In unterteilten Gemeinschaften entwickeln sich kooperative Normen leichter

Forschende simulieren die Evolution sozialer Normen am Computer

Forschende haben neue Erkenntnisse darüber veröffentlicht, wie sich soziale Normen im Laufe der Zeit entwickeln. Sie simulierten, wie diese unterschiedliches Sozialverhalten fördern und wie die Normen selbst kommen und gehen. Aufgrund der enormen Anzahl möglicher Normen wurden diese Simulationen auf dem Fugaku durchgeführt, einem der schnellsten Supercomputer weltweit.

Modelle der indirekten Reziprozität beschreiben, wie soziale Normen Kooperation fördern. In dieser Literatur wird dargelegt, dass Menschen unter anderem kooperieren, um einen positiven Ruf zu erlangen. Dieser positive Ruf kann wiederum in zukünftigen Interaktionen nützlich sein. Nach dieser Logik spenden Menschen an Wohltätigkeitsorganisationen nicht nur wegen ihrer altruistischen Neigungen, sondern auch, um ihren sozialen Status zu erhöhen oder zu erhalten.

Die genaue Beziehung zwischen kooperativen Interaktionen und dem sozialen Status hängt von der jeweils geltenden sozialen Norm ab. Einige Gemeinschaften setzen relativ strenge Regeln dafür fest, wie sich Menschen verhalten sollen und wie ihre Handlungen bewertet werden. Im Gegensatz dazu sind andere Gemeinschaften toleranter gegenüber dem Verhalten ihrer Mitglieder. Interessanterweise kann sich die soziale Norm einer Gemeinschaft selbst evolutionär verändern. Normen, die sich als vorteilhaft erweisen oder effektiv durchgesetzt werden können, sind vergleichsweise stabil. Schädliche Normen mit wenig Unterstützung werden voraussichtlich aussterben.

Die Dynamik sozialer Normen lässt sich mit dem Werkzeugkasten der Evolutionstheorie verstehen. Erfolgreichere Normen breiten sich aus, während unterlegene Normen verschwinden. Obwohl es erhebliche Bemühungen gab, diese Dynamiken quantitativ zu verstehen, waren bestehende Modelle stark eingeschränkt. Meistens erlauben sie den Menschen nur, aus einer Handvoll möglicher Normen zu wählen. Diese Einschränkung ist aus pragmatischen Gründen notwendig, denn je mehr soziale Normen in das Modell aufgenommen werden, desto komplexer wird es.

Tausende Normen mit Computer simuliert

Um dieses Problem zu lösen, nutzte die Forschungsgruppe großangelegte Computersimulationen. Sie analysierten die Reputationsdynamik unter allen 2.080 Normen einer natürlichen Komplexitätsklasse, den sogenannten Normen "dritter Ordnung". Diese Forschung zeigt, dass kooperative Normen schwer aufrechtzuerhalten sind, wenn die Bevölkerung aus einer einzigen, gut durchmischten Gemeinschaft besteht. Wenn die Bevölkerung jedoch in mehrere kleinere Gemeinschaften unterteilt ist, entwickeln sich kooperative Normen leichter. Die erfolgreichste Norm in den Simulationen ist besonders einfach. Sie betrachtet Kooperation als universell positiv und Abweichung als generell negativ – außer wenn Abweichung als Mittel zur Disziplinierung anderer Abweichler genutzt wird.

Diese Forschung bietet neue Einblicke in das komplexe Zusammenspiel zwischen sozialen Normen, deren induzierten Reputationsdynamiken und der Bevölkerungsstruktur. Sie legt nahe, dass die Struktur einer Bevölkerung erheblichen Einfluss darauf hat, welche sozialen Normen vorherrschen und wie dauerhaft Kooperation ist. Die Ergebnisse der Studie, durchgeführt von Yohsuke Murase vom Riken Center for Computational Science in Japan und Christian Hilbe vom Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie in Plön, tragen zu einem tieferen Verständnis der Evolution sozialer Normen und ihrer Rolle bei der Förderung kooperativen Verhaltens bei.

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