Auszeichnung für die Erforschung des bakteriellen Immunsystems

Rotem Sorek erhält den Max-Planck-Humboldt-Forschungspreis 2023, Amy Buck und Kandice Tanner werden mit Max-Planck-Humboldt-Medaillen geehrt

12. September 2023

Der Mikrobiologe Rotem Sorek erhält für die Erforschung bakterieller Verteidigung gegen Viren den mit 1,5 Millionen Euro dotierten Max-Planck-Humboldt-Forschungspreis 2023. Der Wissenschaftler vom Weizmann Institute of Science in Israel hat entdeckt, dass Bakterien ein komplexes Abwehrsystem besitzen, von dem Komponenten des menschlichen Immunsystems abstammen. Er nutzt den Preis für ein gemeinsames Forschungsprojekt mit Forschenden des Helmholtz-Instituts für RNA-basierte Infektionsforschung in Würzburg und der Ludwig-Maximilians-Universität München, in dem Schlüsselmechanismen des bakteriellen und des menschlichen Immunsystems untersucht werden sollen. Ausgezeichnet mit Max-Planck-Humboldt-Medaillen werden Amy Buck für die Erforschung der artenübergreifenden Kommunikation mittels RNA und Kandice Tanner für die Entwicklung von Methoden, um biophysikalische Eigenschaften und Verhalten von Krebszellen zu analysieren. Der Max-Planck-Humboldt-Forschungspreis wird am 29. November 2023 in Berlin verliehen.

Die Verteidigung gegen Krankheitserreger oder gefährliche Fremdstoffe ist für alle Lebewesen sehr wichtig. In ihrer Umwelt sind sie ständig verschiedenen Einflüssen ausgesetzt, die ihr Überleben bedrohen können. Komplexere Lebewesen wie der Mensch haben daher im Laufe der Evolution aus einem Netzwerk von Verteidigungsmechanismen ein umfangreiches Immunsystem entwickelt. Aber auch Bakterien besitzen eine Art Immunsystem, mit dem sie sich gegen Viren verteidigen, sogenannte Phagen.

Wenn diese Phagen Bakterien infizieren, schleusen sie ihr Erbgut in die Mikroben ein. Die massenhafte Vermehrung der Viren führt schließlich zum Tod der Bakterienzellen. Wie Bakterien die Phagen abwehren, ist nicht nur für die Grundlagenforschung interessant. Das Wissen lässt sich vielfältig einsetzen. So wird beispielsweise das CRISPR-Cas System, mit dem sich Bakterien gegen eindringende Viren verteidigen, als „Genschere“ in der Gentechnik eingesetzt und weiterentwickelt.

Wie Bakterien Viren abwehren

Rotem Sorek hat entdeckt, dass die Abwehrmechanismen von Bakterien weit über das CRISPR-Cas-System hinaus gehen. Im Erbgut tausender verschiedener Bakterien hat er systematisch nach Phagen-Abwehrsystemen gesucht und dabei eine Vielzahl an Verteidigungsmechanismen entdeckt, die die Bakterien wie ein Immunsystem schützen. Viele davon bilden den Ursprung für Abwehrfunktionen im menschlichen Immunsystem.

Für diese Forschungsleistungen wird Rotem Sorek nun mit dem Max-Planck-Humboldt-Forschungspreis 2023 ausgezeichnet. Sorek promovierte in Humangenetik an der Universität von Tel Aviv und ging dann für einen Forschungsaufenthalt an die Berkeley Universität in Kalifornien. 2008 kam er an das Weizmann Institute of Science in Rehovot, Israel, an dem er nun Professor für Molekulare Genetik ist.

Der mit 1,5 Millionen Euro dotierte Forschungspreis ermöglicht exzellenten Forschenden aus dem Ausland ein Forschungsprojekt in Deutschland. Sorek wird Schlüsselmechanismen des bakteriellen und des menschlichen Immunsystems erforschen. Dafür wird er mit Jörg Vogel vom Helmholtz-Institut für RNA-basierte Infektionsforschung in Würzburg und Veit Hornung von der Ludwig-Maximilians-Universität in München zusammenarbeiten. Gemeinsam wollen die Wissenschaftler mithilfe der Phagenabwehr von Bakterien bislang unbekannte Verteidigungsstrategien des menschlichen Immunsystems gegen Viren aufspüren, die sich für neue Therapien von Infektionen nutzen lassen könnten.

Artenübergreifende Kommunikation mittels RNA

Amy Buck erhält eine der beiden Max-Planck-Humboldt-Medaillen. Die Professorin am Institut für Immunologie und Infektionsforschung der Universität Edinburgh erforscht die Rolle von RNA bei der Kommunikation im Darm von Säugetieren. Ihre Versuche zeigen, dass parasitäre Fadenwürmer (Nematoden) im Magen-Darm-Trakt von Mäusen Bläschen mit RNA freisetzen, die von den Darmzellen der Wirtstiere aufgenommen werden, um die Immunantwort zu verändern. Auch Pilze und Bakterien übermitteln RNA an ihre Wirtszellen und verändern diese damit.

Diese Entdeckungen von Amy Buck haben das Feld der Kommunikation verschiedener Arten mithilfe von RNA geprägt. Sie könnten die Grundlage für neue Methoden zur Verabreichung von RNA-basierten Wirkstoffen an Zellen sein sowie für Therapien, die in die Kommunikation von Krankheitserregern mit ihren Wirten eingreifen.

Krebszellen in der optischen Pinzette

Die zweite Max-Planck-Humboldt-Medaille geht an die Physikerin Kandice Tanner, Wissenschaftlerin am Center for Cancer Research, National Cancer Institute an den National Institutes of Health in Bethesda, USA.

Anhand von 3D-Organoidmodellen der Krebsprogression hat Kandice Tanner eine neue Art von Zellmigration und zellerzeugenden Kräften entdeckt, die mit der Bildung von Mikrogeweben und Tumoren verbunden sind. Sie hat an Zebrafischen herausgefunden, dass die biophysikalischen Eigenschaften der Blutgefäße, auf die diese Krebszellen während der Ausbreitung treffen, beeinflussen, ob sich die Zellen eher im Gehirn oder im Knochenmark ansiedeln. Diese Erkenntnis zeigt, dass Therapeutika, die die biophysikalischen Eigenschaften von Zellen und Geweben beeinflussen, bei der Behandlung bösartiger Erkrankungen helfen könnten. Darüber hinaus ist sie für die personalisierte Medizin von Bedeutung, da manche Behandlungen in einem Organ wirksam sein können, in einem anderen jedoch weniger.

Über den Preis

Die Max-Planck-Gesellschaft und die Alexander von Humboldt-Stiftung verleihen den mit 1,5 Millionen Euro dotierten Max-Planck-Humboldt-Forschungspreis an eine Forscherin oder einen Forscher aus dem Ausland. Die Auszeichnung wird durch 80.000 Euro als persönliches Preisgeld ergänzt.

Im Fokus stehen Persönlichkeiten, deren Arbeiten sich durch herausragendes Zukunftspotenzial auszeichnen. So werden mit dem Preis besonders innovative im Ausland tätige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für zeitlich begrenzte Aufenthalte an einer deutschen Hochschule oder Forschungseinrichtung gewonnen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert den Preis.

Der Preis wird jährlich abwechselnd auf den Gebieten der Natur- und Ingenieurwissenschaften, der Lebenswissenschaften und der Geistes-, Sozial- und Humanwissenschaften vergeben. Zudem können bis zu zwei weitere Personen nominiert und jeweils mit einer Max-Planck-Humboldt-Medaille ausgezeichnet werden. Diese ist mit einem Preisgeld in Höhe von 60.000 Euro dotiert.

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