Zweimal nobel
Emmanuelle Charpentier erhält den Nobelpreis für Chemie 2020, Reinhard Genzel wird mit dem Nobelpreis für Physik 2020 ausgezeichnet
In diesem Jahr kann die Max-Planck-Gesellschaft gleich zweimal über die höchste Auszeichnung in der Wissenschaft jubeln: Emmanuelle Charpentier, Direktorin an der Max-Planck-Forschungsstelle für die Wissenschaft der Pathogene, erhält gemeinsam mit Jennifer Doudna, Molekularbiologin an der University of California, Berkeley, den Nobelpreis für Chemie 2020. Die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften zeichnet die beiden Forscherinnen für ihre Arbeiten zu CRISPR-Cas9, einem Werkzeug zur Genom-Editierung, aus. Nur einen Tag zuvor ehrte das Nobelkomitee bereits Reinhard Genzel, Direktor am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik, für seine Beobachtungen am schwarzen Loch im Zentrum der Milchstraße mit dem Nobelpreis für Physik 2020. Genzel teilt sich eine Hälfte des Preises mit Andrea Ghez, die an der University of California, Los Angeles, forscht. Die andere Hälfte des Physik-Nobelpreises geht an Roger Penrose, Professor der Universität Oxford, für seine Beiträge zur Erforschung schwarzer Löcher.
„Dass in diesem Jahr gleich zwei Nobelpreise an eine Max-Planck-Forscherin und einen Max-Planck-Forscher gegangen sind, hat mich außerordentlich gefreut“, sagt Max-Planck-Präsident Martin Stratmann. „Es bestätigt den Rang der MPG als eine der erfolgreichsten Wissenschaftsorganisationen weltweit und es bestärkt uns in unserer Mission: wir setzen nicht auf Programme sondern auf Köpfe und stellen diesen ausreichende Mittel für hochrisikoreiche und langfristig angelegte Grundlagenforschung zur Verfügung. Das macht uns auch international höchst attraktiv für Spitzenforscherinnen und Spitzenforscher aus der ganzen Welt. Die zwei Nobelpreise zeigen aber vor allem, welch spannende und innovative Entdeckungen aus der Neugier getriebenen Grundlagenforschung entspringen.“
Reinhard Genzel und seine Gruppe nehmen seit Jahrzehnten das rund 26.000 Lichtjahre entfernte Herz unserer Milchstraße im infraroten Licht unter die Lupe. Dabei kartierten die Forscherinnen und Forscher die Bewegung von Sternen des zentralen Sternhaufens mit hoher räumlicher Auflösung. Sie beobachteten zudem Helligkeitsausbrüche von Gas aus der unmittelbaren Umgebung des schwarzen Lochs und eine von diesem Massemonster verursachte Gravitationsrotverschiebung im Licht eines vorbeiziehenden Sterns. „Der Nobelpreis ist eine gebührende Ehre für das Team, das 30 Jahre lang geschuftet hat, um uns immer besser zu machen“, sagt Reinhard Genzel. Der Lohn dieser Anstrengungen waren bahnbrechende Erkenntnisse in der Astrophysik, die nun gewürdigt wurden.
Erst zum zweiten Mal erhalten Max-Planck-Forschende in einem Jahr verschiedene Nobelpreise
Für eine Revolution in der Medizin, Biotechnologie und Landwirtschaft werden Emmanuelle Charpentier und Jennifer Doudna ausgezeichnet. Mit der CRISPR-Cas9-Technik haben sie ein leistungsfähiges und vielseitiges Werkzeug gefunden, um jede beliebige Gensequenz in den Zellen lebender Organismen effizient zu verändern. Im Jahr 2012 zeigten die Forscherinnen, dass CRISPR-Cas9 DNA sequenzspezifisch schneiden kann. Das System wurde dann zu einem präzisen Genwerkzeug entwickelt, das fehlerhafte DNA korrigieren kann. In 2012 veröffentlichten Emmanuelle Charpentier und Jennifer Doudna ebenfalls einen Leitfaden, wie sich das CRISPR-Cas9-System als vielseitiges genetisches Werkzeug zur präzisen Veränderung des Erbguts verwenden lässt. Nicht zuletzt wegen der Präzision und der vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten der Technik erhalten die Forscherinnen nun die höchste Ehrung in der Wissenschaft. „CRISPR-Cas9 ist ein Beispiel für eine Technik, die aus reiner Grundlagenforschung heraus entwickelt wurde“, sagt Emmanuelle Charpentier.
Dass Forschende der Max-Planck-Gesellschaft zwei verschiedene Nobelpreise bekommen, ist in der Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft erst einmal vorgekommen: 1995 erhielt Christiane Nüsslein-Volhard, emeritierte Direktorin am Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie, zusammen mit den US-Amerikanern Edward B. Lewis und Eric F. Wieschaus den Medizin-Nobelpreis für ihre Forschung zur genetischen Kontrolle der frühen Embryonalentwicklung. Im selben Jahr wurde Paul J. Crutzen, emeritierter Direktor des Max-Planck-Instituts für Chemie, gemeinsam mit dem Mexikaner Mario Molina und dem US-Amerikaner Sherwood Rowland für die Aufklärung der chemischen Prozesse geehrt, die zur Bildung und zum Abbau von Ozon beitragen.