Asymmetrie der Gehirnhälften
Die Unterschiede zwischen linker und rechter Hirnhälfte sind vererbbar
Bin Wan und Sofie Valk vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig beschreiben in einer Studie zusammen mit Forschenden vom Forschungszentrum Jülich, dem Montréal Neurological Institute and Hospital und der University of Cambridge, inwieweit sich die Anatomie der menschlichen Hirnrinde zwischen links und rechts unterscheidet, und zwar in dem bisher feinsten Maßstab. Außerdem beschreiben sie, dass die strukturelle Asymmetrie des Gehirns vererbbar ist und mit der Asymmetrie der Hirnfunktion im Ruhezustand korrespondiert. Und sie zeigen, inwieweit Individuen Unterschiede in der Anatomie zwischen der linken und der rechten Hemisphäre aufweisen, die mit der Variabilität bei sprachbezogenen Fähigkeiten wie Lesen und mit psychischer Gesundheit wie bei Angststörungen zusammenhängen.
Das menschliche Gehirn besteht aus zwei Hälften, die unterschiedlich aufgebaut sind und verschiedene Funktionen besitzen. Dies macht unser Verhalten und Denken effizienter. Frühere Studien haben gezeigt, dass sich die linke und die rechte Gehirnhälfte zum Beispiel in der Dicke der Hirnrinde unterscheiden. Au diesen Unterschieden beruhen die Verhaltensunterschieden zwischen Individuen führen, zum Beispiel bei der Sprachfähigkeit.
Es war jedoch unklar, wie die strukturelle Asymmetrie des Gehirns und die Funktion zusammenhängen könnten. Deshalb wollten die Forschenden mehr Erkenntnisse auf kleinster Ebene gewinnen, um die neurobiologischen Mechanismen zu verstehen, die den gröberen Unterschieden in der Dicke der Hirnrinde zugrunde liegen, und die strukturelle Asymmetrie mit der Funktion in Verbindung bringen", erklärt Bin Wan, Erstautor der Studie. "Das kann uns helfen, zu verstehen, wie die Anatomie des Gehirns Funktionen unterstützt, die mit der Asymmetrie des Gehirns verbunden sind, wie Sprache und Aufmerksamkeit, aber auch verschiedene neuropsychiatrische Störungen, die Unterschiede in der Asymmetrie zeigen.“
Ähnliche Assymetrie bei eineiigen Zwillingen
Das Forschungsteam hat einen ultrahochauflösenden histologischen Hirnatlas eines 65-jährigen Mannes untersucht und festgestellt, dass die Zellarchitektur zwischen den beiden Hälften unterschiedlich ist, zum Beispiel in sprachbezogenen Hirnregionen. "Zu ähnlichen Ergebnissen kommen wir bei den Gehirnen lebender Menschen. Eineiige Zwillingen sind sich dabei ähnlicher als nicht verwandte Personen. Dies deutet darauf hin, dass die mikrostrukturelle Hirnasymmetrie vererbbar ist“, so Bin Wan.
Darüber hinaus variiert der Grad der Asymmetrie im Gehirn mit den Sprachfähigkeiten und den Merkmalen der psychischen Gesundheit in der von uns untersuchten Stichprobe. "Insgesamt ist dies unser erster Versuch, die Unterschiede zwischen den beiden Hälften des gesamten Gehirns auf mikroskaliger Ebene zu kartieren. Dies führt zu einem besseren Verständnis der subtilen Unterschiede zwischen den beiden Hälften des menschlichen Gehirns und der verschiedenen Verhaltensweisen von Individuen", erklärt Sofie Valk, Letztautorin der Studie und Forschungsgruppenleiterin am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften.