andere sind lieber alleine. Diese Eigenschaften eines Individuums bleiben im Laufe des Lebens ziemlich stabil und definieren die Persönlichkeit. Beim Menschen kann die Persönlichkeit mit Hilfe von Multiple-Choice-Tests gemessen werden. Aber wie lässt sich die Persönlichkeit von Tieren herausfinden?
Oren Forkosh und Stoyo Karamihalev haben mit ihrem Team Videomaterial von Mäusegruppen analysiert. Die Forscher färbten das Fell jeder einzelnen Maus in einer anderen Farbe. So könnten sie Gruppen von Mäusen ausfindig machen, die sich ungestört verhielten. Die Wissenschaftler analysierten jedes Video hinsichtlich 60 verschiedener Verhaltensweisen, beispielsweise wie weit sich eine Maus anderen Mäusen nähert, ob sie sich gegenseitig jagen, weglaufen, oder wieviel Zeit sie im Nest oder beim Essen verbringen. Mithilfe eines Algorithmus konnten die Forscher nach stabilen Persönlichkeitszügen suchen und Individuen aufgrund von unterschiedlichem Verhalten unterscheiden. Diese Methode funktioniert ähnlich wie Persönlichkeitstests beim Menschen. Diese bewerten die Menschen häufig nach fünf Dimensionen und suchen gezielt nach Eigenschaften, die im Laufe der Zeit konstant bleiben.
Stabile Persönlichkeiten
Bei den Mäusen konnte der Algorithmus vier Dimensionen ausmachen, die das Verhalten von Mäusen erfassen und beschreiben. Um zu testen, ob diese Eigenschaften stabil waren, durchmischten die Forscher die Gruppen. Obwohl sich einige der Verhaltensweisen geändert hatten, blieben die Persönlichkeiten der Mäuse. Mit fortschrittlichen Methoden der RNA-Sequenzierung und gentechnisch modifizierten Mausstämmen konnten die Forscher zudem zeigen, dass die individuellen Unterschiede dieser Persönlichkeitsmerkmale den Unterschieden in der Genaktivität in den Mäusegehirnen entsprachen. Auf diese Weise konnten sie Mäuse mit unterschiedlicher genetischer Ausstattung identifizieren.
"Diese Methode hat das Potenzial, unser Wissen über Verhaltensbewertung und über stabile und konsistente Unterschiede der Persönlichkeit weit über das hinaus zu erweitern, was mit den derzeit verfügbaren Methoden möglich ist. Dadurch können wir untersuchen, wie die Persönlichkeit von Genen, Medikamenten, Alterung usw. beeinflusst wird, wie sie im Gehirn repräsentiert und aufrechterhalten wird und wie sie zur psychischen Gesundheit und Krankheit beiträgt", erklärt Stoyo Karamihalev, zusammen mit Oren Forkosh einer der beiden Erstautoren der Studie. "Dies ist ein wichtiger erster Schritt, der zur Verbesserung von Methoden beitragen könnte, die individuelle Unterschiede im Verhalten und der Physiologie messen", sagt Studienleiter Alon Chen. "Wir hoffen, dass solche Ansätze dazu beitragen, eine verbesserte personalisierte Psychiatrie entwickeln zu können.“