Klimawandel und Transformation
Der menschengemachte Klimawandel ist keine Prognose mehr, er ist da: Die globalen Durchschnittstemperaturen eilen von Rekord zu Rekord. Extreme Hitzewellen, Dürren, Stürme und Starkregenereignisse häufen sich, und sie werden heftiger. Die Klimaforschung hat für viele solcher Extremereignisse nachgewiesen, dass sie durch die Erderwärmung wahrscheinlicher werden. Ob diese Entwicklung ungebremst voranschreitet, hängt vor allem davon ab, ob sich die Menschheit künftig konsequent dem Klimaschutz verschreiben wird. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedener Max-Planck-Institute forschen nicht nur daran, die Klimaprognosen noch genauer zu machen. Sie untersuchen auch, wie die Menschheit mit den Folgen des Klimawandels umgehen und wie ihr die Transformation gelingen kann, um ihn auf ein verträgliches Maß zu begrenzen.
Ist der Klimawandel menschengemacht?
Dass es die menschengemachte Erderwärmung gibt und wir ihre Folgen bereits deutlich spüren, darüber sind sich Klimaforscherinnen und -forscher völlig einig. Damit bestätigen sich die Vorhersagen und Warnungen von Klaus Hasselmann, der den menschengemachten Klimawandel bereits 1995 nachwies und dafür 2021 den Physik-Nobelpreis erhielt.
Bei den detaillierten Vorhersagen, wie stark sich das Klima in den kommenden Jahrzehnten ändern und wie sich das auswirken wird, gibt es jedoch noch manche offene Frage. So ist zum Beispiel unklar, ob es für Teile des Erdsystems wie etwa den Amazonas-Regenwald oder die arktischen und antarktischen Eisschilde Kipppunkte gibt, jenseits derer sie unwiederbringlich verschwinden.
Wie weit ist die Erderwärmung fortgeschritten und welche Folgen hat sie?
2023 lag die globale Durchschnittstemperatur erstmals um 1,5 Grad Celsius über dem Mittelwert des vorindustriellen Zeitalters. Das hört sich wenig an. Doch zum einen erwärmen sich manche Regionen wie etwa die Arktis oder die Kontinente stärker als andere. Zum anderen kommt es alleine durch diese Erwärmung bereitzs zu immer mehr und heftigeren Extremereignissen, wie das europäische Xaida Konsortium mithilfe der Attributionsforschung belegt hat. Dabei berechnen Forscherinnen und Forscher, wie wahrscheinlich ein bestimmtes Extremereignis wie etwa eine Dürre oder eine Hitzewelle mit und ohne den menschengemachten Klimawandel ist.
Wie sich Dürren oder Starkregenereignissen auswirken, hängt von vielen Faktoren ab. So trocknen Südhänge naturgemäß viel schneller aus als Nordhänge. Und im Ahrtal führte ein mehrtägiger Starkregen im Sommer 2021 zu einer Katastrophe, während ähnlich starker Regen im selben Jahr in Nordostdeutschland mehr oder weniger glimpflich ablief. Forschende des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie nutzen künstliche Intelligenz, um die Folgen von Klimaextremen und Extremwetterereignissen für einzelne Orte präzise vorherzusagen.
Extremwetter
Den aktuellen Stand des Wissens und auch die Unsicherheiten bei den Klimaprognosen ermittelt der zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen (IPCC), auch Weltklimarat genannt. In ihm sind neben zahlreichen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus aller Welt auch einige Forschende der Max-Planck-Gesellschaft vertreten. Sie sichten die Studienlage zu den verschiedenen Aspekten des Klimawandels und veröffentlichen ihre Ergebnisse in Sachstandsberichten.
Welche Länder sind durch den Klimawandel am stärksten betroffen?
Da durch die Erderwärmung die Eisschilde in der Arktis und Antarktis abtauen, steigt der Meeresspiegel. Einige Inselstaaten und Küstenstädte könnten daher untergehen, wenn der Klimawandel ungebremst fortschreitet. Was das für die betroffenen Nationen völkerrechtlich bedeutet, untersuchen Forschende des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches recht und Völkerrecht.
Nicht nur der steigende Meeresspiegel, sondern auch Hitze und Dürre können Menschen aus ihrer Heimat vertreiben, und mit fortschreitendem Klimawandel dürfte er auch zu einem immer wichtigeren Grund für Migration werden. Dafür muss die Weltgemeinschaft auch völkerrechtliche Regelungen treffen.
Auch in Deutschland und Europa ist der Klimawandel bereits durch Hitzewellen und Dürren auf der einen Seite und außergewöhnliche Starkregenereignisse und heftige Stürme auf der anderen Seite deutlich zu spüren. Vor allem der Wald leidet darunter bereits sehr. Er wird sich vermutlich in einigen Teilen Deutschlands und Europas veränderen, und in manchen Regionen möglicherweise auch ganz verschwinden.
Wie schlimm wird der Klimawandel?
Wie extrem das Klima in den kommenden Jahrzehnten wird, hängt vor allem davon ab, ob die Menschheit von fossilen Brennstoffen loskommt. Aber auch Rückkkopplungen und mögliche Kipppunkte im Erdsystem bestimmen unser künftiges Klima. So beeinflussen Veränderungen der arktischen und antarktischen Eisschilde, die durch die Erderwärmung schmelzen, wiederum das Klima. Denn dann steigt nicht nur der Meeresspiegel, sodass Inselstaaten und Küstenstädte im Meer versinken. Dann gelangt aber auch viel Süßwasser in die Ozeane, wodurch sich globale Meeresströmungen verändern könnten. So gibt es immer wieder Berichte, die Nordatlantikzirkulation, zu der der Golfstrom gehört und die für milde Temperaturen in Europa sorgt, könnte zusammenbrechen. Das würde das Klima in Europa völlig verändern. Sowohl für die Eisschilde als auch für die Nordatlantikzirkulation diskutiert die Klimaforschung Kipppunkte, jenseits derer Veränderungen unumkehrbar würden. Für den westantarktischen Eisschild könnte diese Schwelle bereits überschritten sein, er wird in den kommenden Jahrhunderten vermutlich verschwinden.
Für die Nordatlantikzirkulation sehen Forschende des Max-Planck-Instituts für Meteorologie jedoch weder in Messungen noch Simulationen Anzeichen, dass irreversibel kippen könnte, schon gar nicht in näherer Zukunft.
Auch der Amazonas-Regenwald ist ein maßgeblicher Faktor im Erdsystem, das möglicherweise auf einen Kipppunkt zusteuert. Der riesige Regenwald schafft sein eigenes Klima, aber nur solange ihn Rodungen und Trockenheit aufgrund des Klimawandel nicht zu weit zurückdrängen. Schrumpft er unter eine bestimmte Fläche, könnte auch er einen Kipppunkt überschreiten. Und verschwände er, gäbe es in ganz Südamerika weniger Regen. Zudem würden dabei rund 550 Gigatonnen CO2 frei. Das ist etwa 15 mal mehr, als die Menschheit derzeit in einem Jahr in die Atmosphäre bläst.
Schwerste Waldbrände im Amazonas-Regenwald
Rückkopplungen, deren Effekte bislang nicht völlig verstanden sind, betreffen unter anderem den sibirischen Permafrostboden und die Wolkenbildung vor allem in den Tropen. Aus dem Permafrostboden können immense Mengen Methan, das ein 25 mal stärkeres Treibhausgas ist als CO2, entweichen, wenn der Boden auftaut. Wie der auf den Klimawandel reagiert untersuchen Forschende des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie.
Ob sich durch den Klimawandel mehr oder weniger Wolken bilden, weil eine wärmere Atmosphäre mehr Wasser aufnehmen kann, und ob die Wolken dann kühlend oder wärmend wirken, ist eine weitere Unsicherheit in heutigen Klimamodellen. Klar ist, es kommt dabei auf die Art der Wolken an und wo sie sich bilden. Wichtig für das globale Klima sind unter anderem die Wolken in den Tropen, die Forschende des Max-Planck-Instituts für Meteorologie untersuchen.
Natürliche Klimaschwankungen wie das El-Niño-Phänomen oder Schwankungen in Meeresströmungen können die Folgen der Erderwärmung verstärken oder abschwächen.
Was geschieht auf den Weltklimakonferenzen?
Auf dem Umweltgipfel 1992 in Rio de Janeiro beschlossen die Vertragsstaaten die Klimarahmenkovention. Seit 1995 treffen sich die Staaten jährlich auf einer Weltklimakonferenz. Auf der Klimakanferenz 2015 in Paris verabschiedeten sie das Pariser Klimaabkommen, in dem sie beschlossen, die Erderwärmung auf deutlich unter 2° Celsius und möglichst auf 1,5° Celsius zu begrenzen.
Auf den Klimakonferenzen geht es heute auch darum, wer die Kosten für die Anpassung an den Klimawandel und den Klimaschutz übernimmt. Verursacht haben zum größten Teil die Industrieländer den Klimawandel, viele Länder des globalen Südens sind davon aber am stärksten betroffen. Das führt zunehmend zu Konflikten, zu deren Lösung das Völkerrecht beitragen muss.
Ökozid – ein fiktives Zukunftsszenario
Klimaschutz: Wie kann die Transformation zur Klimaneutralität gelingen?
Den Klimawandel zu bremsen, bringt enorme technische Herausforderungen mit sich. In erster Linie muss die Menschheit künftig regenerative statt fossiler Energieträger und Rohstoffe nutzen, um ihren Wohlstand zu erhalten und zu mehren. In der Max-Planck-Gesellschaft arbeiten viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler daran, die Transformation in eine klimaneutrale Gesellschaft zu ermöglichen. Sie erforschen etwa, wie sich erneuerbare Energien effektiv und effizient nutzen lassen, wie sie gespeichert werden können und wie wir mit der Kernfusion eine auf der Erde völlig neue Energieform nutzen können.
Wirtschaft auf dem grünen Zweig
Für einige Teile der Wirtschaft ist die Transformation hin zur Klimaneutralität besonders schwierig. Das gilt etwa für die Stahl- und Aluminiumindustrie. Forschende des Max-Planck-Instituts für Eisenforschung suchen hier nach Lösungen.
Auf dem Weg zu grünem Stahl
In Branchen, in denen es nicht oder noch nicht möglich ist, den CO2-Ausstoß zu vermeiden, könnte es helfen, das Treibhausgas aufzufangen und entweder unterirdisch zu speichern oder als Rohstoff für Grundstoffe der chemischen Industrie oder Treibstoffe zu nutzen.
Kann Geoengineering den Klimawandel aufhalten oder umkehren?
Als ein Mittel, die Erderwärmung zu mildern, wird auch Geoengineering diskutiert. Damit sind Maßnahmen gemeint, die direkt in das Klima eingreifen. So wie es die Menschheit seit der Industrialisierung mit dem Treibhausgasausstoß tut, nur mit umgekehrter Wirkung. Solche Eingriffe sind jedoch sehr umstritten. Nicht nur weil sie sehr aufwendig und teuer wären, sondern auch, weil sich dadurch die Erderwärmung nicht einfach rückgängig machen ließe. Es entstünde vielmehr ein neues Klima, und Geoengineering könnte Auswirkungen haben, die sich heute nicht absehen lassen. Mögliche Folgen des Geoengineerings untersuchen Forschende des Max-Planck-Instituts für Meteorologie. Geoengineering wirft dabei nicht nur klimawissenschaftliche, sondern auch völkerrechtliche Fragen auf. Sollte ein Staat etwa im Alleingang Sulfat-Partikel in der Atmosphäre ausbringen, um das Sonnenlicht abzuschirmen, hätte das globale Auswirkungen und könnte zu Konflikten mit anderen Staaten führen, in denen die Maßnahme schädliche Folgen nach sich zieht.
Plan B zur Kühlung des Klimas
Auch Aufforstung könnte der Erderwärmzung entgegenwirken, weil Bäume viel CO2 aufnehmen. Teilweise wird die auch schon praktiziert. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Meteorologie haben untersucht, wie stark sich dadurch die Erderwärmung begrenzen ließe und ob andere Vorschläge zum Geoengineering möglicherweise effektiver wären. Bei der Aufforstung handelt es sich um eine Änderung der Landnutzung, die den Klimawandel möglicherweise bremsen könnte. Oft beschleunigen solche Veränderungen die Erderwärmung jedoch, etwa wenn tropische Regenwälder Weiden weichen müssen. Allerdings sind die Zusammenhänge nicht überall auf der Erde so klar, weil Wald zwar mehr CO2 bindet als etwa eine Graslandschaft, aber eine geringere Albedo besitzt, Sonnenlicht also weniger gut von der Erdoberfläche reflektiert. Außerdem diskutiert die Forschung, ob naturbelassener oder forstwirtschaftlich genutzter Wald dem Klimaschutz mehr dient.