Die Farbspiele des Tintenfischs

Max-Planck-Forscher untersuchen die Farbwellen von Metasepia tullbergi

Manche Kopffüßler sind Meister des Farbspiels: Sie können nicht nur ihre Hautfarbe an die unmittelbare Umgebung anpassen und sich so vor Feinden tarnen. Sie produzieren auch über ihren Körper wandernde Farbwellen, beispielsweise beim Paarungs- und Jagdverhalten. Was die Tiere mit diesen dynamischen Mustern ausdrücken wollen, ist bislang noch unbekannt. Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Hirnforschung in Frankfurt haben nun mit Metasepia tullbergi eine Tintenfisch-Art entdeckt, an der sich die Entstehung der Farbwellen gut untersuchen lässt. Sie haben dabei wichtige Eigenschaften der Wellen analysiert und können dadurch auf mögliche zugrunde liegende Nervenzell-Netzwerke schließen.

Die zu den Tintenfischen gehörenden Kalmare, Kraken und Sepien können ihre Farbe innerhalb kürzester Zeit verändern. Ihre Haut enthält Millionen elastischer Pigmentzellen, so genannter Chromatophoren, die von Muskelzellen umgeben sind. Ziehen sich die Muskeln zusammen, verkleinern sie die Pigmentzellen und die Färbung verschwindet. Entspannen sich die Muskeln, färbt sich die Haut an dieser Stelle. Auf diese Weise können die Tiere verschiedenste Farbmuster erzeugen, darunter auch dunkle Balken, die über die Mantelregion des Tieres laufen. Diese im Englischen auch „passing clouds“ genannten Farbwellen entstehen durch die Aktivierung vieler miteinander verschalteter Pigmentzellen.

Der Tintenfisch Metasepia tullbergi stammt aus tropischen Gewässern. Er hat sich als idealer Modellorganismus zur Untersuchung wellenförmiger Farbmuster herausgestellt, da er sich nur langsam bewegt und sehr häufig solche Muster produziert. Mit Hilfe von Hochgeschwindigkeitskameras, die bis zu 100 Bilder pro Sekunde aufnehmen, haben die Forscher des Max-Planck-Instituts für Hirnforschung auf jeder Körperhälfte vier Regionen des Tintenfisch-Mantels identifiziert. Die in den insgesamt acht Regionen gebildeten Farbwellen laufen in unterschiedlicher Richtung über den Körper und überqueren dabei nicht die Grenzen zu benachbarten Arealen. Metasepia kann diese Regionen auf unterschiedliche Weise miteinander kombinieren und so verschiedene Farbspiele erzeugen.

Die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Wellen kann um den Faktor 6 variieren. Alle gleichzeitig produzierten Wellen sind jedoch gleich schnell. Die Wellenlänge stimmt ungefähr mit der Wegstrecke ihrer Ausbreitung überein, so dass normalerweise in jeder Region immer nur ein Balken erscheint. Gleichzeitig aktive Regionen sind zudem perfekt synchronisiert – die Balken erreichen also exakt zur selben Zeit die Grenze ihrer Region. Die Forscher haben darüber hinaus beobachtet, dass die Farbmuster an einer Stelle verschwinden und an anderer Stelle wieder auftauchen können. Dieser wie ein Blinken wirkende Effekt beruht auf einem kurzzeitigen Verblassen des Balkens. Die scheinbar verschwundene Welle läuft folglich unsichtbar weiter und taucht dann wieder auf.

Die Ergebnisse der Frankfurter Wissenschaftler deuten darauf hin, dass die Farbwellen nicht von den Nervenzellen im Mantel des Tintenfischs produziert werden, die die dortige Muskulatur steuern. Stattdessen sind wahrscheinlich übergeordnete Nervenzellen dafür verantwortlich und bilden so genannte Zentrale Mustergeneratoren.  Solche Netzwerke können rhythmische und damit wellenförmige Aktivität erzeugen.

„Drei Arten von Netzwerken sind in der Lage, Wellen hervorzurufen, wie sie über den Körper von Metasepia tullbergi laufen. Aufgrund der beobachteten Eigenschaften der Farbmuster können wir eines der möglichen Netzwerke ausschließen“, erklärt Gilles Laurent, Direktor am Max-Planck-Institut in Frankfurt. Welchen der beiden verbleibenden Schaltkreise der Tintenfisch tatsächlich besitzt, können die Forscher anhand der Verhaltensuntersuchungen nicht bestimmen. Sobald aber weitere Analysen auf ein bestimmtes Netzwerk hindeuten, können die Ergebnisse helfen, seine Verschaltung und die biophysikalischen Eigenschaften aufzudecken.

HR

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